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Literatur, Rezensionen & mehr

Jonathan Gash – The Grail Tree

Jonathan Gash – The Grail Tree

Jonathan Gash - The Grail Tree

Lovejoy has heard of more nutters who have claimed to be in possession of the one, true Holy Grail than he has had hot dinners. He’s not too impressed with the eccentric clergyman making the latest claim – especially when the good vicar turns out to be one of the finest forgers Lovejoy has ever met. But when the vicar and his lady companion end up dead it becomes clear that someone else is after the old man’s artefact. To solve the mystery and protect a precious piece of history, Lovejoy puts his life on the line and acquires a surprising new partner.

Rezension

„Antiques and women are my only interests. It sounds simple, but just try putting them in the right order.“

Tinker Dill ist ein fantastischer Mitarbeiter des Antiquitätenhändlers Lovejoy: Er spürt für seinen Auftraggeber sehr gute Stücke und verkaufswillige Eigentümer auf. Dummerweise platzt er in den dümmsten Momenten herein. Lovejoy möchte sich gerade mit der verheirateten Betty amüsieren, als Tinker die neuesten Funde und Kontakte abliefert. Dieses Mal stellt Dill einen Vikar vor, der eine scheinbar harmlose Schätzung erbittet. Doch das ist nur ein Vorwand für ein weitaus delikateres Problem: Er glaubt, im Besitz des Heiligen Grals zu sein.

Lovejoy nimmt den Vikar nicht ernst — zu viele Leute glauben regelmäßig, sie hätten irgendeinen legendären Fund zu vermelden und der Gral gehört zu den absoluten Lieblingsfunden unter Sammlern. Seine Haltung ändert sich, als der Vikar bei der Explosion seines Hausboots ums Leben kommt. Irgendetwas Wertvolles muss der Mann also gehabt haben. Die Polizei heftet den Vorfall als Unfall ab und Lovejoy macht sich alleine auf die Suche. Vielleicht lohnt es sich ja doch …

Verändert hat sich Antiquitätenhändler seit dem letzten Fall Lovejoy kein bisschen. Er ist ewig knapp bei Kasse, obwohl er einen untrüglichen Sinn für echte Antiquitäten hat und sich damit eigentlich eine goldene Nase verdienen könnte. Statt dessen verdient er sich immer wieder Geld dazu, indem er junge Leute unbezahlt einige Wochen lang als Praktikanten zu sich nimmt. Das Bewerbungsgespräch findet, wie immer, im Pub statt und nach einem Testbesuch im Museum entscheidet er sich für die ortsansässige Lydia.

Sein Auto ist ein uriger Austin Ruby, unglaublich langsam, aber recht zuverlässig. Sofern Lovejoy fahren darf jedenfalls, denn der örtliche Polizist prüft gerne mal, ob der Antiquitätenhändler einen über den Durst getrunken und sich trotzdem ans Steuer gesetzt hat. Einen eigenen Laden hat Lovejoy nicht; seine Deals laufen immer Stück für Stück in persönlichen Gesprächen ab. Was er an Antiquitäten besitzt, hat er ebenso wie seine umfangreiche Datei zu Auktionen, Händlern und Fälschern in seinem Häuschen untergebracht.

Lovejoy, ausgerüstet mit endlosem, trockenem Humor und dem Willen, dem Vikar Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen, hört sich in seinem Umfeld um. Um was könnte es sich bei diesem Gral handeln und wer konnte davon wissen? Was wusste Martha, die Lebensgefährtin des Vikars, und wer im Ort hätte überhaupt die Nerven, das Hausboot in die Luft zu jagen? Stück für Stück setzt Lovejoy sein Puzzle zusammen. Wie so oft, wenn sich Laien an die Arbeit machen, stellt er spät die richtigen Zusammenhänge fest, weil er nicht auf Anhieb genug Fragen stellt. Aber die Zeit dazwischen vergeht bei Lovejoy nicht nur mit der nötigen Spannung, sondern auch mit Unterhaltungswert.

Zum Einen dank des schon erwähnten Humors. Lovejoy ist kein bisschen auf den Mund gefallen und pariert Beschwerden seiner Praktikantin über eine zweistündige Wartezeit mit etwas wie „Lies solange im Buch von Lane, A., über Later Islamic Pottery“ und bemerkt jemand, er sei bleich, punktet er -der Antiquar mit dem langsamsten Auto in ganz England- mit „travel sick, it’s the speed“. Zum Anderen gewährt Lovejoy am laufenden Band Einblick in die Welt der Antiquitäten — auch hier mit viel Fachwissen, aber auch Ironie und Witz. Vorsicht bei impressionistischen Gemälden bitte, denn die Impressionisten haben 1000 gemalt, 2000 davon seien echt und etwa 3000 hingen in Amerika. Vorsicht auch mit japanischen Satsuma-Vasen, meint er, zwar alt und japanisch allesamt, aber gezielt als Exportwaren hergestellt, damit die Japaner die wirklich guten Satsuma behalten konnten. Auf diese lockere Weise hinter die Kulissen des Antiquitätenhandels schauen zu können, verrät einiges über Lovejoy und seine Mitstreiter.

Freilich gibt es bei den Krimis ein gewisses Muster, aber langweilig wird es nach den ersten drei Bänden ganz sicher noch nicht. Lovejoy behält auch bei den entscheidenden Prügeleien am Ende seinen klaren Kopf, versucht, edle, teure und unwiederbringliche Stücke beim Fallen oder Zuschlagen zu schützen („I had to twist to avoid the precious chair.“), um dann noch mit schmerzenden Knochen zu fragen, was jener Stuhl kosten solle. Kann man zu so einem Antiquitätenhändler nein sagen?

Bibliografische Angaben

Verlag: Constable Crime
ISBN: 978-1-47210-589-9
Erstveröffentlichung: 1979

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