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Mit Bookcrossing gehen Bücher auf Reisen

Mit Bookcrossing gehen Bücher auf Reisen

Wer im Zug, auf der Raststätte oder in der Umkleide seines Fitnessstudios ein Buch findet mit dem Aufkleber „Ich bin kein Fundstück – ich bin nicht verloren gegangen“, der ist auf sein erstes „Buch auf Reisen“ gestossen. Wer Bücher auf Reisen schickt, nennt sich Bookcrosser und verlegt die Bücher absichtlich an öffentlichen Plätzen, nachdem er sie im Internet registriert hat. Bei diesem Bookcrossing bekommt jedes Buch eine Registriernummer, die auf Aufklebern auf und im Buch angegeben wird. Und jeder, der ein Buch findet, kann es lesen, oder einfach weitergeben. Im Internet kann der Zufallsleser anschließend (auch anonym) einen Kommentar abgeben und vermerken, wo er das Buch seine Reise fortsetzen ließ. Dank der Registriernummer kann man jedes Buch aufstöbern und seinen Weg genau verfolgen.

Mit Bookcrossing hat der Amerikaner Ron Hornbaker 2001 einen neuen Lesestil eingeläutet. Frei nach dem Motto „Ein Buch, das nur im Regal liegt, kann niemanden erfreuen“. Ende 2003 waren schon rund 200.000 Leser weltweit registriert, die ihre Bücher in das weltweite „Verleihnetz“ einspeisen. Was Hornbaker hoffen lässt, dass er bis 2006 locker die Millionengrenze an Mitgliedern knackt. Auch das Team von Bookcrossing.com ist mit fünf Mitgliedern recht gewaltig.

Die Lösung dafür ist relativ einfach. Vier der Mitglieder sind Freunde und damit auch Gründer und Entwickler des Systems. Zudem aber soll sich der Betrieb der Seiten selbst tragen und vielleicht irgendwann Gewinn abwerfen. Zwar ist das System kostenlos für alle Teilnehmer, aber für den Unterhalt der Seite wurde ein e-shop eingerichtet, in dem man fertig nummerierte Aufkleber, Stempel oder T-Shirts mit dem Bookcrossing-Logo kaufen kann. Das ist auch meine einzige kritische Anmerkung: Ich hoffe, dass die Verbindung mit einer Geschäftsidee nicht bedeutet, dass der Zugang zur Bookcrossing-Familie irgendwann durch Kosten gebremst wird.

Mittlerweile gibt es sogar eine Fangemeinde des Bookcrossing, die gezielt nach Büchern sucht, geleitet von teils recht detaillierten Hinweisen vom „Vorbesitzer“ aus dem Internet. Hornbaker, dessen Website in hunderten von Zeitschriften, im Radio und im TV vorgestellt wurde, ist überzeugt, dass die Nutzer der Initiative gesellige Menschen sind. Daher hat er gleich einen weltweit gültigen Termin vorgeschlagen, an dem sich Fans treffen können. Um 19:00 Ortszeit, jeden zweiten Dienstag im Monat. Verabredungen lassen sich über das Forum treffen.

Bücher können übrigens auch durch direktes Ansprechen der Mitglieder ausgetauscht werden: Mit „available“ gekennzeichnete Bücher werden von vielen Bookcrossern direkt an Interessenten verschickt. Vorteil: Man kann gezielt nach Wunschbüchern suchen und der Versender weiß, dass sein Buch nicht in der Versenkung verschwindet – einige der ausgesetzten Bücher werden nicht besprochen oder erst nach Monaten kommentiert. Aber das Abenteuer Bookcrossing lohnt sich allemal für jedes Buch.

Update 2014: Bookcrossing heute

In den letzten 10 Jahren, seit ich den ersten Artikel geschrieben habe, hat sich die Bookcrosser-Gemeinschaft auf über 1,2 Millionen Nutzer vergrößert und mehr als 10 Millionen Bücher sind auf der Website registriert. Nach wie vor engagieren sich Mitglieder der Community und gestalten künstlerische Aufkleber, die für die Kennzeichnung der registrierten Bücher benutzt werden können. Bookcrossing ist nach wie vor kostenfrei und die Gratisaufkleber sind nicht aus der Mode gekommen. Damit Bookcrossing nach wie vor kostenfrei bleiben kann, finanziert sich das Geschäft über eingeblendete Werbung, Merchandise-Artikel und so genannte offizielle Aufkleber, die statt der kostenfreien Typen zum Support gekauft werden können. Auch Spenden sind drin. Für zahlende Mitglieder hält Bookcrossing zum Beispiel zusätzliche Filtermöglichkeiten bereit, sie sind in der Community gesondert gekennzeichnet und bekommen keine Werbung eingeblendet.

Auch technisch haben Bookcrosser neue Möglichkeiten: Mit Widgets kann auf dem Blog oder der Website auf das eigene Bookcrossing-Regal verwiesen werden oder gezielt der Weg eines bestimmten Buches verfolgt werden. Vergleichbar mit den offenen Bücherregalen gibt es für Bookcrosser spezielle Anlaufstellen, an denen Bücher abgeholt oder eingestellt werden können. Diese nennen sich OBCZ (offizielle Bookcrossing-Zone) und sind in im Cafés zu finden, im Café, im Café, in Universitätsbibliotheken, in Schulen, aber auch in einem Café. Bookcrosser packen zudem Themenpakete, aus denen entnommen und dazu gelegt werden kann, solange es zum definierten Thema passt. Ob es sich nun um Weihnachten oder Schifffahrt dreht, solche Pakete sind ungebrochen beliebt.
Mein altes Regal, das vor 10 Jahren tatsächlich eine ganze Zeit lang Bestand hatte, ist inzwischen wegen Inaktivität schon lange abgestellt. Ich hab’s probiert. Nichtsdestotrotz sieht die Community noch ganz lebendig aus und arbeitet munter als Reisebüro für Bücher.


Grafiken: Bookcrossing

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