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Aiga Rasch und das „Geheimnis im Turm“

Aiga Rasch und das „Geheimnis im Turm“

Was wird Kult und was verschwindet wieder aus dem Regalen? Oft entscheiden Kleinigkeiten darüber, welche Geschichten die Jahrzehnte überdauern. Drei Jungen in ewig andauernden Sommerferien haben es geschafft: Justus, Peter und Bob, besser bekannt als die drei ??? aus Rocky Beach.

Übersetzt wurde die erfolgreiche Geschichte in viele Sprachen, aber in keinem Markt erreichten die drei ??? jenen Kultfaktor, den sie in Deutschland bis heute haben. Als die Serie in den USA eingestellt wurde, sorgte Kosmos dafür, in Deutschland weitermachen zu dürfen und sie hatten bekanntermaßen den richtigen Riecher. Inzwischen gibt es über 200 Bücher und Hörspielfolgen und die Live-Auftritte mit den Originalsprechern sind über Monate hinweg ausverkauft. An „Detektiv-Rente“ ist nicht zu denken.

Die drei ??? und der magische Kreis: Fünf der insgesamt 19 „Briefmarken“ und zumindest zwei der damals fünf Titelvorschläge von Aiga Rasch.

„Das Geheimnis“ der Aiga Rasch

Als der US-Amerikaner Robert Arthur in den 1960er anfing, eine Krimiserie für Jugendliche zu entwickeln, war der Kultfaktor jedenfalls nicht abzusehen. Genausowenig wie für den Kosmos Verlag, der 1968 die zugehörige deutsche Serie startete. Aus „Alfred Hitchcock and The Three Investigators“ mit „The Secret of Terror Castle“ wurde „Die drei ??? und das Gespensterschloss“.

Einen Grund für den großen Erfolg der Kosmos-Bücher hat ganz sicher die einzigartige Covergestaltung. Und die übernahm nach zwei Ausgaben bereits die Stuttgarterin Aiga Rasch, die seit 1962 zum Illustratorenteam von Kosmos gehörte. Die ersten Ausgaben gestaltete ein anderer, doch trotz des großen Namens von Alfred Hitchcock auf dem Titel blieb die Reihe hinter den Erwartungen des Verlags zurück. 1969 schlug Rasch eigeninitiativ ihr markantes Design vor uns stieß zunächst auf Skepsis (nicht zuletzt, weil sie als Frau ein Jungenbuch illustrieren wollte). Die Grafikerin bot sogar an, auf ihr Honorar zu verzichten, sollte ihre Idee nicht funktionieren. Doch so weit -wir wissen es heute- kam es glücklicherweise nicht.

Nicht jeder abgelehnte Entwurf war verloren: Ein Bild, das für den „tanzenden Teufel“ vorgeschlagen worden war, wurde später für den „Höhlenmensch“ übernommen.

Die innovativste Sparte der Illustration ist seit der Moderne die im Kinderbuch und Bilderbuch. Gerade Kinder schauen sich Bilderbücher genau an und machen keines leichtfertig zu ihrem Lieblingsbuch.

Dr. Andrea Wolter-Abele, Ausstellung Wunderwelt — Illustrationen in Kinderbüchern

Ein geniales Konzept

Raschs Schlüssel zum Erfolg war das neuartige Layout der Cover: Ein schwarzer Einband mit einer quadratischen, sehr plakativen Illustration und den drei leuchtenden Fragezeichen darauf. Und niemals mit Justus, Peter oder Bob im Bild — darauf bestand die Grafikerin, um der Fantasie der Kinder nichts vorweg zu nehmen. Von 1962 bis 1999 entwarf Rasch für den Franckh-Kosmos Verlag die Cover für insgesamt 88 (reguläre) Folgen der Serie „Die drei ???“.

Wirkt das Bild als Cover? Mit schwarzen Kartonrahmen und weißer Schrift auf Folie (erst später am Computer) testete Aiga Rasch die Wirkung ihrer Bilder.

Zu jedem Cover gehörte eine Vielzahl von Vorarbeiten. Für die Entwürfe testete Rasch zum Beispiel unterschiedliche Farbkombinationen für ein und dasselbe Motiv. Sie entwarf pro Titel mehrere Vorschläge, aus denen der Verlag wählte. Bis zu 20 so genannte Briefmarken entwickelte sie pro Buch. Erst nach dem Entscheid entstand die eigentliche Reinzeichnung.

Nicht zuletzt machte Rasch sogar Titelvorschläge: Da sie immer auch die Manuskripte vorliegen hatte, änderte sie manchmal die Buchtitel und passte die Covermotive entsprechend an. „Der unsichtbare Hund“ (wie es richtig übersetzt hätte heißen sollen) wurde auf ihren Vorschlag hin zum „Karpatenhund“ und auch für „Der magische Kreis“ entwickelte sie vier weitere Titelvorschläge.

Acht Entwürfe für Fall 58, von denen letztlich keiner übernommen wurde. Wie hieß die Folge tatsächlich, als sie herauskam?

Wunderbar zeitlose Grafik

Das Design wurde im Lauf der Jahre aus gutem Grund kaum variiert. Das bunte Motiv läuft heute bis zur rechten und unteren Buchkante aus, behält aber erkennbar einen schwarzen Rahmen und die charakteristische Titeldarstellung. Seit Fall 89 gestaltet Silvia Christoph die Bilder. Vielleicht nicht ganz so poppig, aber nah genug an Aiga Raschs Arbeit, sodass die Serienkonzeption als Ganzes funktioniert.

Der Vergleich mit „typischen“ Kinderbuchcovern zeigt, dass das grafische Konzept neben seinem ikonischen Stil noch einen weiteren Vorteil mitbringt: Aiga Raschs Entwürfe funktionieren sehr zeitlos. Ausgaben anderer Länder zeigen Cover mit Kindern, die viel stärker „Kinder ihrer Zeit“ sind. Und damit wohl auch anfälliger für den Austausch gegen „modernere“ Werke. Gegen diese bestehen Justus, Peter und Bob immer noch und werden es wohl auch noch eine ganze Weile.

Zum Vergleich: Einige Cover von Übersetzungen aus aller Welt

Eine Ausstellung im Konstanzer Turm zur Katz zeigt alle von Aiga Rasch (*1941 – +2009) gestalteten Originalentwürfe für „Die drei ???“. Dazu kommen weitere illustratorische Arbeiten aus ihrem Nachlass. Ein kleiner Ausschnitt nur aus fast 600 Buchcovern und über 5000 Innenillustrationen, dafür aber der wohl mit Abstand bekannteste.
Hinweis: Derzeit hängen die Bilder alleine im Museum: Der sich ausbreitende Corona-Virus und die damit verbundenen Schließungen machte den Veranstaltern nach den ersten vier Wochen einen Strich durch die Rechnung. Dieser Blogbeitrag ist also nicht nur „B. unterwegs“, sondern auch „virtuelles Museum“.

Nachtrag vom 27.4.2020:
Die Ausstellung wird bis zum 19.7.2020 verlängert!


Fotos: Bettina Schnerr

8 comments

  1. Vielen Dank. Als damit aufgewachsener habe ich die Cover der Bücher und Kasetten unendlich lange studiert.

    1. Bettina Schnerr says:

      Vielen Dank 🙂

      Da die Ausstellung durch verschiedene Städte wandert, hoffe ich natürlich, dass sie im Lauf der Zeit ordentlich herumkommt und möglichst viele Fans erreicht.

  2. Danke für diesen tollen Beitrag — die Ausstellung hätte ich mir als großer Freund der „Drei ???“ auch sehr gerne angeschaut. Daraus wird wahrscheinlich leider nichts, aber immerhin konnte ich virtuell daran teilhaben. 🙂

    1. Bettina Schnerr says:

      Das hat zur Zeit schon einen kleine Wert, das stimmt. Mir geht es mit einigen anderen Ausstellungen ebenso. Just zur gleichen Zeit gibt es in Zürich eine Ausstellung zu einem anderen Illustrator, die ich nicht mehr rechtzeitig sehen konnte.

      Vielleicht hast du aber doch ein andermal Glück: Soweit ich weiß, wird diese Ausstellung auch in anderen Städten gezeigt. In Bietigheim-Bissingen oder Koblenz war sie unter anderem schon. Es wäre schön, wenn Konstanz verlängern kann oder aber neue Ausstellungsorte in deiner Nähe dazu kommen. In diesem Artikel steht, dass es noch viele Anfragen aus anderen Städten gibt
      -> https://www.goettinger-tageblatt.de/Nachrichten/Kultur/Weltweit/Die-drei-Sonderausstellung-zur-Kultserie-wandert-durch-weitere-Staedte

  3. Hallo Bettina,

    Folge 58 muss ich wohl nochmal nachhören, ich hatte nur gestreifte Jalousien in Erinnerung.
    Das mit der Ausnahme das könnte natürlich gut sein.
    Vielen Dank für Deine Antwort, herzlichst
    Eva

    1. Bettina Schnerr says:

      Ich höre bereits – du hast mir mit deiner Nachfrage gleich das Nachmittagsprogramm gestaltet 😉 Die Zeit ist ja gerade da.

  4. Sehr interessanter Beitrag – vielen Dank von einer langjährigen Drei???-Hörerin (gelesen habe ich – offen gestanden – nur ein einziges Buch)
    Folge 58 hieß dann „…und der verrückte Maler“ – so weit ich mich erinnere ist das Bild, um das es hier geht doch gar nicht gelb? (im Gegensatz zu den Bildern in der schönen Folge „Das Auge des Drachen“)
    Zu den Detektiven auf dem Cover: Waren sie nicht auf dem der Originalmusik (die natürlich nicht als Buch erschien…)? Und war nicht zumindest Justus auf dem Cover von Folge 28 „Der Doppelgänger“?
    Wie dem auch sei – wirklich ganz tolles, zeitloses Layout.
    Bin heute zum ersten mal hier auf dem Blog, werde mich aber gleich weiter umsehen!

    Beste Grüße
    Eva

    1. Bettina Schnerr says:

      Hallo Eva,

      vielen Dank, dass du so ausführlich über den Text geschrieben hast.
      Folge 58 war tatsächlich der verrückte Maler, im Original „The Insane Painter“. Und das scheußliche gelbe Bild hängt zunächst bei Familie Jonas‘ an der Wand über dem Sofa, erzürnt Tante Mathilda, wird deshalb in den Schuppen geräumt und prompt gibt’s dort einen Einbruchsversuch und zugleich einen willigen Käufer für das Stück.

      Zu den Covern: Mit dem Doppelgänger hast du Recht, da war ein doppeltes Portrait drauf! Die Ausstellung betonte, dass Rasch die Jungen nie auf dem Cover wollte (um die Imagination der Kinder nicht zu beeinflussen), sodass ich an dieses Bild nicht mehr gedacht habe. Vielleicht war das eine Ausnahme, die sie auf Grund der ziemlich eindeutigen Handlung zuließ?

      Viele Spaß beim Umsehen und herzlichst,
      Bettina

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