Michiko Aoyama – Donnerstags im Café unter den Kirschbäumen

von Bettina Schnerr
3 Minuten Lesezeit
Header: Michiko Aoyama - Donnerstags im Café unter den Kirschbäumen

Manchmal gibt es Bücher, die nur schwer zusammenzufassen sind. Aoyamas Roman gehört ganz sicher mit dazu, denn eigentlich haben die zwölf enthaltenen Episoden sehr eigenständige Erzählbögen. Sie hängen wohl zusammen, bilden aber keine einheitliche Geschichte. Das kommt nicht von ungefähr, denn ursprünglich waren es tatsächlich Kurzgeschichten, die in einem Online-Magazin erschienen waren.

Im namensgebenden Café, dem Café Marble, nimmt Aoyamas Figurenreigen seinen Anfang. Ein kleines Lokal, das nicht mehr als drei kleine Tische und ein paar Stühle am Tresen hat. Hier kommt jeden Donnerstag „Kakao-san“ vorbei, liest und schreibt Briefe. Ihren Spitznamen hat sie von Barista bekommen, ihrer Standardbestellung folgend. Ein anderer Stammgast ist Asami, eine berufstätige Mutter. Ihr Mann ist Künstler und hat in der Familie die Aufgabe des Hausmanns übernommen.

Ab hier kommen immer mehr Personen ins Spiel, inklusive einigen Erzählsträngen in Sydney. Ausgehend von Kakao-san und Asami sind alle miteinander verbunden, auch, wenn sie nicht immer davon wissen. Die Geschichten funktionieren, als würden die Menschen einen roten Faden erhalten, ihn weiterreichen, um dann wieder in den Hintergrund zu treten. Bis sie vielleicht wieder dran sind.

Fäden, die miteinander verwoben sind

Die Kindergärtnerin von Asamis Sohn fängt den ersten Strang auf, gefolgt von einer Kindergartenkollegin und deren Freundin. Es taucht ein Kunstmäzen aus Kyoto auf, die junge Betreiberin einer Wäscheboutique, ein älteres Ehepaar im Zoo in Sydney, eine Übersetzerin sowie eine Künstlerin, die fast alles in Grüntönen malt. Es gibt einen Sandwichladen, eine Lehrerin, die eine japanische Austauschschülerin hatte … und auch in Sydney taucht der Kunstmäzen auf.

Ich denke, es kommt weniger darauf an, den geradlinigen Weg zu nehmen, als den kurvenreichen so zielstrebig wie möglich zu beschreiten.

Mit dieser Struktur erinnert „Donnerstags im Café unter den Kirschbäumen“ unter anderem an „Gute Nacht, Tokio“ oder auch „Die Erinnerungsfotografen„. Irgendwie hängen alle Personen miteinander zusammen; manchmal treffen sie sich, manchmal merken es nur die Leserinnen und Leser. Michiko Aoyama kann am Ende einen Bogen von Sydney zurück nach Tokyo schlagen, wo im Café Marble die Fäden wieder aufeinander zulaufen.

So charmant Aoyama den Staffelstab auch weiterzureichen versucht, so beschränkt sich der Clou des Romans viel zu sehr genau darauf: Die Verknüpfung verschiedener Figuren. So einige scheinen mir mehr Staffage zu sein, damit diese Grundidee aufgeht. Im Gegenzug überzeugen mich denn auch die Geschchten nicht in dem Maß, wie das bei „Gute Nacht, Tokio“ der Fall war. Dafür sind die Episoden insgesamt zu separiert, als dass sich ein schönes Gesamtbild ergeben würde. Ich hoffe, ich habe nicht den Überblick verloren, aber eigentlich gibt es nur eine Story, die bewusst einen Anfang und ein Ende hat.

Vielleicht sollte man eine Kurzgeschichtensammlung auch nicht als Roman bewerben, wenn man ein Verlag ist.

Ein Wort zum Cover

Bei der Gestaltung des Covers hat der Verlag für meine Begriffe eine große gestalterische Chance verpasst. Im Original wurde es vom Miniatur-Künstler Tatsuya Tanaka gestaltet, der mit seinen Kreationen alleine auf Instagram fast vier Millionen Follower:innen hat. Für Michiko Aoyama (bzw. ihren Verlag) hat er das Kakao-Cover gestaltet, das Original zu „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“, des weiteren ein Matcha-Café am Montag (was eine Fortsetzung oder ein Prequel zu Kakao-san zu sein scheint), und mindestens vier weitere Buchcover.

Die Kreativität des Fotografen aus Kumamoto ist beeindruckend. Jedes Cover ist angepasst auf das jeweilige Buch – mit dem Café Marble, bestehend aus einer Holztasse (gefüllt mit Kakao natürlich), mit den gefilzten Figuren von Frau Komachi und beim Matcha-Café bilden Tatami-Matten einen Untergrund, der perfekt die Illusion einer Straße hervoruft. Auf ihre Art sind die Cover japanisch im Stil, ohne in Klischees abzurutschen. Und es wären obendrein sehr viel einzigartigere und unverwechselbarere Motive gewesen.

Bibliografische Angaben

Verlag: Rowohlt
ISBN: 978-3-644-02090-0 (Ebook)
Originaltitel: Mokuyoubi ni ha cacao wo / 木曜日にはココアを
Erstveröffentlichung: 2017
Deutsche Erstveröffentlichung: 2024
Übersetzung: Sabine Mangold

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