Martin Walker – Schatten an der Wand

von Bettina Schnerr
2 Minuten Lesezeit
Martin Walker - Schatten an der Wand

Martin Walker - Schatten an der WandEin geheimnisvolles Fundstück landet auf dem Schreibtisch einer neuen Kunsthistorikerin in einem Londoner Auktionshaus: Ein Stein mit einer Höhlenzeichnung darauf, der nicht, wie die junge Frau zuerst denkt, aus den Höhlen von Lascaux stammt, sondern aus einer anderen Höhle im Périgord, in der während der Résistancezeit eine bis in die Gegenwart nachwirkende Gewalttat begangen wurde. Am Abend desselben Tages verschwindet das wertvolle Objekt aus dem Firmentresor.

Rezension

Major Philip Manners bringt einen hoch attraktiven Stein mit ins Auktionshaus: Die Spezialistin für präklassische Kunst, Lydia Dean, ahnt sofort, dass dieser Stein zur Sensation werden könnte. Alles deutet auf einen rund 17.000 Jahre alten Fund aus dem Périgord hin. Sie setzt sich mit Spezialisten in Verbindung, dem deutschen Forscher Horst Vogelstern und der Französion Clothilde Daunier. Doch bevor die Experten eintreffen, verschwindet der Stein auf mysteriöse Weise. Statt Trübsal zu blasen, machen sich Manners, Dean und Daunier auf den Weg ins Périgord, um über die Herkunft des Steins zu recherchieren. Manners‘ Vater war während des Zweiten Weltkriegs in Südfrankreich als Ausbilder der Résistance aktiv; da der Stein offensichtlich ein Andenken ist, hofft das Trio auf Hinweise von alten Mitstreitern und Kriegsarchiven.

Martin Walker spielt während des Buchs mit drei Zeitebenen. Während das Trio um Major Manners das Pèrigord durchkämmt, erzählt ein zweiter Strang die Geschichte von einem jungen Mann namens Hirschläufer, der vor rund 17.000 Jahren im Tal der Vézère lebte. Dort hat sich eine große Gruppe von Familien niedergelassen, die je nach ihren Fähigkeiten das Jagen, Fische fangen, Höhlen bemalen oder Steine bearbeiten unter sich aufgeteilt haben. Hirschläufers größter Traum ist es, Höhlenmaler zu werden und die Tochter des Pferdemalers zur Frau zu bekommen.

Die dritte Geschichte rankt sich um Capitain Jack Manners, Vater des Majors und einstiger Besitzer des bemalten Steinfragments. Den Faden seiner Geschichte nimmt Walker 1943 in Schottland auf, wo Teile der Résistance trainiert und ausgerüstet werden. Mit Manners zusammen arbeiten im Wesentlichen der Amerikaner James Tecumseh McPhee und der Franzose François Malrand. Diese drei werden wenige Monate später mit dem Flugzeug in Südfrankreich abgesetzt, wo sie die Ausbildung der Résistance fortsetzen und Sabotageakte durchführen, um die Landung der Alliierten vorzubereiten und deutsche Truppen im Süden festzuhalten.

Alle drei Geschichten ranken sich um die Höhlen des Périgord: Ihre Bemalung, ihre Entdeckung und ihre Nutzung. In vielen Höhlen lebten tatsächlich bis ins 20. Jahrhundert hinein Menschen, während des Krieges dienten sie als Versteck und in ihnen kumuliert sich ein ununterbrochener Strang französischer Geschichte. Die andauernde Fortsetzung der Geschichte und ihre stetige Wirkung auf die Gegenwart beschreibt Walker selber in einem Interview kurz und bündig so: „It goes all the way back, but it never goes away.“ Konsequent und geschickt baut er also die verbrieften Fakten mit der zeitgenössischen Suche nach dem Steinfragment zusammen und lässt auf diese Weise Geschichte und Gegenwart miteinander korrespondieren.

Das Manko an der Geschichte ist allerdings, dass insgesamt wenig Spannung aufkommt ob all der historischen Informationen, die speziell im Part um Jack Manners zutage treten. Die Schilderungen von Waffensystemen und Strategien geraten oft zu lang. Die Informationen an sich sind nicht uninteressant, nutzen der Geschichte aber wenig. Auch die Idee, Clothilde Daunier (die übrigens gemeinsam mit Horst auch einen Auftritt in „Delikatessen“ hat) überraschend auf ihre eigene Familiensaga treffen zu lassen, mag plausibel sein, füllt aber am Ende nur auf. Die Gegenwart bildet allerdings die Klammer, mit der die beiden historischen Geschichten zusammen gehalten werden.

Alles in Allem aber eine interessante Geschichte mit einem guten und ruhigen Erzählstil und einer Idee zu einer schlüssigen historischen Verknüpfung.

Bibliografische Angaben

Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-25706843-6
Originaltitel: The caves of Périgord
Erstveröffentlichung: 2002
Deutsche Erstveröffentlichung: 2012

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