Globetrotter-Krimi: Fragen an Bernadette Olderdissen

von Bettina Schnerr
5 Minuten Lesezeit
Abendstimmung in Toulouse; Foto: Bernadette Olderdissen

Für meinen aktuellen Feuilleton-Beitrag habe ich mich mit der Reisejournalistin und Autorin Bernadette Olderdissen unterhalten. Olderdissen verbindet ihre große Leidenschaft, das Reisen, wunderbar mit ihrem Beruf. Aus dieser kreativen Verknüpfung entstand die Idee zu einer neuen Buchreihe, den Globetrotter-Krimis. Ich freue mich, dass Olderdissen mir zu ihren Reisen und Büchern ein paar Fragen beantwortet hat. Dabei erklärt sie auch gleich, was es mit den Globetrotter-Krimis auf sich hat.

In diesem Beitrag gibt es eine kleine Besonderheit: Alle Fotos stammen von der Autorin selbst. Sie zeigen Motive aus Toulouse, der Stadt, in der Kira Tolle, die Protagonistin der Globetrotter-Serie in ihrem ersten Fall ermittelt. Da kann man sehr gut nachvollziehen, warum es Bernadette Olderdissen in die Ferne treibt und warum sie in Touluose zudem selbst ihre Heimat gefunden hat, oder?

Bernadette, du bist selbst eine Globetrotterin, ganz wie die Heldin Kira Tolle aus deiner neuen Serie. Was treibt dich persönlich in die Ferne?

Es ist die Neugier auf das Neue, das Unbekannte, auf eine andere Kultur, eine andere Sprache, Menschen, die anders denken und leben als ich, oder überraschenderweise auch ganz ähnlich, auf anderes Essen …

Schon als ganz kleines Kind bekam ich von meiner Mutter eine schwarze Puppe geschenkt, die ich über alles liebte. Ich glaube, damit hat meine Faszination für das „Andere“ begonnen. Heute brauche ich die Erkundung immer neuer Länder wie Vitamine; ohne geht es mir einfach schlecht.

Nun ist dein Fernweh Kernmotiv der Bücher und du schreibst auch Reisereportagen. Da verbindest du idealerweise Leidenschaft mit Beruf?

Genau. Meistens reise ich einfach drauflos, wähle Orte, die mich persönlich interessieren, halte dabei immer Augen und Ohren offen, ob sich etwas Spannendes für eine Reisereportage ergibt. Dies ist nicht immer der Fall, da viele Magazine ganz spezielle Themen wollen oder gerade etwas über ein Land herausgebracht haben, das ich bereist habe. Das ist aber auch nicht schlimm. Meine Notizen verwahre ich immer für später, man weiß ja nie, wann man sie noch gebrauchen könnte. Und die einmaligen Erfahrungen jeder Reise kann mir ohnehin niemand mehr nehmen.

am Canal du Midi, Foto Bernadette Olderdissen

Dein erstes Buch spielt in Italien und schildert die Erlebnisse einer Frau, die für zwei Jahre in Genua lebt. Stecken da eigene Erfahrungen mit drin?

Ja, denn ich habe selbst knapp zwei Jahre in Genua gelebt und dort gearbeitet. Allerdings handelt es sich nicht um meine Autobiografie, wie viele direkt vermuten, sondern es steckt neben wirklichen Erfahrungen viel Fantasie in dem Buch.

Wie kam damals der Kontakt zu Rowohlt zustande?

Über die Seite Neobooks des Verlages Droemer Knaur, der dort mit Rowohlt kooperierte. Dort kann jeder Selfpublisher sein Buch hochladen und auf Wunsch auch die Verlagslektoren hineinlesen lassen. Diese wählten am Anfang jedes Monats ein paar Bücher aus, die sie sich genauer ansehen wollten. Ich war letztes Jahr gerade in der peruanischen Pampa unterwegs mit sehr sporadischer Internetverbindung, als ich die Nachricht bekam, Rowohlt hätte mein Grazie, Genova ausgewählt. Ich wäre fast vom Stuhl gefallen! Nach einigen Wochen bekam ich dann tatsächlich ein Vertragsangebot für das E-book.

Jetzt veröffentlichst Du nicht nur ein neues Buch, sondern startest damit auch eine eigene Serie, die Globetrotter-Krimis. Was für ein Konzept steckt dahinter?

Die Idee kam mir ganz spontan: Eines schönen Sommertages, als ich mit einem Krimi in der Hand einem Flugzeug beim Abheben zuschaute. Krimis sind schon seit jeher meine Lieblingslektüre, und auf einmal dachte ich an Krimis in verschiedenen Ländern, mit einer Protagonistin, einer Globetrotterin. Globetrotter-Krimis!

Zuerst faszinierte mich der Titel der Serie, dann überlegte ich, wie es funktionieren könnte. Ich recherchierte, ob es etwas in der Art schon gab, wurde aber nicht fündig. Der Gedanke, eine Krimiserie zu schreiben, bei der jeder Teil in einem anderen Land spielt, ließ mich nicht mehr los, und ganz bald machte ich mich ans Schreiben. Natürlich möchte ich dabei von meinem Fundus an Erfahrungen in verschiedenen Ländern profitieren und den Lesern in jedem Krimi auch ein kleines bisschen von dem jeweiligen Land näherbringen. Was dies nun genau sein wird, ob der Schwerpunkt auf kulturellen, sprachlichen, kulinarischen, historischen Merkmalen oder etwas ganz anderem liegen wird, soll von Krimi zu Krimi ganz verschieden sein.

Das Motto der Serie ist jedoch „Länder und Kulturen sind verschieden. Menschliche Abgründe universell.“ Es geht also letzten Endes darum zu zeigen, dass sich Menschen, egal, wo sie leben und wie sie aufgewachsen sind, in den Grundemotionen doch sehr ähneln. Eine Erfahrung, die ich immer wieder überall auf der Welt gemacht habe.

Toulouse von oben, Foto Bernadette Olderdissen

Der Start der Serie geschieht in Frankreich, wo Du selber zur Zeit lebst. Welches Land wird Kira Tolle als nächstes kennen lernen?

Der zweite Teil der Serie spielt im finnischen Turku, mitten im kalten Dezember. Danach wird es sehr wahrscheinlich nach Asien gehen, mehr verrate ich jedoch noch nicht.

Bei so einer Serie und einem Blick in deinen Lebenslauf frage ich mich natürlich, wie viel Bernadette in Kira steckt. Teilt ihr Euch „nur“ die Reiselust oder würdest auch du auf einen Toten am Flughafen ähnlich reagieren?

Diese Frage bringt mich immer zum Lachen. Einige Leute, die mich kennen und den Krimi gelesen haben, gehen nun automatisch davon aus, dass auch ich in dem Leben eines Ermordeten herumstochern würde, über den ich zufällig stolpere. Das ist natürlich so nicht richtig. Kira ist eine fiktive Figur mit ihrer eigenen Geschichte, einem dunklen Geheimnis und ganz eigenen Handlungstrieben, die sich aus ihrem Charakter und ihren Erfahrungen ergeben. Sie ist also in keiner Weise identisch mit mir. Wir teilen nur unsere Leidenschaften fürs Reisen und Schreiben. Dass ich auf einen Toten am Flughafen ähnlich reagieren würde wie Kira, glaube ich nicht. Aber andererseits war ich auch noch nie in dieser Situation, also wer weiß?

Kennst du alle Länder, in die du Kira schicken wirst und hast du jeweils eigene, spezifische Anekdoten, die du Kira andichten wirst? Du hast ja einen breiten Fundus, hast unter anderem in Lateinamerika, Italien und Frankreich gelebt, für deine Reportagen unzählige Länder bereist und obendrein noch Japanologie studiert.

Ja. Ich würde es mir und dem Leser nicht zumuten, Kira in ein Land zu schicken, von dem ich keine Ahnung habe, denn es soll ja auch zumindest ein bisschen etwas von dem Land rüberkommen. Natürlich habe ich nicht in jedem einzelnen Land auch gelebt. Zumindest habe ich dort einige Zeit verbracht oder durch Kontakte und mehrere Reisen eine spezielle Bindung mit dem Land. Die ein oder andere Anekdote, die ich selbst erlebt habe, wird Kira auch erleben oder manchmal durchleiden müssen, das ist klar.

Toulouse, die rosarote Stadt mit ihren Backsteinbauten, Foto Bernadette Olderdissen

Stehen in Deiner Wohnung gerade ein paar gepackte Koffer? Wenn ja, wo geht es als nächstes hin?

Ein Koffer steht in meiner Wohnung immer, der aber leider nicht gepackt ist, sondern mittlerweile nur noch als Kratzbaum für meine zwei Kater dient. Allerdings habe ich gerade einen Koffer ausgepackt, nachdem ich von einer sehr beeindruckenden Zypernreise zurückgekehrt bin. Nun muss ich erstmal ein paar Sachen waschen, bevor ich neu packe. Aber danach geht es im Herbst nach Serbien und Kosovo, im Dezember dann mehrere Wochen lang durch Brasilien. Jeweils nicht mit Koffer, sondern mit großem Rucksack und ganz allein, wie Kira es auch machen würde.

Die Bücher

Mord en rose (Frankreich)
Bis der Tod dich findet (Finnland)
Bossa Mortem (Brasilien)


alle Fotos: Bernadette Olderdissen

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