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Martin und Camilo Jaschke – Mama kann nicht kochen

Martin und Camilo Jaschke – Mama kann nicht kochen

Martin und Camilo Jaschke - Mama kann nicht kochen | Buchvorstellung & Rezension

Was macht eigentlich eine gute Mutter aus? Glaubt man den Medien un Klischees heute, unterscheidet sich das Bild gar nicht so sehr von dem der perfekten Hausfrau aus den 1950ern. Die moderne Mutter schafft blitzsaubere Wäsche, bügelt einwandfreie Oberhemden, denkt an die Altpapiersammlung, schmeißt den Haushalt, staubt die Regale, macht mit den Kindern die Hausaufgaben und erledigt (hier ist jetzt die Moderne eingezogen) parallel einen tollen Job im Büro. Ach, fast hätte ich’s vergessen, sie kocht natürlich auch jeden Tag ganz lecker für die hungrige Sippe!

Bühne frei für Zementsterne

Dabei wissen wir es eigentlich alle besser: Die Realität sieht ganz, ganz anders aus und solche Mütter gibt’s nur auf Hochglanzpapier. Und gerade beim Kochen scheiden sich die Geister eh!

Bei den Jaschkes sammelten die Söhne Camilo und Martin die besten Küchenunfälle ihrer Mutter und packten sie in ein Buch, eben jenes „Mama kann nicht kochen“. Die Erbsen könne man als Pistolenkugeln benutzen und der Schokopudding war versalzen. Die Lasagne kalt, die Spaghetti hart.

Nun, ich kann vielleicht besser backen als Mama Jaschke, aber rettet mich das auf der Mama-Skala? Nein, das tut es nicht. Mit diversen Kuchen zu jeder Hauptmahlzeit ernährt man ein Kind nun mal nicht. Ich kann auch nichts auswendig backen oder kochen, für alles brauche ich ein Rezept. Ist eines da, läuft’s. Dass ich überhaupt kochen kann, verdanke ich übrigens meinem Chemielehrer, der uns in der Oberstufe hartnäckig einbläute, dass sich das Kochen im Labor von dem in der Küche nur durch die Zutaten unterscheide. Mein Credo bis heute.

Selbst unseren sensationellen hauseigenen Brötli- und Pizzateig, den wir im Sommer ständig machen, muss ich nachschlagen. Weder die Menge Mehl noch die richtige Menge Wasser merke ich mir länger als einen Tag. Ich will nämlich gar nicht, denn ich kann’s ja nachschlagen. Ich schlage mich mit den Kindern lieber durch’s Unterholz auf der Suche nach einem Stecken für eine ordentliche Ameisenbrücke oder tauche in der Badi als lebendes Surfbrett ab, als auch nur eine Stunde freiwillig mit Kochen zu verbringen. Wenn die Kinder mal nicht um mich herum sind, gibt es haufenweise bessere (und oft genug wichtigere) Dinge als Staubwedel und Boden feudeln. Zum Mittagessen müssen dann ein paar Nudeln reichen. Und welchem Kind, bitte, passen Nudeln nicht in den Kram?

Die Küche ist nicht mein Revier – und muss es auch nicht sein

Warum fallen wir trotzdem auf die Idealbilder der Werbung oder auf überholte Klischees herein? Ein ungewischter Flur ist wahrlich ein dämliches Gesprächsthema! Können wir bitte weniger über Defizite lästern als vielmehr zur Kenntnis nehmen, dass die Lästerbacken es letztlich auch nicht viel besser hinbekommen? Und dass es viel vernünftiger wäre, die Leute bei ihren Fähigkeiten und Pluspunkten zu packen?

Vielleicht helfen die zehn Mütter, die Mama Jaschke in diesem Buch zur Seite springen, uns ein bisschen aufzulockern. Ihre Essays heißen „Liebeserklärungen an perfekt unperfekte Mütter“ und drehen sich allesamt darum, dass niemand wahnsinnig gut kochen muss, um eine gute Mutter zu sein. Von der Kolumnistin über die TV-Moderatorin, von der Fachärztin bis zur Unternehmerin — denen geht die Vergleichskultur mancher Mütter gehörig auf die Nerven und es tut gut, hier unter Gleichgesinnten zu sein. Mit Mama Jaschke teile ich mir übrigens dasselbe Problem:

Ich möchte dauernd so vieles tun und alle meine Ideen umsetzen, Haushalt und Kochen stehen mir dabei im Weg. […] Ich stehe also in der Küche und koche, mit dem Kopf bin ich aber beim Schreiben oder der Kunst. Und dann passieren eben diese Unfälle, die meine Söhne und mich zu diesem Buch inspiriert haben.

Was wir unseren Kindern beibringen ist doch, wie man ein Leben lebt. Nicht, wie man dafür kocht. Mahlzeiten sind notwendig, aber nicht die Quintessenz der Selbständigkeit oder des Stils, mit dem sie später Unwägbarkeiten begegnen, sich durchbeißen oder ein paar Stunden Freizeit genießen und für das Wochenende eine Wanderung planen. Für den, der auf eigenen Beinen steht, ist später der Waschtag wichtiger als eine großartige Lasagne. Deshalb sehe ich das Ganze recht entspannt. Ich kriege meine Kinder auch mit Butterbrot groß.

… und jetzt ist das auch keine richtige Rezension geworden sondern eher das Essay Nummer 11. Aber wir lesen alle dieses Buch, sind voll gechillt, akzeptieren das Unperfekte und können den Ausrutscher verkraften.

Sensationeller hauseigener Brötli- und Pizzateig

Wie schon erwähnt, merke ich mir nicht einmal diesen simplen Teig. Wie ebenfalls erwähnt, weil ich keine Lust dazu habe, den Sinn nicht sehe, denn ich habe ihn mir ja notiert. Und das kam so: Der Parter war unterwegs, um Grillgut zu kaufen. Irgendwann fiel ihm ein, dass ihm die Zeit nicht mehr reichen würde, den Brötliteig selbst vorzubereiten. Also rief er mich an, damit ich das übernehmen konnte. Nur gab es kein Rezept. Er machte den Teig aus dem Effeff, eine jahrelange Eigenentwicklung. Ich musste mir also telefonisch alles durchgeben lassen, damit die Brötli nachher so schmeckten wie sie sollten. Der zugehörige Notizzettel klebt heute in meiner Rezeptesammlung, damit ich ihn jedes Mal, wenn nötig, herausholen kann.

Jetzt seid ihr dran: Auswendig können oder jedes Mal nachschlagen?

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