Könnte Japan so in einer nahen Zukunft aussehen? Der Idee eines Glücksforschers folgend soll in Tokyo eine ganz neue Art von Gefängnis entstehen. Kriminelle sollen mit Milde und Mitgefühl betreut werden, da sie im Verhältnis zu allen anderen Menschen offensichtlich mit weniger Möglichkeiten und Chancen leben mussten. Die bekannte Architektin Sara Makina beteiligt sich an der Ausschreibung für den Gefängnisturm, der direkt neben dem Nationalstation stehen soll.
Rie Qudan entwirft ihn ihrem Roman ein fiktives Tokyo – eine Science Fiction, die weniger in einer fernen Zukunft angesiedelt ist, als vielmehr ein „Was wäre wenn“-Szenario abbildet. In ihrem Tokyo wurde tatsächlich das ursprünglich geplante Olympia-Station von Zaha Hadid gebaut. (Hadid hatte die Ausschreibung für den Bau gewonnen. Das Konzept wurde später wegen der hohen Kosten abgelehnt und stattdessen ein Entwurf von Kengo Kuma realisiert.) Ihr Turm soll nun gestalterisch mit Hadids Entwurf harmonieren. Gleichzeitig zweifelt Makina an der Grundidee, auch der Name gefällt ihr nicht. Mit ihrem Freund Takuto diskutiert sie ihre Gedanken.
Und nun?
„Tokyo Sympathy Tower“ hinterlässt mich ratlos. Ich bin mir nicht so sicher, was der Roman will. Qudan thematisiert die Kriminalität und ihre Ursachen ebenso wie die Frage, inwieweit Sprache unsere Gesellschaft prägt. Makina wird von den Gegnern des Konzepts mit dem Tod bedroht und verschwindet nach Eröffnung des Towers in der Anonymität. Ihr Freund wiederum wechselt den Job und arbeitet nach seiner Eröffnung im Turm als „Supporter“ – wie die Aufseher dort genannt werden.
Ich habe mich eigentlich nie als Seeanemone gesehen. Deshalb ist meine Ausdrucksweise vielleicht nicht respektvoll gegenüber den Seeanemonen, und ich sollte mich entschuldigen, wenn sie sich beschweren.

Ist das ein Roman oder ein Essay über verschiedene Einflüsse auf unsere Gesellschaft? Warum diskutiert Makina mit einer fiktiven KI über ihre Arbeit? Warum muss der Glücksforscher im Lauf des Buchs sterben? Ich kann den Inhalt beim besten Willen nicht fassen. Nur, dass Nationalstadion und Turm am Ende die Zuordnung des Glücksforschers in glückliche und unglückliche Menschen symolisieren, die nebeneinander exisitieren. Und nun?
>> Das Buch erhielt 2024 den Akutagawa-Preis.
Bibliografische Angaben
Verlag: Hoffmann und Campe
ISBN: 978-3-455-01936-0
Originaltitel: Tōkyō-to dōjōtō (東京都同情塔)
Erstveröffentlichung: 2024
Deutsche Erstausgabe: 2025
Übersetzung: Ursula Gräfe
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