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Bleisatz

Literatur, Rezensionen & mehr

Buchkunst mit Edding

Buchkunst mit Edding

Blackout Poetry / Versteckte Verse; Foto: Bettina Schnerr

Versteckte Verse aus alten Büchern zaubern

Vom Wochenende des 11./12. Juni 2016 hatte ich bereits ein wenig in einem vorigen Beitrag berichetet: An diesen zwei Tagen fand das erste LiteraturCamp Heidelberg statt. Initiatorin Susanne Kasper von Literaturschock konnte dafür mehr als 160 Menschen nach Heidelberg holen. Veranstaltungsform: Barcamp. Eine Konferenzart, die ich bisher nur vom Hörensagen kannte. Eine Konferenzart, bei der im Vorfeld keine Redner und keine Themen bekannt sind. Eine Konferenzart, die deshalb auch Un-Konferenz genannt wird. Erst vor Ort entscheidet sich während einer Planungsrunde, welche Vorträge gehalten werden. Jeder darf eine so genannte Session vorschlagen und halten, ein Grund, warum die Teilnehmer nicht Teilnehmer genannt werden, sondern Teilgeber.

Susanne hatte mich gefragt, was ich mir von diesem Barcamp erwartet hatte. Die Antwort blieb ich allerdings schuldig: Ich hatte keinen blassen Schimmer und mir wenig Gedanken dazu gemacht, weil ich bis dato nur durchorganisierte Veranstaltungen kannte. Ich wollte und musste mich überraschen lassen. Was soll ich sagen? Schaut unter dem Hashtag #litcamp16 selbst nach; mehr als 6000 Tweets später konnten die Teilgeber mit ihrer Begeisterung auch die Daheimgebliebenen anstecken.

In Büchern herummalen – yeah!

Ein persönliches Highlight war die Session von Alexandra, bekannt als „A & O“ vom Blog Sitzsätze. Da saß ich samt Kinderschar drin, weil ich nicht nur dank der angebotenen Kinderbetreuung überhaupt nach Heidelberg kommen konnte, sondern auch, weil Alexandras Session-Angebot absolut alterslos ist: Versteckte Verse.

Statt Powerpoint-Folien brachte Alexandra eine Schüssel Edding-Stifte mit, einen dicken Stapel ausgerissene Buchseiten, Musterblätter aus der eigenen Produktion und ein paar Buntstifte. Sie erzählte, wie sie erstmals bei Pinterest auf die so genannte blackout poetry gestoßen war (siehe zum Beispiel dieses Board). Diese Kunstform funktioniert im ersten Schritt denkbar einfach: Man übermalt alle Wörter auf einer Buchseite so lange, bis nur noch diejenigen übrig bleiben, die eine neue Aussage bilden. Aus übermalten Buchseiten können auch neue Bücher werden: Sie stellte kurz Dirk Bathen mit seinen Blackout Poetry-Büchern vor (Bathen betreibt dazu auch die eigene Facebookseite Blackout — neuer Sinn mit alten Wörtern).

Roger sprang auf,
hat die rechten Worte gefunden,
Grund geregelt,
Einzelheiten beschäftigt,
aber Felle befürchtet.

Die deutsche Fassung taufte Alexandra kurzerhand in „Versteckte Verse“ um (unter dem Hashtag #verstvers bei Twitter und auf Instagram schnell zu finden). Mir fiel ein Buch von Christopher Morley in die Hand, das noch vor Ort mit Edding bearbeitet wurde (Das Haus der vergessenen Bücher, vermutlich). Kleine Warnung von Alexandra: Schaut genau, welche Wörter ihr braucht und markiert sie eventuell mit Bleistift, bevor ihr rabiat werdet. Ist ein Wort erst mal gestrichen, ist es für immer weg. Das vorherige Markieren mit Bleistift kann ratsam sein.

Das Geschäft mit Büchern
entbehrt nicht
Gefahr und Störungen.

Es klingt verflixt einfach, aber der Saal war erst einmal still. Denken, überlegen, suchen, neu formulieren … und wenn es nicht klappt, die andere Seite probelesen. Die Ergebnisse waren von minimalistisch bis bunt, wirr bis geradlinig, mit Schmetterling und Sternen. Mal waren die Texte kreative Nonsense-Poesie, mal ergaben sich sinnvollere Texte und kleine Aphorismen. Egal wie, am Ende gingen alle Teilnehmer mit einem dekorativen, neuen Stück Literatur aus dem Saal — viele davon, um daheim gleich die nächsten anzufangen. Versteckte Verse sind ansteckend. Bei uns sind derzeit zwei Bücher parallel in Arbeit; ihnen wird mit Filzstift, Buntstift und demnächst auch mit Stempeln, Acryl- und Wasserfarbe zu Leibe gerückt.

Session Blackout Poetry / Versteckte Verse; Fotos: Valentin Bachem

Die Weltherrschaft der versteckten Verse steht bevor!


Fotos (v.o.n.u.): Bettina Schnerr; Valentin Bachem

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