Ich liebe Aufräumen! Das hat zwei verschiedene Gründe. Der eine ist freilich der tokimeki-Moment. Den gab es schon, bevor Marie Kondo das Aufräumen populär gemacht. Tokimeki? Does it spark joy? Nein? Dann weg damit – und her mit dem erlösenden Gefühl, Gerümpel losgeworden zu sein. Der andere Grund ist das rabbit hole, in dem man beim Aufräumen verschwinden kann. Längst vergessene „Aufgaben“ oder „Muss ich mir merken“-Elemente fallen mir plötzlich vor die Füße.
Manche davon werden durch diese Plötzlichkeit wieder rasend interessant. Hatte ich mir aufgehoben, also muss es doch heute noch spannend sein, oder? Sowas ist mir mit einem kleinen Zettelchen in einer Sammelmappe passiert. In der allerersten Version meiner Website stand über Jahre hinweg ein Zitat, das mir vor Kurzem beim Aufräumen wieder in die Hände fiel:
Die University of Notre Dame, Indiana, hat mit einem Suchroboter den Durchmesser des Internets bestimmt, indem sie eine Auswahl der über 800 Mio. Webseiten abgeklappert und sämtliche Links genau verfolgt hat. Nach dieser Studie liegen zwei beliebige Webseiten im Schnitt 19 Klicks voneinander entfernt. Damit sind Webseiten deutlich kontakscheuer als Menschen. Denn jeder Mensch, so eine andere Studie, ist mit jedem Anderen um maximal sechs Ecken bekannt.
Die Zahlen stammen aus einer Ausgabe der Studentenzeitschrift Unikum (die es mit Sicherheit nicht mehr gibt, fürchte ich). Gefunden hatte ich sie 1999 – also genau in jenem Jahr, in dem ich meine Webpräsenz startete. Ich habe dieses Zitat über mehrere Website-Versionen immer wieder übernommen, bis ich ihm nach sagenhaften 15 Jahren quasi gekündigt habe. Zu diesem Zeitpunkt hielt ich die Studie für ausreichend veraltet.
Damals führte meine Suche nach einer Aktualisierung im Kreis: Die Ergebnisse zeigten immer wieder nach Indiana, neuere Ergebnisse scheint es nicht zu geben. Seit 1999 hatte sich offensichtlich niemand mehr daran versucht, einen neuen Durchmesser zu bestimmen. Interessant aber war meine neuerliche Suche in anderer Hinsicht, denn in einem ebenfalls recht betagten Artikel zu dieser Untersuchung fand sich folgende Anmerkung:
Selbst wenn sich das WWW in den nächsten Jahren noch um tausend Prozent vergrößert, würde sich die Zahl der Klicks nur auf 21 erhöhen.
Aus dem Spigel-Artikel „Wie breit ist das Web“ vom 9. September 1999
So, wie es aussieht, hat sich die 25 Jahre alte Zahl wahrscheinlich gar nicht sehr verändert. Ich hätte das Zitat eigentlich stehen lassen können. Nun kann ich den Zettel beruhigt entsorgen – der Inhalt ist wieder auf die Website gewandert, wo die ganze Geschichte ihren Anfang genommen hat.
Apropos Vernetzung: In der Blogroll findet ihr meinen persönlichen Beitrag dazu, die Zahl der Klicks zwischen Literaturwebseiten gering zu halten.
Foto: Alina Grunbyak, unsplash