Ein bisschen ist es ja Tradition, sich gegen Jahresende hin einen Weihnachtskrimi zu Gemüte zu führen. Die englischen Autorinnen und Autorinnen waren fleißig und haben über Jahrzehnte hinweg einen beachtlichen Vorrat geschrieben, der sich nun Jahr für Jahr neu entdecken und übersetzen lässt. Unter anderem bei Klett-Cotta erscheinen einige dieser Titel, die jährlich für die gemütlichen Stunden auf dem Sofa sorgen.
In diesem Winter steht Gladys Mitchell in der Auswahl. Sie schickt Beatrice Adela Lestrange Bradley ins Rennen, die Weihnachten bei ihrem Neffen in den Cotswolds verbringen wird. Jonathan wohnt mit seiner jungen Frau in einem alten Landhaus am Dorfrand, und versehen mit einer zahlreichen Nachbarschaft aus College und Angestelltenhäusern. Weihnachten selbst vergeht ereignislos, aber schneereich. Erst, als praktisch schon alle Feierlichkeiten rum sind, taucht die erwartete Leiche auf.
Tante Adela bleibt also auf dem Landgut und überlässt ihren eigentlichen Hauptjob, eine Klink, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie tut das übliche: herumfragen, sich wundern und Schlüsse ziehen.
Ein Weihnachtskrimi, der keiner ist
Selten aber habe ich mich bei einem „Weihnachtskrimi“ so gelangweilt. Dass es nicht wirklich ein Weihnachtskrimi ist, ließe sich verkraften. Die „Ermittlungen“, sofern man lose Gespräche über Spuren, Vermutungen, anonyme Briefe und Knieverletzungen als solche bezeichnen kann, ziehen sich über Wochen und Monate hin.

Das andere ist die schiere Ereignislosigkeit. Tante Adela entzieht sich wochenlang ihrem Job, läuft stundenlang in der Gegend herum und trifft sich mit einer ihrer Schlüsselpersonen nach einem fünfstündigen (!) Fußmarsch an einer „im Voraus vereinbarten Kreuzung“. Es gibt auch eine Fuchsjagd. Wenn die in einem Krimi im zweiten Drittel stattfindet, sollte allerdings etwas Relevantes passieren, so möchte man meinen. Hier rennt halt ein Fuchs weg, dann wahrscheinlich ein anderer, jemand hat gar einen mehr oder weniger zahmen Fuchs an der Leine und alle reiten munter diversen Spuren hinterher.
Im Verlauf des Buchs gibt es noch andere Tote, viele Vermutungen und kaum etwas Belastbares. Es gibt einen ungewöhnlichen Schneehaufen, der nie erklärt wird. Und am Ende eine Aufklärung, die wirkt, als wäre jetzt einfach genug. Denn es ist inzwischen Frühling und viel länger könne man die Tätersuche nun wirklich nicht mehr ausdehnen. Damit entlasse ich auch die Buchvorstellung, irgendwann ist auch hier Frühling, und viel mehr kann ich zu diesem Buch auch nicht sagen.
Bibliografische Angaben
Verlag: Klett-Cotta
ISBN: 978-3-608-96686-2
Originaltitel: Groaning Spinney
Erstveröffentlichung: 1950
Deutsche Erstveröffentlichung: 2025
Übersetzung: Dorothee Merkel
