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Michael Connelly – Late Show

Michael Connelly – Late Show

Michael Connelly an sich ist kein Unbekannter. Er schreibt seit Anfang der 1990er Krimis und Thriller, unter denen die Reihe um Harry Bosch die bekannteste ist (inklusive Verfilmung). Nach mittlerweile vier verschiedenen Ermittlern betritt mit Renée Ballard nun die fünfte Figur die Bühne. Sie ermittelt in Late Show, benannt nach dem Spitznamen, den die LAPD ihrer Nachtschicht verpasst hat.

Ganz freiwillig ist der Dienst nicht: Ballard hatte ihren Vorgesetzten intern wegen sexueller Nötigung angezeigt. Doch mangels Unterstützung des Augenzeugen wurde die Anzeige fallengelassen und der neue Job ist nichts anderes als eine Strafversetzung. Es gibt eine weitere Besonderheit, die Ballard zu schaffen macht: Egal, welche Fälle sie und ihr Teamkollege in der Nacht aufnehmen, bei Tagesanbruch müssen sie alle an die jeweils passenden Abteilungen abtreten. Ermittlungserfolge oder „gelöste Fälle“ gibt es in der Late Show also eigentlich nicht. Doch zwei Fälle lassen Renée Ballard nicht los: Eine schwer misshandelte Frau, die irgendwo abgeladen wurde und eine Club-Schießerei mit mehreren Toten. Während sie den einen Fall mit einem geschickten Schachzug zunächst behalten kann, forscht sie im anderen am Rande des Rauswurfs. Aber das ist es ihr wert.

Der Zufall kommt ins Krankenhaus

Kurz nachdem Ballard die misshandelte Frau im Krankenhaus abgeliefert hat, spielt ihr der Zufall den ganz großen Fall in die Hände. Weil sie ohnehin dort ist, übernimmt sie eines der Opfer dieser Schießerei, während die Mordkommission im Club Spuren sichert. Als sie einige Zeit später dort Bericht erstattet, macht sie ein paar Beobachtungen, die ihr später seltsam vorkommen werden. Dumm nur, dass die Ermittlungen genau jeder Mann leitet, den sie angezeigt hatte.

Renée Ballard ist eine Ermittlerin, der die Abgabe der Fälle an andere Abteilungen gar nicht schmecken kann. Dafür ist sie viel zu engagiert. Einem simplen Einbruch spürt sie nach, weil sie den Einbrecher noch in der Nähe wähnt. Im Fall der Misshandlung stochert sie herum, weil sie nicht glaubt, dass der Täter zum ersten Mal zugeschlagen hatte. Keine große Überraschung also, dass sie bei der Schießerei erst recht versucht, auf dem Laufenden zu bleiben; zumal es ihre frühere Abteilung ist, in der sie eigentlich gut aufgestellt war.

Michael Connelly - Late Show. Renée Ballards erster Fall

Ein Serienstart mit Potenzial

Mir gefällt dieses Setting sehr gut. Diese Form der Nachtschicht, die praktisch von einer eigenen Einheit übernommen wird, ist für mich neu im Genre. Die Ermittler haben einen ganz eigenen Rhythmus und ganz andere Zuteilungen als ihre Kollegen aus Tagschichten und Bereitschaftsdiensten. Natürlich dreht Connelly an der einen oder anderen Stellschraube, damit sich daraus trotzdem ein vergleichsweise typischer Plot ergeben kann. Ermittlungen trotz Ermahnungen, kleine Umwege auf eigene Faust, mehrere Fälle parallel, Kniffe in der Falldokumentation, höchste Gefahr für den Ermittler, intrigante Spielchen.

Der Rhythmus stimmt einfach. Das Buch umfasst an sich gar nicht so viele Tage. Das Zeitgefühl verschiebt sich aber durch die Abfolge der Fälle, die sich ineinander schieben und abwechseln. Es verfliegt auch, weil Ballard buchstäblich Tag und Nacht unterwegs ist und viel in kurzer Zeit passiert. Und das stimmt für jeden einzelnen Fall, weil jeder davon Stück für Stück weitergedreht wird, gekonnt, ohne jemals zu viel zu verraten oder zu viele Ahnungen zuzulassen. Wer ein Buch sucht zum morgens Loslegen und in einem Rutsch durchlesen, kann hier zugreifen.

Nachdem ich in den letzten Wochen mehr Krimis und Thriller direkt hintereinander gelesen hatte, fällt mir erneut bewusst auf, wie ähnlich strukturiert das Genre funktioniert. Bei einigen Konzepten funktioniert das für einen einzigen Titel sehr gut, als Serie brauche ich sie aber nicht. No Sound ist ein Beispiel dafür. Das Buch war ein toller Leseflow, im Nachhinein fiel mir aber auf, dass es sich damit auch hatte. Bei Late Show ist das anders. Woran liegt das? Ganz habe ich es noch nicht herausgefunden. Die Person der Renée Ballard spielt aber ganz sicher eine Rolle, ebenso wie die Nachtschicht des LAPD. Vielleicht sind die typischen Elemente auch mit einer ganz anderen Selbstverständlichkeit zusammengesetzt. Zu diesem Buch jedenfalls kann ich ganz getrost schreiben: Ich freue mich auf einen Folgeband.

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Bibliografische Daten

Verlag: Kampa
ISBN: 978-3-311-12503-7
Originaltitel: Late Show
Erstveröffentlichung: 2017
Deutsche Erstveröffentlichung: 2019
Übersetzung: Sepp Leeb

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