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Raffaela Romagnolo – Dieses ganze Leben

Raffaela Romagnolo – Dieses ganze Leben

Bei Teenagerin Paola de Giorgi sieht von außen Vieles ganz rosig aus. Die Familie betreibt ein Bauunternehmen, wohnt großzügig mit Haushälterin und was die Mutter in der Parfümerie ausgibt, davon können andere „einen Monat lang leben“, wie es ein Schulkamerad ausdrückt. Doch Paola fühlt sich alles andere als wohl und dafür gibt’s mehrere Auslöser. Die Mutter hält Paola für zu dick und diktiert ihr den Speiseplan und Bewegungsstunden. Also glaubt Paola, was ihr gesagt wird und hält sich für fett und unattraktiv. In der Schule wird sie gehänselt und gemobbt. Das Ganze gipfelt in einem Video in den Sozialen Medien. Ob aus Neid oder weil Paolas Bruder Richi im Rollstuhl sitzt, wer weiß. Paola zieht mit Richi also am liebsten in ein Stadtviertel ab, wo sie niemand aus der Familie vermutet.

Es ist unsere tägliche Happy Hour, unsere Stunde Freigang, die Geheimtür, der Fliegende Schlüssel, der uns woandershin bringt, der doppelte Boden des Koffers, der Passierschein, der Tarnumhang, das Simsalabim, das die Schatzhöhle öffnet.

Dort trifft sie öfter auf Antonio, einem Schulkameraden. Der wohnt in eben dieser Siedlung, die Paolas Familie vor mehreren Jahren als Sozialbauviertel hochgezogen hat. So gut, wie sich Paola eingeigelt hat, versteht sie lange nicht, dass sie und Antonio sich gar nicht so „zufällig“ treffen wie sie denkt.

Deutlich mehr als ein Jugendroman

Raffaela Romagnolo ist mit „Dieses ganze Leben“ ein vielschichtiger Roman gelungen, der stark von Befreiung und Unabhängigkeit geprägt ist. Natürlich dreht sich das Geschehen vorrangig um Paola und durchaus typische Teenagernöte. Doch alle Frauenfiguren — Paolas Mutter und Großmutter sowie die Freundin Marta — erzählen letztlich jede auf ihre Weise, wie der Kampf um Selbstbehauptung ausssieht, aussehen kann und ausgesehen hat.

Paola wie Marta sind verwöhnt und werden zu Hause doch ignoriert. Paola kapselt sich ab und sucht die Anerkennung ihrer Mutter; Marta stopft Lücken mit Geschwätz und versucht, ihren Vater mit Bestnoten in der Schule zu erreichen. Die eigene Mutter „ist am liebsten nicht zu Hause“, findet Paola. Doch stellt sich heraus, dass diese Frau Managerqualitäten und Rückgrat hat, was die eine Hälfte der Familie nicht zu schätzen weiß und die andere darüber gar nicht informiert ist. Auch die Großmutter schleppt so einen Kampf mit sich herum und vermag ihn erst in hohem Alter zu lösen.

Das sind Aspekte, die mir bei diesem Roman besonders im Gedächtnis bleiben werden. Und ich glaube, dass die schlussendlich gewonnenen Kämpfe auch bei Paola ihre Wirkung entfalten.

Link: Barbara vom Blog „Mit Büchern um die Welt“ erzählt noch ein wenig mehr zur speziellen Erzählstimme, die Romagnolo ihrer Paola verleiht.

Bibliografische Angaben

Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-07144-3
Originaltitel: Tutta questa vita
Erstveröffentlichung: 2013
Deutsche Erstveröffentlichung: 2020
Übersetzung: Maja Pflug

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