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Andreas Neuenkirchen – Gebrauchsanweisung für Japan

Andreas Neuenkirchen – Gebrauchsanweisung für Japan

Andreas Neuenkirchen - Gebrauchsanweisung für Tokio und Japan

Passiert es euch, dass ihr von einem Titel mehr als ein Exemplar daheim habt? Bei mir kam das jahrelang nicht vor. Es gibt inzwischen allerdings zwei Buchtitel, bei denen ich eine Ausnahme mache. Das eine ist Amélie Nothomb (Mit Staunen und Zittern), das andere ist Andreas Neuenkirchen. Und da konkret seine Gebrauchsanweisung für Japan.

Das erste Exemplar kam ins Haus, als sich mein Japan-Aufenthalt ankündigte. Das zweite, als es ernst wurde und die erste vergessen ging und das dritte Exemplar zog ein, als jüngst die dritte und überarbeitete Auflage erschien. Neuenkirchens Gebrauchsanweisung avanciert in meinem Haushalt eindeutig zum Sammelstück und alle drei Exemplare basieren jeweils auf Neuauflagen, die im Abstand von einigen Jahren aktualisiert wurden.

Während sich zwischen der ersten und zweiten Überarbeitung grob nur der Abschnitt zu 3/11 hinzukam, zu jenem März-Tag 2011, als das heftige Tohoku-Erdbeben, der nachfolgende Tsunami und die Katastrophe im Atomkraftwerk Fukushima aufeinandertrafen, passiert mit dem Sprung zur dritten einiges mehr. Und aus der „Gebrauchsanweisung für Japan“ ist eine für „Tokio und Japan“ geworden.

Neue gesellschaftliche Perspektiven

Seit Tokyo Olympia-Stadt geworden ist, hat sich in Sachen Sport in Japan einiges getan. Andreas Neuenkirchen versorgt seine Leser deshalb mit einem lohnenden neuen Kapitel. Über Olympia natürlich, das in diesem Jahrzehnt wohl ebenso starke Bautätigkeiten auslöste wie damals 1964. Aber auch über Sumo (wo Frauen immer noch nicht in den Ring dürfen, nicht einmal dann, wenn sie Erste Hilfe leisten müssen) und über Fußball, wo die Japanerinnen 2011 Weltmeisterinnen wurden (Vize 2015 und Olympiazweite 2012) und der Sport plötzlich etwas populärer wurde.

Was sich gesellschaftlich geändert hat, bildet Neuenkirchen unter anderem in seinem Kapitel über „Innenmenschen, Außenmenschen und Halbwesen“ ab. Immerhin hatte in Japan inzwischen ein Kaiser gekündigt (ein großer Aufruhr im Land) und damit brach eine neue Zeitrechnung an. Und langsam und leise wehren sich erste Stimmen gegen die Stigmatisierungen von gaijin und haafu. Während sich viele gaijin (Ausländer) mit dem Wort langsam anfreunden und es als Eigenbezeichnung benutzen, hofft man eher auf die Eliminierung des haafu, ein Begriff für Kinder mit nur einem japanischen Elternteil. Sind sie also nur halbe (engl. half) Japaner und überhaupt richtige?

Unterhaltsamer Streifzug durch das Land

Die Popkultur tritt inzwischen ein bisschen kürzer, aber da kann man getrost auf Neuenkirchens Buch Kawaii Mania zurückgreifen. Dazwischen aber bleibt die Gebrauchsanweisung für Japan ebenso informativ wie ihre Vorgänger. Das Buch verschafft sehr unterhaltsam den Überlick, wie man Guten Tag sagt und das ultramoderne WC samt klassischer WC-Pantoffeln benutzt. Dass man in Japan bei Sehenswürdigkeiten nie alleine ist und dass genau das für Japaner offenbar mit dazu gehört.

Andreas Neuenkirchen erzählt viele Hinweise nicht im Stil von „so macht man es“, sondern bindet seine Information zu Land und Leuten in Anekdoten ein. Reisen mit Freunden und Abendessen mit der Familie liefern praktisch die Leinwand, auf der Neuenkirchen die Gepflogenheiten nachzeichnet. Kombiniert mit dem wie immer witzigen Stil ist das Buch eine unterhaltsame Möglichkeit, Japan wenigstens ein kleines Stückchen näher zu kommen.

Bibliografische Angaben

Verlag: Piper
ISBN: 978-3-492-27744-0
Erstveröffentlichung: 2020 (dritte, überarbeitete und aktualisierte Ausgabe)

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