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Kazuaki Takano – 13 Stufen

Kazuaki Takano – 13 Stufen

Ryo Kihara sitzt in der Todeszelle. Ihm zur Last gelegt wird der Doppelmord an einem Ehepaar vor zehn Jahren. Alle Indizien sprachen seinerzeit gegen Kihara. Allerdings konnte er sich wegen einer Amnesie an nichts erinnern und sich daher auch nicht aktiv an seiner Verteidigung beteiligen. Inzwischen läuft das endgültige Bewilligungsverfahren für seine Hinrichtung an: Dreizehn Beamte aus fünf Instanzen prüfen nochmals ausführlich die Akten. Jede Unterschrift sorgt für einen Stufe mehr bis hin zum endgültigen Bescheid — 13 Stufen bis zum Vollzug.

In dieser Situation erinnert sich Kihara in einem Flashback an eine Szene von damals. Ist sie Realität? Oder ist es ein psychischer Effekt, den die Ängste vor dem Sterben auslösen? Jedenfalls kümmert sich ein Anwalt darum, der Spur nachzugehen und einen Justizirrtum auszuschließen. Er heuert Shoji Nangō an, einen Vollzugsmitarbeiter, sowie den gerade auf Bewährung entlassenen Jun’ichi Mikami. Die beiden reisen an den Ort des Verbrechens und versuchen, mit den Beteiligten von damals ins Gespräch zu kommen.

Takanos Roman kommt vordergründig natürlich daher wie ein Krimi. Geführt werden Nango und Mikami von der Frage, was damals wirklich abgelaufen ist. Dazu stellt sich die Frage, ob sie es erstens überhaupt beweisen können, und zweitens auch rechtzeitig.

Vielschichtiger Kriminalroman

Parallel befasst sich „13 Stufen“ umfassend mit dem Themen Rache und Vergeltung, Schuld und Reue. Und natürlich der Todesstrafe, die in Japan als einem von zwei großen Indurstrieländern noch durchgeführt wird. Takano wählt seine Protagonisten klug, um facettenreich zu zeigen, wie Menschen im Umfeld von Gewaltverbrechen ihren Alltag erfahren. Nango, der Gefängnisaufseher, kletterte auf der Karriereleiter zielstrebig nach oben, bis er zum ersten Mal in das Team berufen wurde, das die Todesurteile vollstreckt. Nango erinnert sich detailliert an die Szenen und Gefühle, die er als Teammitglied erlebt hat. Mikami wiederum wurde für Totschlag bei einer Kneipenschlägerei zu zwei Jahren Haft verurteilt und wägt für sich selbst immer wieder Schuldfragen und Reue ab.

Während die Justizangestellten den Kihara-Ordner von Instanz zu Instanz reichen, erinnern sie sich an Einzelfälle, die sie geprägt haben. Da sind zum Beispiel die Angehörigen von Mordopfern, die für den Täter schriftlich um eine Begnadigung bitten.

War das Schreiben der Angehörigen kein Beleg dafür, dass die Wertvorstellungen der Menschen zu unterschiedlich sind, um Urteile mittels einer starren Rechtsordnung zu fällen?

Nango und Mikami begegnen aber auch Menschen, die sowohl vom Mord als auch den nachfolgenden Drangsalierungen der Presse und den belastenden Begegnungen mit der Polizei selbst nach Jahren noch so aufgebracht sind, dass sie dem Täter die schlimmstmögliche Strafe wünschen.

Takano unterlässt es mit der gewählten Vielschichtigkeit bewusst, eine Wertung abzugeben und überlässt den Leser einem Wechselbad der Eindrücke. Solange jedenfalls, bis sich die Unschuld von Ryo Kihara erweist und sich automatisch die Frage stellt, ob Todesstrafe und Justizirrtum zwei verträgliche Parameter in einem Rechtssystem sind.

Als Hörbuch gibt es diesen Krimi natürlich ebenfalls; es wurde von Sascha Rotermund eingelesen; erschienen bei Der Hörverlag.

Bibliografische Angaben

Verlag: Penguin
ISBN: 978-3-328-10153-6
Originaltitel: Jusan Kaidan, 13階段
Erstveröffentlichung: 2001
Deutsche Erstveröffentlichung: 2017
Übersetzung: Sabine Mangold

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