Header: Bettina gibt klein bei. 3 abgebrochene Bücher.

Bettina gibt klein bei

von Bettina Schnerr
3 Minuten Lesezeit

Yukiko Tominaga – Vermissen auf Japanisch

Die Japanerin Kyoko lebt mit ihrem Ehemann Levi und dem kleinen Sohn Alex in San Francisco. Überraschend stirbt Levi bei einem Unfall und lässt Kyoko mit einem Berg Schulden zurück. In der Trauer ist die eigene Familie fern in Japan und was ihr am ehesten bleibt, sind Schwiegermutter Bubbe und die koreanische Freundin Mi Cha.

Ich habe meinen Sohn verloren, aber eine Tochter gewonnen.

„Vermissen auf Japanisch“ gehört zu jenen Büchern, zu denen ich keinen Zugang finden konnte. Bei Bubbe war ich mir nie sicher, ob sie Kyoko nicht einfach unverschämt nah auf die Pelle rückte oder ob sie tatsächlich ein liebevolles Verhältnis mit ihr pflegte. Auf mich wirkte Bubbe eigentlich jedes Mal aufdringlich, wenn sie irgendwo im Buch aufkreuzte. Obendrein habe ich in diesem Roman sämtliches Zeitgefühl verloren. So erratisch sich Trauer und Wut in einem Todesfall auch abwechseln können, so möchte ich selbst mich nicht orientierungslos in einem Roman fühlen.

So ist mir nur eine von Kyokos Erinnerungen an Levi tatsächlich im Kopf geblieben, und zwar eine wütende. Als ihr nämlich bewusst wurde, wie Levi mit Geld in persönlichen Belangen umging: „Ein Therapeut kostete 80 Dollar pro Sitzung. Er würde 320 Dollar im Monat zahlen, um meine Libido zu steigern, aber keine 100 Dollar im Monat für die Lebensversicherung.“ In diesem Moment war Kyoko klar, wie ein Leben nach dem Tod des Ehemanns aussehen würde. Sie sollte Recht behalten — während Levi dem Irrglauben aufsaß, dass Versicherungen teuer seien und ihm selbst nie etwas zustoßen würde. Eine Erinnerung, die das Trauern erleichtern und beschleunigen kann, sobald man die Verantwortungslosigkeit begreift, die ausgerechnet jener Mensch für einen übrig hatte, der eigentlich hätte sorgen sollen.

Gekommen bin ich bis 59% (Ebook; Seiten Buch: 256).

Verlag: mare
ISBN: 978-3-86648-716-1
Originaltitel: See: Loss. See also: Love.
Erstveröffentlichung: 2017
Deutsche Erstveröffentlichung: 2025
Übersetzung: Juliane Zaubitzer

Alena Schröder – Alles muss man selber falsch machen

Ist man erwachsen, gibt es niemanden mehr, den man ständig um Rat fragen könnte. Man muss also nicht nur alles selber machen. Man muss auch noch alles selber falsch machen. Jedenfalls sieht das Alena Schröder so. In kurzen Kolumnen kümmert sie sich um diverse Alltagsmomente und erinnert sich an ihre frühere Angst vor der Brotschneidemaschine oder den Sinn von Schmortöpfen. So, wie sie es schreibt, verstehe ich den eher als Unsinn, was sie nicht daran hindert, sämtlichen Kindern einen Schmortopf in die Aussteuer geben zu wollen. Wespen sind Nützlinge und verdienen zwei, drei Seiten und auch die Zucchinischwemme im Herbst wird kurz angerissen.

An sich mag ich Kolumnen. Gute Exemplare zu schreiben ist eine Kunst und in der jeweils gebotenen Kürze eine Pointe oder eine schlaue Schlussbemerkung aufzubauen, ist selten so leicht, wie es aussieht. Bei diesem Buch sprang der Funke bei mir nur nicht über (währenddessen ansonsten das Internet voll mit Begeisterung zu sein scheint). Nichts gegen Themen wie Wespen oder Musik, die sich zum Ohrwurm entwickelt. Die kleinen profanen Alltagsmomente, aus denen Schröder ihre Beobachtungen spinnt, waren mir – mit Ausnahme der Wespe — in den ersten Kolumnen wohl einfach zu profan. Und die Klammerbemerkung weiter oben nicht vergessen: Über den Titel hatte ich so viele Lobeshymnen gelesen, dass die Messlatte wahrscheinlich recht hoch lag. Liegt die Messlatte hoch genug, kommt man prima drunter durch. Und dann plumpst einem die Latte gelegentlich halt auf den Kopf.

Gekommen bin ich bis 16% (Ebook; Seite Buch: 224).

Verlag: dtv
ISBN: 978-3-423-40102-9
Deutsche Erstveröffentlichung: 2025

Yuko Kuhn - Onigiri

Yuko Kuhn – Onigiri

Dass ich mich bei „Onigiri“ recht zügig zum Abbruch entscheiden würde, hatte ich so nicht erwartet. Denn die Kurzbeschreibung war ansprechend: Aki erfährt, dass ihre Großmutter in Japan gestorben ist. Gemeinsam mit ihrer Mutter Keiko will sie sich in Japan verabschieden. Keiko allerdings ist dement — was vor Ort dann dazu führt, dass die Mutter sich, umgeben von ihrer Vergangenheit, plötzlich sehr lebhaft erinnert und Dinge erzählt, die bislang nie erzählt wurden.

Zu Beginn aber erinnert sich Tochter Aki. Sehr viel, sehr lange. An deutsche Großeltern, an Aufführungen, an Essen, an japanische Großeltern, an Szenen aus ihrer Kindheit und ihrem Leben. Vielleicht tut sie das an dieser Stelle stellvertretend für die Mutter, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr viel zur Familiengeschichte beitragen kann. Für mich änderte sich viel zu lange nichts erkennbar an der Struktur. Der beschriebene Flug weit weg, nicht einmal in Andeutungen vorgekommen. Und so hatte ich nicht ansatzweise ein Fädchen in der Hand, das für mich zur Geschichte gehörte, das mich weiter durch die Seiten führen würde.

Ob ich ungeduldiger geworden bin? Ich weiß es nicht. Vielleicht kann ich mittlerweile nur viel leichter Bücher ziehen lassen, die keine Resonanz erzeugen.

Gekommen bin ich bis 21% (Ebook; Seiten Buch: 208)

Verlag: Hanser Berlin
ISBN: 978-3-446-28507-1
Erstveröffentlichung: 2025

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