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Tage im Mumintal: Auf Tove Janssons Spuren

Tage im Mumintal: Auf Tove Janssons Spuren

In diese Jahr wäre Tove Jansson am 9. September 100 Jahre alt geworden. Wer nicht gerade in Finnland lebt, für den war dieses Jubiläum möglicherweise nur eine kleine Randnotiz oder ein kurzer Ausflug in die Kindheit. Als man noch klein war, da lagen die Mumin-Bücher tatsächlich beim Kinderarzt aus. Ansonsten trage ich selber zum Beispiel nicht viele Erinnerungen an Mumins mit mir herum.

In Helsinki freilich, da gibt es eine Sonderausstellung, auf einer kleinen Insel einen ganzen Mumin-Freizeitpark und die Stadt steht voller Tassen, Taschen, Keksen und allem, was man sonst mit der Gestalt dieser niedlichen Figuren dekorieren kann. Finnland und seine Mumins sind mächtig stolz auf die Schöpferin Tove Jansson, die vom Stern als „eine der bekanntesten skandinavischen Künstlerinnen der Welt“ eingeordnet wird (und da hat der Stern auch sicher Recht). Kein Wunder also, dass Finnland dauerhaft ein Mumin-Land ist.

Das hat allerdings auch Nachteile, wie das Deutschlandaradio feststellt: „Darüber gerieten die anderen Karrieren der 1914 in Helsinki geborenen Künstlerin in den Schatten. Tatsächlich war sie nicht nur als Kinderbuchautorin erfolgreich, sondern auch als Illustratorin und Comiczeichnerin. Zudem schuf Jansson ein reiches malerisches Œuvre, und ihre Romane und Novellen haben in Finnland und Schweden Klassikerstatus.“ In den Kriegsjahren schuf Jansson mit den Mumins nicht nur eine Gegenwelt, sondern zeichnete trotz der Gefahr auch antinazistische Karikaturen, bestätigte Emma.

Jansson war so genervt, als Künstlerin auf die Trolle reduziert zu werden, sodass ihr Bruder die Geschichten weiter führte. Aber just die Mumins sind zu den Figuren geworden, die nicht lange in Erinnerung bleiben, sondern die auch die Künstlerin nicht in Vergessenheit geraten lassen. In der 3sat Mediathek klingt das sogar so: „Ich wollte immer schöne Bilder malen. Aber bis ich nicht die hässlichste Kreatur erschuf, die ich mir denken konnte, beachtete mich niemand.“

Noch mehr Mumintäler

Es gibt -abgesehen von Finnland- noch einen weiteren Ort, an dem man an Tove Jansson ganzjährig nicht vorbei kommt: Tokyo. Die Stadt ist übersät mit Mumin-Figuren. Speziell in Tokyo spielt es sicher eine ganz große Rolle, dass die Japaner auf alles stehen, was „kawaii“ ist, also süß, schnuckelig oder putzig. Vielleicht spielt auch der freundliche Charakter der Mumins eine Rolle, der dem harmonisch orientierten Japan entgegen kommt: „Die Mumins… gewähren sich gegenseitig volle Freiheit: Freiheit allein zu sein, auf eigene Art zu denken und zu fühlen und eigene Geheimnisse zu haben… . Keiner verursacht je einem anderen ein schlechtes Gewissen.“ So habe Jansson selbst ihre Figuren beschrieben, sagt die Kinderseite Urdanis.

Infolgedessen war der Effekt ein ganz anderer auf mich, als die Meldung von Janssons Geburtstag die Runde machte. Denn in den letzten fünf Monaten verging kaum ein Tag ohne Muminvater, der kleinen My, dem Schnupferich oder dem Snorkfräulein. Das erste große Aha-Erlebnis hatte ich in einer Mall, wo gleich mehrere Läden Mumin-Artikel im Angebot haben. Die meisten davon bieten insgesamt eine ganze Menge Dekorationsartikel an. Der eine aber ist ein reiner Mumin-Laden voller Körbe, Bücher, Kekse und Keksdosen, Puppen, Tassen oder Post-it-Aufkleber.

Café mit Papamumin

Das zweite Aha-Erlebnis bietet sich in einem kleinen Café am Tokyo Dome (Moomin Bakery & Cafe Tokyo Dome City LaQua), in dem man mit den Mumins gemeinsam am Tisch sitzt. Momondo zählt dieses Café zu den 14 verrücktesten Cafés der Welt und Japanmarkt meint, die Gesellschaft der Stofftiere helfe, wenn man alleine unterwegs sei und einen Gesellschafter am Tisch brauche. Das mag bei der Grüdung vor zehn Jahren so gewesen sein. Inzwischen aber geht wahrscheinlich keiner mehr dorthin, um nicht einsam zu sein. Die Figuren kommen an jeden Tisch, egal, wie viele Menschen dort sitzen, Mütter mit Kindern bekommen noch ein oder zwei kleinere Plüschfiguren extra an den Tisch, die Bedienung macht Fotos und es geht einfach nur noch um den grandiosen Spaß, die teils riesigen Figuren an den Tisch zu bekommen.

Wird es voll, haben die Mumins alle Hände voll zu tun. Ich hatte zunächst den Schnupferich und die kleine My am Tisch; wie man am Gesichtsausdruck vom My sieht und am festen Griff des großen Trolls, wollte My wohl eher Pause machen, als mit mir einen Eiskaffee trinken. Später kam Papamumin dazu und der war deutlich weniger kontaktscheu.

In Tokyo gibt es inzwischen bereits drei solcher Cafés, in Saitama gibt es einen kostenfreien Mumin-Park und 2015 soll ein weiterer Themenfreizeitpark (kostenpflichtig) folgen. Dann hat Tokyo vermutlich mehr Mumin-Angebote als Helsinki.

Unterwegs zu den Mumins

Wer einen Aufenthalt in Tokyo für eine Begegnung mit den Mumins nutzen möchte, findet die beiden beschriebenen Anlaufstellen hier:

Moomin Bakery & Cafe
im Tokyo Dome City LaQua, erreichbar mit der Mita Line, Station Suidobashi

Moomin Shop Futakotamagawa
in der Mall Dogwood Plaza, erreichbar mit der Tokyu Oimachi Line oder der Tokyu Den-en-toshi Line, Station Futakotamagawa

Weitere Adressen findet man bei All things moomin, darunter einen Mumin-Shop in Tachikawa und das Café in Tokyo Skytree Town Solamachi. Außerdem gibt es einen Mini-Store in der Tokyo Station, wo eine ganze Reihe von Character Shops ihren Platz hat, sowie einen Moomin Stand im Landmark Tower Yokohama.

Ein Linktipp ist die Jubiläumswebsite Tove100.


Fotos: Bettina Schnerr
v.o.n.u.: 3x Moomin-Shop Futakotamagawa (Wandbemalung, Frontansicht, Shopdetail), 4x Moomin Bakery & Cafe

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