Endet der tägliche Job im Schreibwarenvertrieb, geht Kabuto unauffällig seinem zweiten Job nach. Er ist Berufskiller und erhält seine Aufträge von einem perfekt getarnten Doktor. Das große Problem aber wartet zu Hause. Sohn Katsumi, der kurz vor dem Schulabschluss steht, und seine Frau, die ewig zu nörgeln scheint. Es ist auch nicht leicht, nach einem Auftrag mitten in der Nacht nach Hause zu kommen und nicht einmal Instant-Nudeln essen zu können, weil sie schon vom Aufreißen der Dosen wach wird. Katsumi ist sein Lichtblick, denn der Teenager rettet mehr als eine kritische Situation mit charmantem Weitblick.
Am liebsten würde er also aufhören. Doch der Doktor will ihn nicht gehen lassen. Kabuto muss sich etwas einfallen lassen, denn je länger er vom Aufhören redet, umso eher wird man entweder seine Familie bedrohen oder auch auf ihn einen Kollegen ansetzen.
Aussteigen für die Familie
Das erschwert den Alltag erheblich, denn Kabuto würde sich eigentlich gerne mit dem Mann aus der Kletterhalle anfreunden oder dem jungen Mann vom Sicherheitsdienst, der im Kaufhaus arbeitet. Aber ihm ist auch klar, dass die Gefahr von völlig harmlos scheinenden Zeitgenossen ausgehen kann. Irgendwo muss der talentierte Nachwuchs für die Branche ja stecken. Wie der, der Hornisse genannt wird und für den Job in Frage kommt.
Zu Kotaro Isakas Kennzeichen gehören ganz sicher die gewitzten Dialoge seiner Protagonisten und der kleine Slapstick zwischendurch. Für die Gespräche mit dem Doktor zum Beispiel hat Isaka eine ungewöhnliche Wortwahl entwickelt, damit sich zwei Experten so unauffällig wie möglich über Ziele und Methoden austauschen können. Oder bevor sich Kabuto der ominösen Hornisse widmen kann, muss er zu Hause selbst erst einmal ein waschechtes Hornissennest beseitigen.
Die Insektenbekämpfung verläuft -inmitten eines Auftragskiller-Romans- so skurril, dass sie nicht nur unterhaltsam ist. Sie betont umso mehr die in der Literatur sonst kaum gezeigten privaten Seiten. „Einsame Wölfe“ sind bei Isaka eher in der Minderheit. Auch deshalb funktioniert die Idee, dass eine Terminkarte zehn Jahre später noch einmal wichtig wird.
Gott macht regelmäßig einen Reset, weißt du? Ausmisten als spirituelle Reinigung. Wenn sich Dinge im Zimmer chaotisch anhäufen, wirfst du alles weg und fängst von vorne an. Dann sammelt sich wieder Zeug an, und es wird erneut unübersichtlich. Seit Entstehung der Erde ist das wahrscheinlich ein ewiger Kreislauf.
Clevere Unterhaltung statt atemloser Rasanz
Der Roman zieht seine Spannung zu einem großen Teil aus dem Kontrast zwischen der „braven“ Welt mit familiären Alltagsproblemen und dem riskanten und ungesetzlichen Job. Söhne und Ehefrauen haben keine Ahnung, was hinter ihrem Rücken geschieht. Dafür verzichtet Isaka oft allzu spektakuläre Action und konzentriert sich auf die Momente zwischen den Aufträgen und auf jene Momente, in denen die Killer aufeinandertreffen und sich -bevor es ernst wird- austauschen. Eine großartige Mischung, die mich sehr begeistert.
Kleine Ironie der Geschichte: Nachdem Isakas Bücher als Hitman-Trilogie bekannt wurden und mit „Ax“ abgeschlossen schienen, ist in Japan inzwischen ein vierter Titel erschienen. 2023 legte der Autor mit „777 トリプルセブン“ nach, was auf Englisch bereits als „Hotel Lucky Seven“ im Handel ist. Und wieder endet eine Rezension mit der Hoffnung, dass ein japanischer Titel den Weg in die Übersetzung findet.
Die Hitman-Serie
- Suzukis Rache / jap.: グラスホッパー (2004) / engl.: Three Assassins
- Bullet Train / jap.: マリアビートル (2010) / engl.: Bullet Train
- Der Profi / jap.: AX (2017) / engl.: The Mantis
Bibliografische Angaben
Verlag: Hoffmann und Campe
ISBN: 978-3-455-01716-8
Originaltitel: AX
Erstveröffentlichung: 2017
Deutsche Erstveröffentlichung: 2024
Übersetzung: Sabine Mangold
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