Lisa Sandlin – Ein Job für Delpha

von Bettina Schnerr
2 Minuten Lesezeit
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Vierzehn Jahre Knast. So lange musste Delpha Wade sitzen, weil sie sich gegen zwei Vergewaltiger, Vater und Sohn, gewehrt hat. Jetzt ist sie gerade mal zweiunddreißig und beginnt von vorne. Ihr Bewährungshelfer verschafft ihr einen Sekretariatsjob — eben den „Job für Delpha“ — in der frisch gegründeten Detektei von Tom Phelan und mit viel Glück ergattert sie ein möbliertes Zimmer, weil sie sich um die bettlägerige Mutter der Vermieterin kümmert.

Es gibt wenige im texanischen Beaumont, die Delpha halbwegs unbefangen begegnen. Dabei hat sie just bei Phelan und den Polizisten, die ihren alten Fall kennen, durchaus einen Stein im Brett. Sie habe die Welt ein wenig besser gemacht, sagen sie, denn Delpha brachte den Sohn in Notwehr um. Dass Vater und Sohn auch sonst unangenehme Bewohner von Beaumont waren, liegt auf der Hand.

Das Brain hinter den Kulissen

Phelan knöpft sich Nachbarschaftsstreitereien vor, Familienkämpfe, bei denen Beinprothesen als Pfand gehandelt werden und eifersüchtige Ehefrauen. Delpha nutzt derweil ihre Lehrgänge, die sie im Knast absolviert hatte: Werbebriefe schreiben, Ablage und Kassenbuch. Auch privat fasst sie langsam wieder Fuß. Die Leute im Wohnheim schätzen ihre Gesellschaft und aus einer Zufallsbekanntschaft entwickelt sich eine Affäre mit einem Collegestudenten. Ganz unerwartet wird die Freiheit zu einem Strom aus positiven Neuerungen.

Es war nicht lange her, da wollte sie Zimmer 221 im New Rosemont Hotel sein. Jetzt sah sie den lebendigen Ozean, hörte ihn, roch ihn, und wusste, dass sie nicht mehr so leicht in das Zimmer passen würde.

In der Detektei entwickelt sich Delpha zum Kopf der Ermittlungen. Die macht zwar immer noch Tom Phelan, gewissenhaft und gut. Aber in puncto Menschenkenntnis ist ihm Delpha voraus. Sie ahnt, wer aus welchen Gründen falsch spielen könnte und sie ahnt, welchen Ton man anschlagen sollte. Die Jahre im Knast haben sie hart gemacht, aber auch pragmatisch und klarsichtig über menschliche Schwächen und Antriebe.

Kleinstadtflair mit Tücken

Erst nach gut der Hälfte des Buchs verdichten sich die bis dahin vergleichsweise ruhigen Episoden aus Beaumont zum eigentlichen Kriminalfall. Als herausstellt, dass ein Kontakt gar nicht der ist, als der er sich ausgibt, kommen größere Sachen ins Rollen. Für die Gerechtigkeit ziehen plötzlich mehrere Leute auf überraschende Weise an einem Strang. Es ist großartig, wie Sandlin die Figuren frisch zusammensetzt und das Geschehen aus einer anderen Perspektive zeigt. Wie in jedem guten Krimi mit Privatdetektiven kapiert das Gespann Wade und Phelan auch einen wichtigen Zusammenhang, den die Polizei übersehen hat.

Wunderbar, eine gute Story zu lesen, die nicht auf blutrünstige Effekte setzt. Sondern auf Menschen, die sich (meistens jedenfalls) bestmöglich auf ihre Art und Weise durchschlagen. Dass dabei auch Bockmist herauskommen kann oder Betrug ist Grundlage der Krimis und übertreiben muss man’s dabei nicht. Gute Ansätze liefert da eben schon eine US-amerikanische Kleinstadt namens Beaumont in den 1970ern (wo Sandlin übrigens geboren wurde). Schön zu hören, dass Sandlin, die nach unzähligen Kurzgeschichten diesen Roman erst mit über 60 veröffentlichte, ihren Figuren eine Fortsetzung gegönnt hat.

Bibliografische Angaben

Verlag: Suhrkamp
ISBN: 978-3-518-46779-4
Originaltitel: The Do-Right
Erstveröffentlichung: 2015
Deutsche Erstveröffentlichung: 2017
Übersetzung: Andrea Stumpf

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