Kimono, Katze, KI? Japanische Buchcover im Copy-Paste-Modus

von Bettina Schnerr
2 Minuten Lesezeit

Bei meiner jüngsten Cover-Beobachtung japanischer Buchtitel ging es um Katzen auf Rezept. Das Buchcover von „Das Glück bringt eine Katze“ fällt für mich in Kategorie M, M wie misslungen — und war gleich einen ganzen Blogbeitrag wert. Oder sagen wir besser: einen Rant. Schaut man sich die Bildsprache des reklamierten Covers ein wenig genauer an, fällt noch etwas anderes auf: Die Gestaltung vieler Übersetzungen aus dem Japanischen bedient neue Klischees. Statt runder, roter Sonnen häufen sich andere Motive. Werfen wir doch mal einen Blick auf die neuen Lieblinge.

Auffällig sind Frauen, die in die Ferne schauen. Bevorzugt mit Kimono, versteht sich. Und falls Kimono nicht geht, ergänzt ein Tempel die Szenerie mindestens ebenso harmonisch. Beispiele für diese Theorie hätte ich bereits einige:


Gerade die schlechten Cover für Michiko Aoyama habe ich an anderer Stelle schon beschrieben und sogleich eine sehr viel bessere Alternative vorgeschlagen.

Parallel zu den sinnierenden Frauen stehen kleine Ladengeschäfte wahnsinnig hoch im Kurs. So hoch, dass inzwischen auch koreanische Ladengeschichten so bebildert werden. Nichts gegen Ladenfronten (aus diesem Grund). Aber sie erreichen ein Maß, dass es schon fast begeistert, wenn ein Motiv zur Abwechslung perspektivisch abweicht:


Kann man das im Buchladen als Kundin noch ernsthaft auseinanderhalten? Dabei stecken hinter den Gestaltungen in der Regel (noch) Illustratorinnen und Grafiker, die mit ihren Ideen stilistisch weitaus mehr Abwechslung in die Sache bringen könnten — wenn man sie denn ließe. Oder es gibt attraktivere Vorlagen. Um bei Aoyama zu bleiben: Die Vorlagen für die deutschen Ausgaben stammen aus Italien, wo die Frauen zwar ebenfalls in Kimono gewandet in die Ferne schauen, die Bilder aber lebhafter und detaillierter sind und weit weg von den weichgespülten Schablonenbildern, die Rowohlt daraus gemacht hat.

Diese Cover sind so austauschbar ausgelegt, dass ich mich wirklich frage, wo die Verlage hinwollen. So viel Brei wie möglich, damit der Unterschied zwischen handgemachter Illustration und KI irgendwann nicht mehr auffällt? Wer es probiere möchte: Mit dem richtigen Prompt kommen absolut brauchbare Resultate heraus – die Verlage reproduzieren sich selbst so sehr, dass bereits das bisher erstellte Material für eine solide Grundlage reicht. Aus einem meiner Prompts konstruierte die KI sogar einen Buchtitel: „Die Frau vor dem Laden“. Obwohl ich nicht danach gefragt hatte.

Nichts, finde ich, könnte die gestalterischen Auswüchse besser beschreiben. Ich weiß nicht, was der Laden genau verkauft, aber das Buch dazu wäre ein Kassenschlager.

Die beste Abhilfe? Die Rückbesinnung auf Kreativität. Cover, die zum Buch passen und eine generelle Literaturrichtung im Laden verraten? Gerne. Doch dann lasse man den Grafikerinnen und Illustratoren mehr freie Hand. Wenn unbedingt „Japan“ verkauft werden muss, gibt es mehr Möglichkeiten, als Frauen, die in die Ferne starrten. Das fiktive Magazin „The Tokyoiter“ beweist regelmäßig, mit welcher Vielfalt eine Illustration allein um den Themenkreis Tokyo abgedeckt werden kann.

Was ist außer Kimono und Katze noch alles möglich?

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