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Shinji Tsuchimochi – 100 views of Tokyo

Shinji Tsuchimochi – 100 views of Tokyo

Shinji Tsuchimochi - 100 views of Tokyo

Was schreibt der Klappentext? Following in the footsteps of ukiyo-e artist Hiroshige, Shinji Tsuchimochi spent 3 years illustrating 100 views of Tokyo (東京下町百景). Each view is a unique work of art, inspired by ukiyo-e. But produced with a modern sense of whimsy and, sometimes, surrealism. It’s a Tokyo that the Edo painters never knew, but one that is now being commemorated in the form of a book. 100 Views of Tokyo is a full-color, 132 page book that not only includes the original Tokyo illustrations but also 5 views of Osaka. And to top it off, the author has also created 3 original guides that are perfect for exploring the Tokyo neighborhoods of Yanesen, Kanda and Asakusa. The bilingual book is in English and Japanese, allowing more people to discover all of Tsuchimochi’s views of Tokyo.

Große Vorfreude auf ein großartiges Projekt

Auf Shinji Tsuchimochi und sein Tokyo-Projekt wurde ich irgendwann über meine Social Media-Timelines aufmerksam. Ich kann nur nicht mehr genau sagen, wie. Facebook? Spoon & Tamago oder ein Link auf Behance? Egal. Ich weiß nur noch Eines: Ich war sofort Feuer und Flamme dafür.

Die Grundidee für das Konzept stammt aus der Edo-Periode. Die Künstler der damaligen Zeit prägten das Bild der japanischen Holzschnittkunst. Was wir heute bei diesem Stichwort im Kopf haben, sind vielfach jene Werke aus dieser Zeit. Einer dieser Künstler, Utagawa Hiroshige, stellte damals mehrere Holzschnittserien her, die bis heute bekannt sind und aus denen berühmte Motive stammen. Dazu zählt unter anderem eine über 50 Drucke umfassende Serie der Tōkai-Straße. Natürlich auch die Serie, die Tsuchimoshis Projekt zu Grunde liegt: „100 berühmte Ansichten von Edo“ (hinter „Edo“ verbirgt sich nichts anderes als das heutige Tokyo). Für Tsuchimochi waren die historischen Motive der Anlass, sich Gedanken über eine moderne Umsetzung der Holzschnitte mit den heutigen Stadtmotiven zu machen.

Historische Vorbilder kommen in die Moderne

Entstanden sind in dieser Tradition „100 views of Tokyo“. Im Wesentlichen befinden sich alle Orte in den zentralen Vierteln der Stadt und damit auf dem ehemaligen Stadtgebiet von Edo und sind im Anhang mit der genauen Adresse aufgelistet. Die Liste gibt außerdem an, welche Orte zum Zeitpunkt des Drucks noch existiert haben und welche nicht (es sind nur ein paar wenige). In einer Stadt, in der immer irgendwo gebaut wird und Gebäude keine allzu lange Lebensdauer haben, ist das eine gute Idee. Zumal Tsuchimochi mit seinen Ansichten nicht nur die Stadt selber zeigen will, sondern auch zum Rundgang einlädt. Für die Regionen Yanesen, Kanda und Asakusa zeichnete er extra Karten, um die Lage seiner Stationen zu zeigen.

Der alte Zedernbaum an der Mikado Bäckerei in Yanaka; Foto: Tokyobling
Der alte Zedernbaum an der Mikado Bäckerei in Yanaka; Foto: Tokyobling

Auf den Wiederkennungswert seiner Grafik kann man bauen. Ein Beispiel dafür ist die Mikado Bäckerei in Yanaka. Das Foto von Tokyobling, einem empfehlenswerten Blog, der Tokyo fotografisch einfängt, zeigt im Vergleich sehr gut, wie präzise Tsuchimochi sich an die Regeln der Holzschnittkünstler hält. Wer sich auf die Suche nach den Motiven macht, wird sie so vorfinden, wie Tsuchimochi sie gezeichnet hat. Wer vom Sofa aus reist, findet Charakter und Atmosphäre all der Plätze in den Bildern wieder.

Shinji Tsuchimochi, Ansichten aus Yanaka und Kanda; aus: A hundred views of Tokyo
Mikado Bäckerei in Yanaka (links) und Eingang des Kanda Myojin Schreins mit dem Laden Amanoya (rechts). Bilder: 100 views of Tokyo / Shinji Tsuchimochi

Poppig, aber präzise

Das Beispiel vom Eingang des Kanda Myojin Schreins zeigt nicht nur, wie präzise Tsuchimochi die Ansichten wiedergibt. Sie zeigen, was mir an den Arbeiten ebenso gut gefällt: Seine Art, die Tradition mit der Moderne zu verknüpfen. Auf der Bank vor dem Laden ruhen sich kleine possierliche Tiere aus. Auf anderen Bildern flanieren kleine Daruma-Figuren über die Straße. Igendwo lümmelt ein alienartiger Oktopus in einer Ecke oder Tanuki hocken mit Hut auf dem Kopf neben einer Klimaanlage. Die Facebookseite von Shinji Tsuchimochi hat nicht umsonst die Kurz-URL „Wasabipop“.

Ein persönlicher Tipp
Wer den Kanda Myojin Schrein besucht, sollte in den kleinen Laden Amanoya gehen, vor dem bei Tsuchimochi so viele Leute stehen. Eine Freundin schwört Stein und Bein, dort gebe es den besten Amasake der Stadt!

„100 views of Tokyo“ passt durchweg zu allen, die sich für Popkultur, Holzschnitte, moderne Kunst und Grafik oder einfach für Tokyo interessieren. Den einzigen kleinen Wermutstropfen finde ich derzeit in der Beschaffung. Wahlweise bekommt man es bei Spoon & Tamago mit wenig attraktiven Versandkosten nach Europa. Oder aber beim Verlag Shikaku und direkt in Läden in Japan. Als Ebook bei Amazon ist es ebenfalls erhältlich (was ich bei einem Bildband ausnahmsweise nicht anrate).

Bibliografische Angaben

Verlag: Shikaku
ISBN: 978-4-90900-468-0
Originaltitel: 東京下町百景
Erstveröffentlichung: 2016


Fotos mit freundlicher Genehmigung von Tokyobling und Wasabipop.

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