Didier Lefèvre – Der Fotograf I: In den Bergen Afghanistans

von Bettina Schnerr
3 Minuten Lesezeit
Didier Lefèvre - Der Fotograf / Band 1 einer Trilogie über den Einsatz der Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan

Didier Lefèvre - Der Fotograf / Band 1 einer Trilogie über den Einsatz der Ärzte ohne Grenzen in AfghanistanEnde Juli 1986 begleitet Didier Lefèvre als Fotograf ein Team der Organisation Ärzte ohne Grenzen nach Afghanistan, mitten im Krieg zwischen der Sowjetunion und den Mudschaheddin. Von Pakistan aus startet das Team im Schutz einer Karawane nach Afghanistan, wo sie in den Tälern um Yaftal die medizinische Versorgung übernehmen wollen. Nicht allzu weit von Feyzabad, das von den Russen besetzt wird.

Gemeinsam mit dem Comic-Zeichner Emmanuel Guibert entstand die Geschichte dieser Expedition als Trilogie, die von Frédéric Lemercier gestaltet wurde.

Rezension

Für Didier Lefèvre beginnt dessen vielleicht eindrucksvollster Auftrag mit einem Engagement bei den Médecins sans frontières (MSF / Ärzte ohne Grenzen). Er soll einen Einsatz in Afghanistan begleiten und eine Fotoreportage erarbeiten. Zunächst muss er nach Pakistan. In Peshawar wartet das Team auf ein Signal der Karawane, die sie mit ins Einsatzgebiet nehmen wird. Ein einfacher Grenzübertritt wird es nämlich nicht. MSF muss sich nachts illegal über die Grenze schmuggeln, um überhaupt ins Land kommen zu können. Die Karawanenführer warten auf einen günstigen Zeitpunkt, bevor sie das MSF-Team zum Startpunkt der Reise in Chitral holen. Rund einen Monat muss das Team auf das erhoffte Signal warten.

Die Kenntnisse der Einsatzleiterin Juliette Fournot sind für die Karawane ungeheuer wertvoll. Im Lauf einiger Einsätze hat sie zu verschiedenen lokalen Kommandanten einen soliden Kontakt aufgebaut, der ihnen einen halbwegs sicheren Weg gewährleistet. Auch die wochenlange Planung im Voraus macht sich bezahlt; irgendwann wird einem klar, wieviele Gedanken sich die MSF vor einem Einsatz nicht nur um Ausrüstung oder Route machen müssen.

Bei Beginn der Karawane merkt Lefèvre erstmals andeutungsweise, auf was er sich eingelassen hat: Mitten in der Nacht überquert das Team im Gebirge die Grenze zu Afghanistan auf einem Laster; kurz darauf ist er schon zu Fuß auf einem steinigen, holprigen Pfad unterwegs. Es ist stockdunkel und nur anhand der Geräusche merkt er, wohin er ungefähr laufen muss oder dass ihm andere entgegen kommen. Die Vorbereitungsgespräche in Paris und Peshawar waren eine notwendige Sache, die aber sicher niemanden vollständig auf so eine Reise vorbereiten können. Zum Beispiel auf die Ängste, wenn man eine öfter von Russen besschossene Hochebene überqueren muss oder die zahlreichen Entbehrungen. Es ist mir auch jetzt noch unklar, wie die Karawane nachts heil über die Wege gekommen ist, wenn ich an die Bilder denke, die Lefèvre tagsüber davon gemacht hat.

An diesem Buch faszinierte mich auf Anhieb die Machart. Viele Zeichnungen von Guibert ergänzen die Fotos von Lefévre. Das ergibt eine sehr einzigartige Mischung. Die Schwarzweiß-Fotos geben einen sehr guten Eindruck davon, was Lefévre auf der Reise angetroffen hat. Auch, wenn die Fotos von einem Profi gemacht wurden, dessen Aufgabe schlicht das Schießen unzähliger Fotos war, so vermitteln die Bilder oft einen persönlichen Eindruck. Unterstützt wird der Eindruck dadurch, dass immer wieder Sequenzen davon erzählen, wie sich Lefèvre von den Ärzten deren Aufgaben, ihre Eindrücke, ihre Erlebnisse schildern lässt, sich mit dem einheimischen Dolmetscher Mahmad unterhält und dadurch natürlich auch selbst ein individuelles Bild von Afghanistan bekommt. Und das Bild, das wir von Afghanistan haben, ist wohl doch etwas korrekturbedürftig.

Manchmal ist es auf den Fotos problematisch, Details zu erkennen, wenn vier oder mehr Bilder von den Kontaktbögen nebeneinander gesetzt wurden. Bei einigen Aufnahmen hat es mich wirklich gestört, weil ich gerne mehr von den Menschen gesehen hätte.

Alles in allem eines der besten Bücher, das ich über eine Reise in ein fremdes Land gelesen habe. Ich bin froh, dass ich durch einen Zufall auf die Trilogie „Der Fotograf“ aufmerksam geworden bin. Da Band 1 endet, bevor MSF seinen Zielort erreicht hat, ist der Sprung zu Band 2 ein Muss.

Bibliografische Angaben

Verlag: Edition Moderne
ISBN: 978-3-037-31026-7
Originaltitel: Le Photographe, tome 1
Erstveröffentlichung: 2003
Deutsche Erstveröffentlichung: 2008

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