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Michael Connelly – Night Team

Michael Connelly – Night Team

Renée Ballard ermittelt in Los Angeles in einer besonderen Schicht, der „Late Show“. Wer in dieser Nachtschicht landet, hat fortan wirklich nur noch nachts Dienst und was an Fällen auftaucht, wird morgens an die regulären Teams abgegeben. Egal ob Einbruch, Mord oder Familienstreitigkeiten. Ballard landete hier, nachdem sie einen Vorgesetzten wegen sexueller Belästigung angezeigt hatte und der Fall dringend unter den Teppich gekehrt werden sollte. Da stahl sich im ersten Band der Serie, Late Show, ein Thema durch, das Michael Connelly im zweiten Band fortsetzt.

Renée Ballard hat sich mit ihrer Nachtschicht durchaus angefreundet. Die Individualität, die ihr diese Schicht erlaubt, hat was. Auch, wenn die Unfairness des Systems gelegentlich anklopft. Zum Beispiel dann, wenn sie mit Leuten aus dem Team eben jenes Vorgesetzten telefonieren muss und erst einmal nicht weiß, wo der oder die Betreffende die Sympathien hat.

Ein Ex schleicht sich in’s Büro

Eines Nachts trifft Ballard auf Harry Bosch, der sich im Büro an den Schränken zu schaffen macht. Bosch war zwar früher beim LAPD, arbeitet nun aber als Reservist beim San Fernando Police Department. Er düfte eigentlich nicht einmal ohne Weiteres nachts ins Haus kommen. Die Ermittlerin wird neugierig und stellt bei ihren Fragen fest, dass sich Bosch um einen Cold Case kümmert. Ausgangspunkt der neun Jahre zurückliegenden Ermittlungen war eben ihre Station. Es kommt, wie es kommen muss: Ballard und Bosch spannen zusammen, um den Mord an einer jungen Herumtreiberin zu klären. Sie werden zum „Night Team“.

Wie schon im ersten Band mischt Connelly mehrere Erzählstränge und Fälle miteinander. Für Ballard geht der übliche Nachtdienst weiter. Sie befasst sich unter anderem mit einem Einbruchsversuch, einem Notruf wegen Vergewaltigung und einer seit mehreren Tagen schon toten Frau in ihrer Wohnung. Harry Bosch bekommt als zweiter Teil des Night Team freilich ebenfalls recht viel Platz im Buch. Er legt sich bei seinen Cold Cases mit einer Gang aus San Fernando an, die ziemlich quertreiben wird.

Interessanter als erwartet

Nach dem ersten Band war ich wirklich neugierig, wie es weitergeht. Das ist nicht immer mit jeder neuen Krimiserie so. Connelly paart Spannung und flüssige Schreibe für mich mit noch etwas anderem: Nämlich einem Schwerpunkt, den ich im ersten Band entweder nicht habe kommen sehen oder übersehen habe. Mit Ballards #MeToo-Problem ist die Krimireihe tagesaktuell unterwegs und bohrt in den verklebten Mechanismen des Polizeisystems. Ich schreibe extra nicht „des US-Systems“, denn ich wette jeden goldenen Bibliotheksausweis, dass lauter Ballards in Europas Polizeikrimis platziert werden könnten. Obendrein lenkt Connelly mit fast jedem Fall den Blick auf’s große Ganze und macht Misogynie generell zum Thema. Und ich halte das in diesem Fall nicht für einen „Plot-Zufall“.

Es ist nicht wahnsinnig offensichtlich, aber auffällig genug, wie viele Fälle aus jener Sparte Ballard auf den Tisch bekommt. Da ist ihre eigene Anzeige gegen den Vorgesetzten, der von den Behörden nicht ernst genommen wurde. Da war im letzten Band eine misshandelte Transperson und Ballards Verdacht, dass der Täter nicht zum ersten Mal zugeschlagen hatte. Dieser Band setzt fort mit dem Cold Case eines missbrauchten und wie Müll abgeladenen jungen Mädchens. Nix mit „ist doch bloß ein Krimi“. Connelly weiß, wovon er schreibt: Er arbeitete lange als Spezialist für Kriminalreportagen und war Polizeireporter. Er weiß, wo Misogynie endet und schreibt in den Ballard-Krimi darüber.

Bibliografische Angaben

Verlag: Kampa
ISBN: 978-3-311-12536-5
Originaltitel: Dark Sacred Night
Erstveröffentlichung: 2018
Deutsche Erstveröffentlichung: 2019
Übersetzung: Sepp Leeb

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