David Sedlaczek – Runaway

von Bettina Schnerr
2 Minuten Lesezeit
Header: David Sedlaczek - Runaway

Frederick Hagel hat es nicht leicht: Seine Frau Linda arbeitet zwar erfolgreich in einer großen Bank, aber es ist ziemlich sicher, dass sie dort als Steuerhinterzieherin für ihre Kunden arbeitet. Frederick Hagel macht es sich leider auch nicht leicht: Natürlich mahnt er seine Frau immer wieder an, sie solle damit aufhören. Aber er nutzt dummerweise auch kleine Partys, um wildfremde Menschen auf den merkwürdigen Beruf seiner Frau aufmerksam zu machen und er ist naiv genug, bei einem der Bankchefs aufzukreuzen und um Heilung seiner Frau zu bitten.

Statt die Scheidung einzureichen, lässt sich Linda ein hinterhältiges Spielchen einfallen: Sie inszeniert kleine Szenen, die Frederick als Gefahr abstempeln sollen und letztlich täuscht sie ihren eigenen Tod vor. Frederick landet daraufhin in der geschlossenen forensichen Psychiatrie. Womit ich bereits Probleme habe, denn Verteidiger scheint es in den USA keine zu geben und das psychiatrische Gutachten, das Linda erstellen lässt, ohne dass der Psychiater Frederick je gesehen hat, wäre doch wohl bereits 1988, beim Startpunkt der Geschichte, fragwürdig genug gewesen in einem Prozess.

Nun, Jahre später, ohne Aussicht auf Entlassung und fleißig am Medikamente schlucken, erlebt Hagel eine böse Überraschung. Bei der Übertragung eines College-Baseballspiels im Aufenthaltsraum zeigt eine Großbildaufnahme ins Publikum doch glatt seine angeblich tote Frau.

Stolperfallen unterwegs

Für mich lief’s mit dem Anstaltsflüchtling selten rund, zu brüchig wirkten die Abläufe auf mich. Es gibt Szenen, in denen Frederick einen Schnaps kauft und dann mit dem Auto in der Gegend herumkurvt. Er trinkt keinen Schluck, ist am Ende der Szene aber stockbesoffen. Auf seiner Flucht sinniert er vier Seiten lang darüber, ob in den Wäldern ein Bär oder ein Wolf gefährlicher für ihn wäre oder ob es taktisch nicht gar besser sei, beiden gleichzeitig zu begegnen. Es wäre sinnvoller gewesen, ihn irgendwo die Anstaltskleidung wechseln zu lassen. Ich verfolgte seitenlang seine Flucht mit dem Bild eines Mannes in Anstaltskleidung im Kopf, der seinen Mitmenschen trotzdem nie auffiel.

David Sedlaczek - Runaway

Die Anstaltszeit ist voller Medikamente und Psychopharmaka und eine längere Passage Anstalts- und Medizinkritik. Sicher berechtigt, aber in diesem Umfang ein Bremsklotz für die Story. Ein bisschen mehr Alltag wäre besser gewesen, nicht nur, weil sich Nebenwirkungen erstmals Monate nach dem Ausbruch zeigen. Außerdem hat er überraschend gute PC-Kenntnisse und kann die (seinerzeit für ihn neue) Technik ziemlich gut nutzen. Er googelt ohne Probleme, klickt ein wenig und beschafft sich zügig gefälschte Papiere. Nach 18 Jahren Psychiatrie. Er sucht die Übeltäterin unter ihrem alten Namen, eine Frau wohlgemerkt, die von der Bildfläche verschwindet, um sich von ihrem Ex-Mann später allen Ernstes als Linda Hagel finden zu lassen. Es gibt dafür am Ende zwar eine Erklärung, aber die ist ganz schön simpel und wenig realistisch.

Es gibt für mich eine Grenze dafür, was noch als plausibel durchgeht. Wer es bis zum letzten Satz schafft, findet ein Finish, das den Rest des Romans in Sachen Plausibilität tatsächlich noch in der Pfeife raucht. Überzeugend war Frederick schon zu Beginn nicht und dabei blieb es.

Bibliografische Angaben

Verlag: Selbstverlag
ISBN: 978-3-000-57076-6
Erstveröffentlichung: 2017

Mehr Lesestoff für dich

Schreibe einen Kommentar

Cookie-Einstellungen
Auf dieser Website werden Cookie verwendet. Diese werden für den Betrieb der Website benötigt oder helfen uns dabei, die Website zu verbessern.
Alle Cookies zulassen
Auswahl speichern
Individuelle Einstellungen
Individuelle Einstellungen
Dies ist eine Übersicht aller Cookies, die auf der Website verwendet werden. Sie haben die Möglichkeit, individuelle Cookie-Einstellungen vorzunehmen. Geben Sie einzelnen Cookies oder ganzen Gruppen Ihre Einwilligung. Essentielle Cookies lassen sich nicht deaktivieren.
Speichern
Abbrechen
Essenziell (1)
Essenzielle Cookies werden für die grundlegende Funktionalität der Website benötigt.
Cookies anzeigen