Vera Hohleiter – Jenseits der Dinge

von Bettina Schnerr
2 Minuten Lesezeit
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Wie geht man tagtäglich mit Hindernissen und Schwierigkeiten um? Was passiert im Gehirn, wenn wir negativen oder positiven Reizen ausgesetzt sind? Und vor allem: Kann man trainieren, gelassener zu bleiben? Eine Forschergruppe möchte mehr darüber wissen und lädt eine Gruppe südkoreanischer Mönche zu sich ein. Wer wäre besser als Modellperson für Entspannungstechniken geeignet, als ein Mönch, der über Jahre hinweg dank Meditation stets über alle Widrigkeiten erhaben zu sein scheint?

Finanziert wird die Studie von einem App-Entwickler, der sich Resilienz-Training auf die Fahnen geschrieben hat. Dessen Chef, kurz Q genannt, interessiert sich aber nicht für die Forschungsergebnisse. In der Arbeitsgruppe ist seine Exfreundin Oona tätig, die er zu gerne wiedersehen möchte. Die wiederum will nichts lieber, als ihm aus dem Weg gehen.

Die wenigen Figuren der Schweizer Forschergruppe bewegen sich in einem feinen Netz aus Abhängigkeiten. Das bildet Vera Hohleiter ab, ohne ausschweifig zu werden. Der Projektleiter beispielsweise braucht gute Ergebnisse, um innerhalb des Forschungsbereichs anerkannter zu werden und muss sich gleichzeitig als alleinerziehender Vater behaupten. Eine der Mitarbeiterinnen ist mit ihrer Stellung im Team unzufrieden und würde die Spannungen zwischen Oona und Q liebend gerne zu ihrem Vorteil ausschlachten.

Meditatives Kammerspiel

„Jenseits der Dinge“ spielt innerhalb von nur fünf Tagen. Fünf Tage, in denen die Arbeit nicht nur zunehmend anstrengend wird. Sondern in denen sich unter anderem Oona fragt, warum sie ihr eigenes Forschungsgebiet eigentlich nicht erfolgreich umsetzen kann. Vor allem im Umgang mit Q, der ihre Souveränität innert kürzester Frist ruinieren kann. Oona weiß Bescheid über Neuroplastizität, über die Fähigkeit des Gehirns, neue Denkmuster zu erlernen, und sie hat sich obendrein mit koreanischer Meditation befasst. Sie sagt sich „mir geht es gut“. Warum also bekommt sie ihre Unruhe dennoch nicht in den Griff?

Was mich begeistert, ist nicht nur, dass es Vera Hohleiter gelungen ist, mehrere Reibungspunkte für ihren Plot nebeneinander in einem kurzen Roman unterzubringen. Ohne ihn zu überfrachten, wenn sie für nur wenige Tage zur Zuschauerin im Institut wird. Auch ihre Einblicke in die koreanische Kultur sprechen für eine intensive Auseinandersetzung mit Land und Leuten: Hohleiter lebte einige Zeit in Korea und hat familiäre Beziehungen dorthin.

Vera Hohleiter - Jenseits der Dinge

Trotz einer möglichen Eskalation und der Probleme, die während des Forschungsprojekts auftauchen, erinnert die Geschichte stetig daran, dass man auf Hindernisse unterschiedlich reagieren kann. Dass man seine Wahrnehmung trainieren und sich jederzeit neu entscheiden kann. Die wissenschaftlichen Hintergründe und Abläufe erzählt Hohleiter so flüssig eingebunden in ihre Geschichte, dass man am Ende nicht nur einen fokussierten und ausbalancierten Roman gelesen hat. Sondern so, dass man die Wirkung von Meditation nahezu miterlebt hat — gerade nach europäischen Maßstäben, die in der Regel eine Nachweisbarkeit erfordern. Ein Roman, der also nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern auch Interesse weckt an einer Kultur, die einen eigenen, wirkungsvollen Umgang mit Herausforderungen entwickelt hat.

„Es ist nicht schlimm, negative Gefühle zu haben“, sagte Jibong. „Im Westen teilt ihr alles in Positiv und Negativ ein, aber Gefühle sind weder das eine noch das andere. Sie sind neutral. Wir müssen sie nur akzeptieren.“

Bibliografische Angaben

Verlag: Edition Bücherlese
ISBN: 978-3-03981-018-5
Erstveröffentlichung: 2025

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