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Shamini Flint – Inspector Singh investigates: The Singapore School of Villainy

Shamini Flint – Inspector Singh investigates: The Singapore School of Villainy

Shamini Flin - Inspector Singh Investigates: The Singapore School Of VillainyInspector Singh is home – and how he wishes he wasn’t. His wife nags him at breakfast and his superiors are whiling away their time by giving him his usual ‚you’re a disgrace to the force‘ lecture. Fortnately for Singh there is no rest for the wicked when he is called out to the murder of a senior partner at an international law firm, clubbed to death at his desk. Unfortunately for Singh there are no shortage of suspects – from the victim’s fellow partners to his wife and ex-wife – or motives, as many of the lawyers have secrets they would kill to protect. And very soon Singh finds himself heading up an investigation that rips apart the fabric of Singapore society and exposes the rotten core beneath. Perhaps coming home wasn’t such a good idea after all?

Rezension

Singapur ist ein Muster an Sauberkeit und Organisation und man hält große Stücke darauf, dass im Land eine äußerst geringe Kriminalitätsrate herrscht. Eine Stadt wie aus dem Webeprospekt für Expats aus aller Welt, die sich hier den guten Jobs zuliebe sicher und unkompliziert niederlassen können und sollen. Als ausgerechnet ein angesehender Seniorpartner der Anwaltskanzlei Hutchinson & Rice erschlagen am Schreibtisch aufgefunden wird, darf diese schillernde Blase auf keinen Fall platzen, findet Superintendent Chen. Er beauftragt Inspector Singh damit, den Mörder schnell und ohne großes Aufsehen zu finden. Das Image Singapurs darf keinen Kratzer bekommen. Doch das ist einfacher gesagt als getan, denn die Presse bekommt bei so einem aufsehenerregenden Fall in der Stadt sehr schnell Wind davon und setzt zur dramatischen Berichterstattung an.

Die Kanzlei lässt in keiner Hinsicht zu wünschen übrig. Auf der einen Seite bietet Hutchinson & Rice perfekten Service für 400 Dollar pro Stunde und für eine erstklassige Klientel. Auf der anderen Seite bedient die Kanzlei ein komplettes Spektrum an Farcen, sobald der Lack ab ist. Die Partner der Kanzlei, die wegen einer speziellen Schließtechnik als einzige als Täter in Frage kommen, haben alle etwas zu verbergen und Verdächtige gibt es also mehr als genug: Insiderhandel, Drogenmissbrauch, Fremdgehen, Erpressung, Lebensversicherungen, Rache … alles hinter der elitären Fassade der Upperclass unter den Expats. Einzig ein Anwalt sollte hoffentlich mit reiner Weste aus der Angelegenheit hervorgehen: Jagdesh Singh, seines Zeichens ein Verwandter des Inspectors und seiner Frau. Frau Singh soll die Gelegenheit, dass der junge Inder in ihrer Nähe in Singapur ist, nutzen, für ihn eine angemessene Braut zu finden.

Singh darf sich bei diesem Fall über die Begleitung von Corporal Fong ärgern. Nicht, weil Fong sonderlich unfähig wäre. Es ist einfach ein junger Beamter, der wenig Erfahrung hat. Aber Singh ist nun mal am liebsten alleine, würde Dinge gerne komplett nach seinem Gusto regeln und möchte schon gar nicht seine detektivischen Klimmzüge anderen ständig erklären. Fong sieht sich des Öfteren als Kaffeebote degradiert und wundert sich, dass keines der Verhöre von Singh so abläuft, wie er das in der Polizeischule gelernt hat. Trotzdem: Fong hat den Eindruck, dass Singh nicht so ahnungslos im Dunkeln tappt, wie es für die Presse aussieht. Wie er Fong anvertraut, hatte er von Beginn an einen Verdacht. Nur beweisen lässt sich lange nichts, widerlegen aber genauso wenig.

Aus dieser breiten Offensive an Möglichkeiten speist sich die Spannung. Peu à peu deckt Singh die Heimlichkeiten unter den Beteiligten auf und setzt sie damit unter Druck. Während Singh nur darauf wartet, dass eine ganz bestimmte Person reagiert, wartet der Leser ratend auf den finalen Hinweis. Als Motiv lohnt so ziemlich alles, was auf dem Tisch landet. Jedoch: Die Pointe, warum Singh jemand bestimmtes im Auge hatte, erfährt man erst ganz zum Schluss – eine Fährte, die zuvor nicht gelegt worden war. Sie ist raffiniert, denn sie versteckt eine simple, aber wichtige Wahrheit und trotzdem wäre man als Leser nicht auf die Idee gekommen, danach zu fragen.

Zugleich beschreibt Flint, dass die tollen Fassaden in Singapur von innen durchaus faulen können. Singapur lebt von Arbeitenden aus aller Welt und daraus bastelt sich der Stadtstaat eine eigene Klassengesellschaft. Man merkt, dass mancher am liebsten die zweite Ehefrau des Ermordeten, seine ehemalige filipinische Putzfrau, überführen möchte. Die gerne Recht habende Frau Singh erwischen zwischendurch ebenfalls dumme Vorurteile und die Polizei geht sogar so weit, einen der Anwälte nach einer berechtigten Verhaftung wieder frei zu lassen, damit die Stadt keinen Imageschaden erleidet:

„Don’t you think this murder investigation of yours has generated enough bad publicity for Singapore? Now you want to hang some thirty-something white yuppie from an international law firm for drug trafficking? You must be out of your mind!“

Shamini Flint hat mich wieder gepackt mit einer guten Story und einem unterhaltsamen Stil. Wovon sie schreibt, weiß sie genau: Flint lebt in Singapur und hat selbst jahrelang als Anwältin gearbeitet. Die Tücken der lokalen Jurisdiktion kennt sie damit ebenso gut wie zum Beispiel ihr französisches Gegenstück Hannelore Cayre. Wie so oft bei Autoren aus Gebieten, die nicht USA, Großbritannien oder Skandinavien heißen, ist es schade, dass es bei zwei deutschen Übersetzungen geblieben ist, während sich der Schwedenkrimiwelle weiterhin Bahn bricht. Immerhin zwei Bücher stehen mir derzeit auf Englisch noch zur Verfügung.

Bibliografische Angaben

Verlag: Piatkus
ISBN: 978-0-74992-977-0
Erstveröffentlichung: 2010

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