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Dominique Manotti – Roter Glamour

Dominique Manotti – Roter Glamour

Über der Türkei explodiert ein Flugzeug voller Waffen. In Paris wird eine Frauenleiche auf einem verlassenen Parkplatz abgeladen. Zwischen beiden Ereignissen liegen viele tausend Kilometer, und doch … Präsidentenberater François Bornand versucht eine Staatskrise zu verhindern und schickt seinen Mann fürs Grobe ins Rennen. Mord und Verrat häufen sich – im Namen der Staatsräson? Bei ihrer Ermittlung kommt Polizistin Noria Ghozali der Sphäre der Macht gefährlich nahe.

Dieses Buch wurde mit dem „Prix Mystère de la Critique“ und dem „Prix du roman noir du Festival de Cognac“ ausgezeichnet und für das Kino verfilmt.

Rezension

Es gibt sie, diese Autoren, die einem Bauchgrimmen verursachen … weil man sich ärgert, dass man auf sie noch nicht früher aufmerksam geworden ist. Manotti gehört nach diesem Buch für mich zu dieser Riege.

In ihrem kurz gehaltenen Erzählstil stellt Manotti die gebürtige Maghrebinerin Noria Ghozali vor, die sich mit einem gewagten Sprung vor der Wut ihres Vaters rettet. Ab diesem Zeitpunkt ist sie frei, steht allerdings völlig allein da. Ghozali beißt sich durch und wird eher zufällig Anwärterin bei der Polizei. Auf eine Maghrebinerin haben die – wie sie mit selbstgemachten rassistischen Plakaten zeigen – nicht wirklich gewartet und so darf sich die Jungpolizistin erst einmal mit Kleinkram befassen, wie explodierenden Hundehaufen zum Beispiel. Doch Hartnäckigkeit und Energie hat Ghozali nicht verloren und als eine unbekannte Tote auftaucht, hat sie die zündende Idee, wie man sie identifizieren könnte.

Noria Ghozali ist eine sehr spannende Figur und ich finde, sie bekommt schon mit den wenigen Worten, die Manotti macht, ein vernünftiges Profil. Sie vertritt energisch das Recht und ist jung genug, um weder von Routine noch Ernüchterung ihre Prinzipien zerknickt bekommen zu haben. Und ausgerechnet diese kleine Polizistin legt sich durch ihre Ermittlungen mit einem Zirkel an, der seine korrumpierten Prinzipien dank jahrelanger Protektion durch Macht und Geld völlig individuell definiert. Irgendwann fällt Ghozalis Arbeit auf und bevor sie in die Schusslinie der unzimperlichen Drahtzieher gerät, sichert sich der Zentrale Nachrichtendienst RGPP ihre Dienste.

Ghozalis unbekannter Gegner ist der Präsidentenberater Bornand. Er nutzt seine Position direkt neben der Machtzentrale Frankreichs für persönliche (und selbstverständlich illegale) Geschäfte, Protektion und Ausnutzung. Ihm kann kaum keiner an den Kragen, weil er überall Leute hat, die bei einer Behörde Unterlagen einsehen können, Vorgänge gezielt lahmlegen oder jede Information beschaffen können. Abgesehen von seinen Geschäften und den Intrigen, um erstere zu sichern, steht er permanent mit verschiedenen polizeilichen und nicht-polizeilichen Organisationen auf Kriegsfuß. Die französische Vielzahl dieser Behörden und Dezernate sorgt permanent für Kompetenzgerangel und Auflösungsvorstöße der einen gegen die anderen. Manotti erklärt in einem Vorwort dankenswerterweise, wie komplex die Strukturen in den 1980er Jahren in Frankreich aufgebaut sind.

Von der französischen „Elite“ zeichnet Manotti genau das erbärmliche Bild, das wir vor kurzem ansatzweise bei der Affäre rund um den IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn sehen konnten: Die Mächtigen halten die Welt für eine Spielwiese, auf der sie beliebig Geld und Menschen einsetzen, Hauptsache, Abends wartet eine Belohnung in Gestalt einer Prostituierten der gehobenen Klasse auf sie oder wahlweise eine Frau, die sich wenigstens für eine Nacht von Macht und Geld blenden lässt. Ein Nein zu akzeptieren, gelingt keinem der Mächtigen und sollte der seltene Fall eintreten, pflastert sich der Weg mit Racheopfern aller Art.

Manottis entlarvender, spannender Krimi hat mir enorm gut gefallen. Ja, es mag Fiktion sein, aber verflixt nochmal, es ist wohl näher dran an der Realität als man es wahrhaben möchte.

Bibliografische Daten

Verlag: Ariadne bei Argument Verlag
ISBN: 978-3-86754-192-3
Originaltitel: Nos fantastiques années fric
Erstveröffentlichung: 2001
Deutsche Erstveröffentlichung: 2011
Übersetzung: Andrea Stephani

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