Die Buchbranche ist ein höllisches Geschäft. Vor allem für hypochondrische Krimibuchhändler, die ihre Läden neben Detektivbüros haben und auch gerne mal einen Fall für deren verschwundene Besitzer übernehmen. Das kann nämlich schnell nach hinten losgehen, und schon wird der Bücherwurm in ein paar handfeste Mordfälle verwickelt.
Rezension
Bücher sind kostbare Gegenstände, und man kann sie nicht einfach aus dem Regal pflücken wie Dosenerbsen im Supermarkt.
Im Belfaster Krimibuchladen „Kein Alibi“ häufen sich allerdings seltsamerweise just jene Kunden, die irgendwas aus dem Regal ziehen, keine Klappentexte lesen und auch sonst merkwürdig desinteressiert an Krimis scheinen. Der Buchhändler weiß auch warum: Seit der benachbarte Privatdetektiv Malcolm Carlyle verschwunden ist, suchen die Menschen bei ihm Hilfe. Wenn der Detektiv nicht mehr da ist, dann kann in ihren Augen sicher der Mann aushelfen, der beruflich auch eine Menge mit Detektiven zu tun hat. Eines Tages traut sich der erste Hilfesuchende, den Buchhändler anzusprechen: Die Lederhose seiner Frau ist aus der Reinigung verschwunden. Mit vergleichsweise wenig Aufwand kann er die Hose tatsächlich auftreiben, das Honorar einstreichen und lässt sich auf weitere Ermittlungen ein.
Ein paar Steine liegen dem Neudetektiv allerdings im Weg: Aus dem Haus gehen mag er nicht, Leute mag er eigentlich auch nicht und sich selbst hält er zudem für den Klügsten ohnehin. Er hat viel vom hochneurotischen TV-Ermittler Monk, der schon mit zahlreichen Phobien auffiel. Die einzige Frau, für die er sich interessiert, arbeitet im Laden gegenüber und wird von ihm richtiggehend verfolgt, samt Kameraüberwachung. Daher weiß er eine ganze Menge über die angebetete Alison, die er eines Tages auf einer Literaturveranstaltung bei ihm endlich persönlich kennen lernen darf. Sie ist ein wenig zu tatkräftig für seinen Geschmack, denn sie mischt sich in „seine“ Fälle ein und erteilt Ratschläge … ausgerechnet ihm, der selbstredend keine Hilfe benötigt und schlau genug für jeden Gegener ist. Die Hilfe wird allerdings wertvoll, als die ersten Toten auftauchen und das Ermittlergespann schließlich selbst vor einer Leiche steht. Einer der Fälle, die von Carlyle übernommen wurden, ist offenbar brenzliger als gedacht.
Das Buch lebt maßgeblich von zwei Dingen: Zum Einen von dem gegensätzlichen Duo aus Buchhändler und Alison. Zum Anderen von der absolut buchverrückten Atmosphäre. Der Erzähler teilt seine Klientel hübsch in Kategorien ein und würde glatt dem einen oder anderen den Verkauf eines Krimis von Robert B. Parker verweigern. Ein Agatha Christie-Roman zeugt klar von persönlichen Problemen des Käufers, denn davon sei schon seit Jahren nichts mehr über den Ladentisch gegangen, Grisham-Romane werden nur empfohlen, wenn man geistig zurückgeblieben ist und Patterson führt der Laden gleich gar nicht. Dafür darf Erskine Childers herhalten, wenn während eines Telefonats dringend ein unauffälliges Pseudonym her muss. Der Vertreter der Behörden, Detective Robinson, schätzt Krimis sehr und entpuppt sich als Sammler. Und nicht zuletzt ist einer der Fälle mit einem Verleger und seinem Verlagsprogramm verknüpft.
Gespickt mit schrägem bis schwarzen Humor mischt Bateman das Genre kräftig auf und lässt mich am Ende überrascht erkennen: Die Mischung funktionierte tatsächlich unterhaltsame 430 Seiten lang.
Bibliografische Angaben
Verlag: Heyne
ISBN: 978-3-453435353
Originaltitel: Mystery Man: Murder, mayhem and damn sexy trousers
Erstveröffentlichung: 2009
Deutsche Erstveröffentlichung: 2011
Übersetzung: Alexander Wagner