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Louise Penny – Hinter den drei Kiefern

Louise Penny – Hinter den drei Kiefern

Armand Gamache, Chief Superintendent der Sûreté du Québec, zieht sich am liebsten in sein Haus in Three Pines zurück. Eine Stunde Fahrt von Montréal entfernt, ist das Dorf ganz passabel zum Pendeln nach einem Arbeitstag oder einer Arbeitswoche. Die Grenze zum US-amerikanischen Vermont liegt praktisch in Rufweite und das Kaff gilt somit als total abgelegen. Natürlich ist alles Notwendige vorhanden, Bäckerei, Buchhandlung, Café, und die Dorfbewohner sind dezent schrullig. Da muss einfach eine „verrückte alte Dichterin“ hin und eine Künstlerin, deren Bilder immer unfertig aussehen.

Es klingt ein wenig nach der kanadischen Version eines Cozy Crime, den Louise Penny da geschrieben hatte — dachte ich jedenfalls. Zunächst taucht in Three Pines eine schwarz gekleidete und maskierte Gestalt auf. Sie steht wortlos auf dem Dorfanger und starrt auf die Häuser. Den Einwohnern ist das natürlich unangenehm, doch eine Straftat ist das Herumstehen letztlich nicht. Es dauert allerdings nicht lange, bis eine Leiche im Dorf aufgefunden wird und sich alle Ermittlungen auf die Gestalt und ihr rätselhaftes Ziel konzentrieren.

Ein Kaff mit Geschichte

Hier kratzt Penny zum ersten Mal am idyllischen Ambiente, denn sie wechselt von Beginn an zwischen dem Geschehen im Dorf und einem Gerichtsprozess, den das Auftauchen der Figur einige Monate später nach sich ziehen wird. Einige Anspielungen machen deutlich, dass es keine einfache Anklage gibt. Louise Penny lässt uns sogar über 400 Seiten zappeln, bis sie den Namen der Person auf der Anklagebank nennt. Das ist ein Aufbau, der die Facetten des Falls geschickt zusammensetzt und trotzdem bis zum Ende nur Bausteinchen freigibt.

Ein Dorf, das so nah an der Grenze zu den USA liegt, hat natürlich eine gewisse Vorgeschichte aus der Zeit der Prohibition. Sobald Penny mit ihrem Kernthema herausrückt, wird auch das Muster klar, warum so ein winziges Dorf interessant für das organisierte Verbrechen ist. Die Konstellation ist glaubwürdig und riecht keinen Millimeter nach willkürlicher Konstruktion.

„Haben Sie ein reines Gewissen?“

Sehr interessant ist diese schwarz gekleidete, maskierte Figur, die sich in Three Pines zeigt. Mit ihr bezieht sich Louise Penny auf eine spanische Inkassotechnik, bei der sich die Schuldeneintreiber ebenfalls nur still in der Nähe einer fehlbaren Person zeigen, um sie zum Zahlen zu bewegen. Die Frage in Three Pines ist nun: Wer hat hier eine so große Schuld auf sich geladen und welche?

Ist es Zufall oder treffe nur ich gerade auf Buchtitel, die sich gehäuft und vor allem gut mit Themen wie Schuld, Gewissen und Reue befassen? Ich hatte schnell Safe auf dem Radar oder Die Maske und auch Stuart Turton spricht das Thema gegen Ende deutlich an. Bei Louise Penny existiert freilich der eine große Schuldige, doch die schwarze Gestalt löst auch bei anderen bisweilen ausführliche Selbstreflekexion aus. Das ist eine zusätzliche Ebene in der Geschichte, die ich sehr spannend und aufschlussreich finde.

Zum Schluss ein kleiner Funfact: Mir war gar nicht klar, wie beliebt die Gamache-Krimis in Kanada sind. Wer ein wenig sucht, findet schnell Websites, die in der „Gamache-Region“ Touren anbieten oder die Inspirationsquellen für die Bücher auflisten. Wer nicht selbst vor Ort sein will oder kann, findet im Netz also ausreichend Anlaufstellen für weitergehende regionale Infos. Und beim Verlag die Sicherheit, dass die Serie Stück für Stück ins Deutsche geholt wird.

Bibliografische Daten

Verlag: Kampa
ISBN: 978-3-311-12002-5
Originaltitel: Glass Houses
Erstveröffentlichung: 2017
Deutsche Erstveröffentlichung: 2018
Übersetzung: Andrea Stumpf, Gabriele Werbeck

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