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Peter Haffner – So schön wie tot

Peter Haffner – So schön wie tot

Peter Haffner - So schön wie tot

Larry Hardys Büro wird eher schlecht besucht, nachdem er bei seinem letzten Engagement ausgerechnet den eigenen Klienten erschoss. Aus dem amerikanischen Privatdetektiv, der bevorzugt anderen Amerikanern in Berlin aus der Patsche hilft, wurde eine persona non grata. Als ihm die junge Maddie McCullen einen Auftrag anbietet, riecht das von Beginn an nach Ärger. Aber nun gut, sie bietet Geld und Hardy muss schließlich über die Runden kommen.

Sie war charmant wie eine frischgeschlüpfte Kobra.

Maddie sucht ihren Vater, den berühmten Autor Michael McCullen. Jener lebt ebenfalls in Berlin und sollte so schwer nicht zu finden sein. Seine Recherchen bei den McCullens daheim fördern eine merkwürdige Familie zutage. Die Mutter führt sich sehr distanziert auf. Der Vater besitzt einen Schreibkeller, zu dem mehr Leute Zugang haben als es zugeben. Und eben, da ist die Tochter, verwöhnt und frech und ebenso wie die Mutter zahlreichen Tabletten zugetan.

Die Tote in der Badewanne

Der Ärger kommt schnell und aus mehreren Richtungen. Maddies Mutter findet er tot in der Badewanne und den Fall bearbeitet Silke „Kalaschnikowa“ Kalschnik, ausgerechnet, seine Exfrau. Die findet tatsächlich Gründe dafür, Larry könne am Tod von Elizabeth McCullen Schuld sein.

Dagegen mutet es fast als Kleinigkeit an, dass er seiner Assistentin mangels Geld vermutlich kein Gehalt zahlen kann. Sie ist Ukrainerin, eigentlich Pathologin und eine wichtige Quelle in einem anderen Fall. Da haben gewisse Korolenko-Brüder aus Russland die Hände im Spiel. Oksanas Russischkenntnisse und ihre Beziehungen fördern Informationen zutage, die er ohne sie nicht bekommen würde.

Ein Hauch von Chandler in Berlin

Larry B. Hardy hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und die Füße auf dem Schreibtisch, als es klingelte.

Keine Frage: Das Büro hat eine Milchglasscheibe, der Detektiv ist Amerikaner und die junge Frau, die hereinkommt, tritt auf als Femme Fatale. Haffner zitiert in „So schön wie tot“ mit Vergnügen Habitus und Optik der großen Hardboiled-Detektive, wie Hammett, Chandler und vor allem die Filminszenierungen sie geschaffen haben. Larry Hardy mit seiner lässig-ironischen Art als Segelschiff, das sich gelassen seine Route durch die wilden Wasser kämpft. Den bringen auch zwei russische Gangster nicht aus der Ruhe, stahlblauer Anzug, Klappmesser und Maschinenpistole über der Schulter.

„Falsche Adresse“, sagte Larry. „Ich habe keine Pizza bestellt.“

Die Russen nerven wirklich sehr und wollen etwas über Eureka Technolgies herausfinden, dabei arbeitet Hardy schon gar nicht mehr für das Unternehmen. Das müssten die beiden eigentlich wissen. Haffner bringt Tempo in den Roman und ich mag den trockenen Humor sehr.

Wunderbare Frischzellenkur

Doch „So schön wie tot“ ist keine Kopie der Hardboilded-Stories. Der Tagesanzeiger stellt erfreut fest, dass es auch keine Parodie des Genres ist. Peter Haffner bringt die Anspielungen gekonnt in einem modernen Setting unter. Die Femme Fatale der ersten Seite hat tätowierte Beine, die Exfrau setzt ihm den gemeinsamen Sohn zur Betreuung vor die Tür und die aktuelle Freundin, so scheint mir, sieht in Larry eher das exotische Partnerschaftsspielzeug.

Das ist ein ziemlich cooles Ding, mit den Referenzen ( … wen seht ihr, wenn von einem Brad Spiner die Rede ist?), den Zitaten alter Krimikultur und dem gleichzeitigen Einbinden von Chiffriertechnik. Zudem wird das Buch getragen von wunderbar gezeichneten Protagonisten, von denen alle auf der Suche sind. Sie suchen im einfachsten Fall Chiffriertechnik. Alle anderen suchen nach Menschen, nach Wärme, nach Geborgenheit. Verlorene Familienmitglieder ziehen sich bei vielen von ihnen wie ein roter Faden durch die Biografien — bis zum Ende und das lässt sich nicht immer versöhnlich abschließen.

Bibliografische Angaben

Verlag: Nagel & Kimche
ISBN: 978-3-312-01059-2
Erstveröffentlichung: 2018

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