Only the most powerful of warriors possesses the kiai, the spirit cry that can kill a man with a scream… Sent into virtual exile to investigate a murder in Miyako, the Imperial City fifteen days‘ journey from the shogun’s court, Sano undertakes a desperate search for a killer whose method is as terrifying as it is elusive.
Rezension
Juli 1691: Sano Ichirô arbeitet als Sôsakan-sama, Ermittlungsbeamter, für den Shogun Tokugawa Tsunayoshi in Edo, dem damaligen Tokyo. Seine aktuelle Aufgabe, den Kopf einer Gangsterbande festzunehmen, misslingt. Mit Hilfe einer Hinterlist gelingt es dem eifersüchtigen Kämmerer Yanagisawa nämlich, die Verhaftung selbst vorzunehmen, das Lob einzuheimsen und Sano kräftig in Misskredit zu bringen.
Als in der alten Hauptstadt Kyoto, damals Miyako, ein geheimnisvoller Mord passiert, schickt der Shogun Sano los. Damit erhält dieser die Möglichkeit, seinen Fehler auszubügeln. Einer der beiden wichtigsten Minister des Kaisers starb unter mysteriösen Umständen: So, wie es aussieht, wurde er durch einen Schrei getötet, den so genannten Kiai. Eine Methode, die längst als Vergangenheit gilt und schon halb im Reich der Fantasie verortet wird. Sano wird, als er diese Lösung erwähnt, schnell für naiv gehalten. Aber das ist nicht das große Problem. Je mehr er sich mit dem Fall befasst, umso merkwürdiger wirkt er; es gibt Lücken.
Die Ermittlungen in Miyako sind in zweierlei Hinsicht spannend: Zum Einen natürlich durch den Fall an sich, der zunächst immer stärker verwirrt, je mehr Sano recherchiert. Die Unterlagen, die er zur Einarbeitung bekommen hat, geben nicht über alles Notwendige Auskunft. Zum Anderen durch die regelmäßigen Einblicke in die Traditionen und Gepflogenheiten der damaligen, extrem hierarchisch gegliederten, japanischen Gesellschaft. Gehorsam und Loyalität spielen eine sehr große Rolle, jede Gesellschaftsklasse ist Kleidungsregeln unterworfen und die harten Regeln scheinen in manche Menschen geradewegs dazu herauszufordern, rücksichtslos nach einer Verbesserung der Position zu streben.
Eine ganz besondere Position hat der Kaiser, der als Gottkaiser verehrt wird und zur Wahrung dieser Reinheit zum Beispiel nie den Palast verlässt oder nur dann gewaschen werden darf, wenn er schläft. Ausgerechnet der junge Kaiser aber gehört zu den vier Verdächtigen, gemeinsam mit seiner Mutter Lady Jokyôden, seiner Frau Lady Asagao und seinem Cousin Prinz Momozono. Eine Anklage gegen ein Mitglied der kaiserlichen Familie ist nicht nur ein extrem heikles Terrain, diese Vier sind Sano gegenüber noch nicht einmal zur Zusammenarbeit verpflichtet. Obendrein würde die Dienerschaft jedem ohne zu Zögern jedes Alibi verschaffen, das gewünscht wird. Nicht umsonst wünscht sich Sano, auch Verdächtige außerhalb dieses Zirkels zu finden, aber die Spuren führen wieder und wieder hinter die Palastmauern.
Obwohl die gesellschaftlichen Regeln anderes erwarten, beteiligt sich Sanos Ehefrau Reiko an den Ermittlungen. Es war unter den Umständen schon nicht einfach, sie überhaupt nach Miyako zu bringen. Wer reisen möchte, braucht eine Reiseerlaubnis und einen triftigen Grund. Ehefrauen begleiten ihre Männer zudem normalerweise sowieso nicht auf Reisen. Sich innerhalb der fremden Stadt zu bewegen, ist für Reiko zusätzlich erschwert. Trotzdem schafft sie es, mit Höflichkeitsbesuchen im Palast einige Informationen zu bekommen. Die clevere Reiko hat mit ihrer Ehe viel Glück, denn sie ist relativ vielseitig erzogen worden und kann -sehr ungewöhnlich- mit Schwertern umgehen. Auch die normalerweise ebenfalls streng hierarchisch geordnete Ehe ist bei den Sanos zu Gunsten Reikos ein wenig aufgeweicht. Inwieweit die Figur Reiko für die moderne Leserin geschrieben ist oder tatsächlich Realität gewesen sein kann, geht für Laien in japanischer Geschichte schwer hervor; es gibt allerdings Querverweise zum Palast, wo Lady Jokyôden eine ebenfalls ungewöhnlich mächtige Figur ist und denkbar ist, dass das von einer vergleichbaren Position auch historisch belegt ist.
Die englische Wikipedia mutmaßt, dass in der Figur des Sano Ichirô (vermutlich 佐野一郎) eine Hommage an Murayama Ichiro, einen japanischen Krimischriftsteller, versteckt sein könnte. Beide teilen sich den Vornamen Ichirô und Murayama benutzte zudem das Pseudonym Sano Yo, das den Familiennamen für Rowlands Ermittler geliefert haben könnte (Rowland schreibt den Namen Sano Ichirô gemäß der japanischen Tradition, also den Familiennamen zuerst).
Laura Joh Rowland liefert einen sehr gut recherchierten und flüssig geschriebenen historischen Krimi, den man auch ohne Kenntnis der vorigen Fälle lesen kann. Die vielen Fallstricke, die Ichirô in den Weg geworfen werden, machen den Fall komplex, aber spannend, interessante Einblicke in die japanische Geschichte inklusive.
Bibliografische Angaben
Verlag: St. Martins Press
ISBN: 0312974485
Erstveröffentlichung: 2000
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