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Robert Galbraith – Der Seidenspinner

Robert Galbraith – Der Seidenspinner

Robert Galbraith - Der Seidenspinner

Als der Romanautor Owen Quine spurlos verschwindet, bittet seine Frau den privaten Ermittler Cormoran Strike um Hilfe. Es ist nicht das erste Mal, dass Quine für einige Tage abgetaucht ist, und sie möchte, dass Strike ihn findet und nach Hause zurückbringt. Doch schon zu Beginn seiner Ermittlungen wird Strike klar, dass mehr hinter Quines Verschwinden steckt, als seine Frau ahnt. Der Schriftsteller hat soeben ein Manuskript vollendet, das scharfzüngige Porträts beinahe jeder Person aus seinem Bekanntenkreis enthält. Sollte das Buch veröffentlicht werden, würde es Leben zerstören – zahlreiche Menschen hätten also allen Grund, Quine zum Schweigen zu bringen. Als Quine tatsächlich tot aufgefunden wird, brutal ermordet unter bizarren Umständen, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, um das wahre Motiv des skrupellosen Mörders aufzudecken – eines Mörders, wie Strike ihm noch nie zuvor begegnet ist.

Rezension

Seit dem Erfolg bei der Aufklärung des Lula Landry-Falls läuft die Detektei von Afghanistan-Veteran Cormoran Strike schon einiges besser. Seine Auftraggeber sind oft wohlhabende Eheleute, Scheidungswillige oder Liebhaber, die ihre Partner observieren lassen möchten. Nicht immer spannend, aber es spült Geld in die Kassen. Vom Landry-Ruhm angelockt wendet sich auch Leonora Quine an Strike. Ihr Mann Owen, ein Schriftsteller mit eher fragwürdigem Ruf, ist verschwunden. An die Polizei mag sie sich nicht wenden, nachdem die sich einst über eine vergleichbare Anfrage von ihr geärgert hatte. Owen Quine war schon des öfteren abgetaucht, aber dieses Mal ist es außergewöhnlich lange still um ihn. Strike will sich um Quine kümmern, obwohl er sich in diesem Fall nicht sicher sein kann, ob er tatsächlich je Geld sehen wird.

Die Hoffnung, Quine könnte in einem Autorenrefugium stecken, zerschlägt sich schnell. Der streitbare Autor überwarf sich einst mit der Besitzerin und die würde ihn unter keinen Umständen erneut ins Haus lassen. Auch sonst entpuppt sich der Vermisste als egozentrisches Ekel, das seine literarische Leistung hoffnungslos überbewertet und zu jedem eine Beziehung satter Niederträchtigkeit pflegte. Seinen Aufenthaltsort kennt keiner und wirklich wissen will es außer der Ehefrau auch niemand. Strike erfährt, dass Quines letztes Manuskript über dessen Agentin versehentlich in Umlauf gebracht wurde. Eine Panne, die ihr besser nicht hätte passieren dürfen, denn darin zieht er so bösartig über Bekannte und Kollegen aus der Verlagswelt her, dass er seither als persona non grata gilt und bereits die ersten Anwälte alarmiert wurden. Als Strike dank seiner Hartnäckigkeit und einem zufälligen Hinweis einen ermordeten Owen Quine auffindet, könnte der Täterkreis größer kaum sein.

Aus der Suche nach einem Täter wird schnell ein Wettlauf gegen die Zeit. Während Strike bei „Der Ruf des Kuckucks“ einem abgeschlossenen Fall nachspürte, gilt es nun, die Ehefrau zügig aus den Fängen der Polizei zu bekommen. Die gilt schnell als Hauptverdächtige, während Strike den Gedanken absolut abwegig findet. Um Gehör braucht er beim zuständigen Beamten Anstis allerdings nicht ersuchen. Da hilft es auch nichts, dass ausgerechnet Anstis mit Strike in Afghanistan war. Die Polizei nimmt ihm nach wie vor sehr übel, dass er ihre Ermittlungen im Fall Landry gründlich widerlegt und der Öffentlichkeit gezeigt hatte, dass sie einen Mord übersehen hatten.

Strikes Position ist ambivalent: Offiziell ermitteln kann er nicht; er ist darauf angewiesen, dass seine Gesprächspartner überhaupt mit ihm sprechen wollen. Sein Instinkt, die Beobachtungsgabe, seine Arbeitseinstellung und seine Menschenkenntnis helfen ihm zwar, aber ihm fehlen die bewährten Ermittlungsmethoden, die er als Inspektor beim Militär einsetzen konnte. Da waren Akteneinsicht, eine Tatortbegehung oder offizielle Zeugenbefragungen kein Problem. Andererseits profitiert er vom Ruhm, den ihm der Fall Landry einbrachte. Er wurde nicht nur bekannt als Detektiv, sondern auch als unehelicher Sohn eines Rockstars, was ihm eine zwar unerwünschte, mitunter aber hilfreiche Aura verleiht.

Sehr neugierig macht Strikes Sekretärin Robin Ellacott. Sie geriet zu Beginn von Strikes Tätigkeit nur durch Zufall an den Job bei ihm, entwickelte sich aber immer mehr zu einer engagierten Hilfe, die für ihre Tätigkeit brennt und nach Fortbildungen und neuen Aufgaben fiebert. Sehr zum Unmut ihres Verlobten Matthew, der kaum eine Gelegenheit auslässt, Robin wegen ihrer „unklugen“ Berufswahl Vorhaltungen zu machen – ohne einen dummen Irrtum der Jobvermittlung könnte sie jetzt in einer Personalverwaltung das Doppelte verdienen. Für Robin wird der Fall Quine nicht nur zu einer Belastungsprobe der Beziehung, sondern auch zu einem persönlichen Entwicklungsschritt. Diese Nebenhandlung wirft ein aufschlussreiches Licht auf Partnerschaften, wenn Rollenbilder oder Erwartungshaltungen unbewusst oder unausgesprochen in der Luft hängen. Galbraith findet klare Worte für hellsichtige Beobachtungen. Robin Ellacott ist im zweiten Band für mich der spannendste Charakter. Dabei gehöre ich definitiv nicht zu denen, die sich eine Liaison zwischen Strike und ihr wünschen; Robin ist schlicht ein sich entfaltender Mensch, der langsam aber sicher spürt, was er will und — vor allem — was er nicht will.

Durch kluge Nebenhandlungen, die den originalen Fall einrahmen, wird so ein dicker Schmöker nie langweilig. Jedes Teilstück entwickelt einen Sog, der so lange funktioniert, bis man das Buch nachts kurz vor Mitternacht tatsächlich pappsatt, aber zufrieden zuklappt und rekapituliert. Das Finale überlassen wir daher Ute, die bereits Teil 3 kennt, und ihrer Prophezeiung:

Bibliografische Angaben

Verlag: Blanvalet
ISBN: 978-3-76450-515-8
Originaltitel: The silkworm
Erstveröffentlichung: 2014
Deutsche Erstveröffentlichung: 2014
Übersetzung: Wulf Bergner, Christoph Göhler, Kristof Kurz

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