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Pepetela – Jaime Bunda, Geheimagent

Pepetela – Jaime Bunda, Geheimagent

Seit fast zwei Jahren schon ist Jaime Bunda Mitglied der Geheimpolizei. Er verdient gutes Geld, aber zu seinem Leidwesen nicht mit Ermittlungen, sondern als Praktikant. Bunda gehört zwar dem Namen nach zu einer einflussreichen Familie. Aber seinem direkten Vorgesetzten Chiquinho Vieira schmeckt es nicht, dass Bunda von einem Verwandten, dem operativen Direktor, ohne Formalitäten in die Behörde eingeschleust wurde. Das einzige, was Vieira dem unerwünschten Mitarbeiter zuweist, ist also ein Stuhl. Ohne Diensthandy, ohne Dienstwagen.

Pepetela - Jaime Bunda, Geheimagent

Umso erstaunter sind Bunda und seine Kollegen, als Vieira den Praktikanten wegen des Mordes an einem jungen Mädchen zu sich bestellt und ihn damit beauftragt, den Fall zu lösen.

Jaime Bunda tut genau das, was man ihm in der Behörde, dem so genannten „Bunker“, zutraut: Er macht Fehler. Bunda ist mit Kriminalromanen groß geworden, vorzugsweise amerikanischen, und versucht sich an den Methoden der großen Ermittler. In Inspektor Kinanga findet er einen passenden Gegenüber. Bunda tritt diesem Ermittler kraft seiner neuen Autoriät ein wenig auf die Füße und fordert bessere Nachforschungen ein, genießt ansonsten aber lieber den Whisky in dessen Büro und den Austausch über Krimiautoren. Dass Bunda tatsächlich einen Anhaltspunkt für eigene Ermittlungen findet, ist eher dem Zufall geschuldet. Aber dafür stürzt er sich umso hartnäckiger in „seinen“ Fall, der ihn seinem beruflichen Traum näher bringt.

Aus Bunda wird ein „Bond“

Pepetela unterteilt die Geschichte in vier Bücher, eines für jeden Erzähler, der diese Geschichte erzählt. Hin und wieder schaltet sich Pepetela deren Auftraggeber ein und lässt sich über deren Stil und Ausschweifungen aus. So gelingt eine durchgehende Story, die zweierlei erlaubt: Der Leser überblickt einiges mehr als der Geheimagent selbst und ahnt freilich doch nicht alles.

Jaime Bunda geht Schritt für Schritt, erkennt keine Zusammenhänge, rätselt und bekommt sogar mit seinem Arbeitgeber Ärger. Dass er überhaupt ermittelt, ist bereits eine Überraschung. Dass er irgendjemandem ernsthaft auf die Pelle rückt, erschreckt den Chef zutiefst. Bundas Verdächtiger hat etwas zu verbergen, aber den Mord hat er nicht zu verantworten.

Pepetela, das Pseudonym des ehemaligen angolanischen Vizeministers für Bildung, Artur Carlos Maurício Pestana dos Santos, nutzt das Erzählmittel des Krimis, um über verschiedene Gesellschaftsschichten erzählen zu können. Jaime Bunda hat zwar einen bedeutenden Namen, gehört aber zu einem Familienzweig, der an Bedeutung verloren hat. Er lebt in einem kleinen Gartenhäuschen, das die Tante lieber gegen Geld vermietet hätte, als einem abgehalfterten Verwandten kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Die Mutter lebt in einer kleinen Hütte, umgeben von Straßen voller Schlaglöcher. Dagegen wandeln Vorgesetzte und sein Verdächtiger auf Diplomatenempfängen, fahren Limousinen mit abgedunkelten Scheiben und leisten sich während der Dienstzeit Badeausflüge ans Meer.

Ein anderer Vorteil des Krimis ist das Eintauchen in die Lebenssituation von Immigranten. Sie sind in Angola nicht unbedingt gut gelitten und eine der Figuren, Said, kann wegen korrupter Strukturen leicht übers Ohr gehauen werden.

Ein unterschätzter Praktikant

Jaime Bunda wird einen Fall lösen, wenn auch nicht den, zu dem er den Auftrag hatte und auch nicht so perfekt, wie er es aus seinen Krimis gewohnt ist. Aber sein Erfolg ist zumindest gut für eine bessere berufliche Situation und mehr Ansehen. Vor allem bei seiner Tante, die ihn inzwischen freundlicher grüßt.

Pepetela zeigt ein Luanda, in dem man sich einiges erlauben kann, wenn man der richtigen Familie angehört, während die Bürger viel improvisieren und von schlecht bezahlten Polizisten ausgenommen werden. Beides läuft oft eng nebeneinander ab, wie Bundas eigene Familie zeigt. Während Bunda beruflich in der regierungstreuen Geheimpolizei einen Schritt nach oben kommt, wird Jaimes jüngerer Bruder künftig für eine Zeitung der Opposition schreiben und die Missstände anprangern, die bei den Beamten des Bunkers geduldet werden. Alleine wegen der Einblicke in das Land ist das Buch schon einen Griff wert. Die Karikatur Jaime Bunda ist es allemal.

Bibliografische Angaben

Verlag: Unionsverlag
ISBN: 978-3-293-20354-9
Originaltitel: Jaime Bunda, agente secreto
Erstveröffentlichung: 2001
Deutsche Erstveröffentlichung: 2006
Übersetzung: Barbara Mesquita

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