James McClure – Song Dog

von Bettina Schnerr
3 Minuten Lesezeit
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Vor 23 Tagen erst wurde Lieutenant Tromp Kramer von Bloemfontein nach Trekkersburg versetzt und schon formuliert er in Gedanken Schmähbriefe, mit denen er für eine erneute Versetzung sorgen will. Unter dem Leiter des Morddezernats Colonel Du Plessis und mit dessen Mitarbeitern („Affen“ und „arschkriechende Schwachköpfe“) will der eigensinnige Kramer nicht eine Sekunde weiter arbeiten. Doch zuerst geht der Auftrag vor, in Jafini einen Sprengstoffanschlag aufzuklären. Mitten im Zululand, am Ende der Welt:

„Ein nächtlicher Regenschauer hatte mit Jafini das Gleiche bewirkt wie das Einbalsamieren bei einer Leiche. Das Drecknest am Ende der Welt sah zwar immer noch nach Weltende aus, aber zumindest hatten sich die Farben erheblich verbessert.“

Die örtliche Polizei hat ihren besten Mann bei der Explosion verloren, Maaties Kritzinger, zusammen mit der jungen Ehefrau eines Wildhüters. Es sieht ganz so aus, als sei Kritzinger zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Die ehemaligen Kollegen scheinen zufrieden mit deser Erklärung zu sein. Traurig und bedrückt zwar, aber nun ja … Kramer hingegen bietet das ganze Programm auf. Für ihn war Kritzinger kein Kollege, ihn verbindet nichts mit dieser Ecke des Landes. Also hat er keine Bedenken, irgendwo anzuecken. Er fordert einen Sprengstoffexperten an, stellt Fragen, sucht Kritzingers alte Fälle und will gar nichts auf sich beruhen lassen. Zumal ihm die Fundsituation komisch vorkommt, ohne dass er genau sagen kann, was es ist.

Die Polizisten in Jafini sind in Ordnung, gehen den hartnäckigen Stechschritt des neuen Kollegen aber nicht in dessen Intensität mit. Ein scharfsinniges Pendant findet Kramer erst in dem Bantu Mickey Zondi, einem Lieutnant vom Morddezernat Trekkersburg, der zufällig in derselben Region ermittelt.

Der Bantu Zondi und der Weiße Kramer, zwei ähnlich tickende Polizisten. Aber sie sind nur scheinbar ein ganz normales Team. Das Buch spielt 1962, mittendrin in der Apartheid. Gerade suchen die Kollegen der Sicherheitspolizei einen gewissen Nelson Mandela, um ihn ins Gefängnis zu stecken. Derweil tun schwarze Beamte ihren Dienst für andere Schwarze und halten für unbeliebte Jobs her. Weiße tun den Dienst für Weiße. Der Arzt, den Kramer bei der Obduktion kennen lernt, wird später das Prügeln im Gefängnis medizinisch überwachen und danach ein paar grippekranke Kinder freundlich versorgen. Ein schwarzer Kollege, der Kramer nicht angemessen respektvoll begegnet, erntet vielleicht so einen Hinweis:

„Kramer kratzte sich unter der Jacke in der linken Achselhöhle, zog seine Walther PPK aus dem Schulterhalfter und feuerte eine Kugel nur einen Zoll vom linken Fuß des Mistkerls entfernt in den Boden.“

Die Kontraste sind allgegenwärtig und prägen die Atmosphäre des Buchs. Für Kramer ist es nur selbstverständlich, dass er Zondi für seine Untersuchungen einspannen kann. Die Hackordnung bei der Polizei ist klar. Dennoch: Kramer erkennt den blitzgescheiten Mann im Job, der keine Spur für selbstverständlich nimmt und alles hinterfragt. Für diesen Kollegen steht ein Tromp Kramer denn auch zu seinem Versprechen und hilft als Gegenleistung, den von Zondi bearbeiteten Fall abzuschließen.

Song Dog erschien 1991 als letztes Buch der Zondi-Kramer-Serie, spielt aber zeitlich vor allen anderen. Es war also die sinnvollste Lösung, bei der Lektüre mit dem Band anzufangen, in dem sich die beiden Polizisten kennen lernen. Ein Luxus, der freilich auch der späten Entdeckung dieser Serie geschuldet ist. Das politische Zeitgeschehen spielt nur im Hintergrund eine Rolle, ordnet die vordergründige Handlung aber natürlich ein. Als Leser bewegt man sich in einer Zeit, die man vielleicht als Kind oder Jugendlicher gerade noch mit halbem Ohr mitbekommen hat. Mit James McClure steht man nun mittendrin und bekommt zwei Ermittler vorgestellt, die eine sehr interessante Konstellation und Entwicklung versprechen. Dabei ist Kramer fast die ineressantere Figur, scheint mir, denn während beide als Ermittler in diesem Fall hartnäckig und schlau agieren, ist er derjenige, der auf Grund seiner Zusammenarbeit mit Zondi wohl in einem Spannungsfeld stehen wird.

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Bibliografische Angaben

Verlag: Unionsverlag
ISBN: 978-3-29320-742-4
Originaltitel: The Song Dog
Erstveröffentlichung: 1991
Deutsche Erstveröffentlichung: 1993
Übersetzung: Erika Ifang

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