Wie beendet man die Überwachung einer Mandantin durch das FBI? Eigentlich ein sinnloses Unterfangen, darüber ist sich Nero Wolfe im Klaren. Dass er sich Gedanken macht, liegt nur am Scheck der reichen Auftraggeberin Rachel Bruner. Den Vorschuss von satten 100 000 Dollar muss er nämlich nicht zurückzahlen, unabhängig vom Erfolg. So viel Geld bedeutet für den Orchideenzüchter Wolfe, dass er für mehrere Monate ausgesorgt hätte.
Bis das FBI allerdings von Brunner ablässt, läuft eine extrem verzwickte Geschichte ab. Wolfe, der das FBI schlecht direkt angehen kann, stürzt sich auf den Mord an einem Journalisten, der womöglich wegen einer Story über das FBI von selbigem ermordet wurde. Wenn der Coup klappen sollte, dann überhaupt nur durch die Hintertür.
Wolfes Exekutive ist sein Mitarbeiter Archie Goodwin, der einzige des Duos, der das Haus verlässt. Wolfe würde so etwas nie tun. Schließlich ist er ein so bewegungsunfreudiger Mensch, dass er nicht einmal die Stockwerke seines Hauses über die Treppe wechselt, sondern nur über den Lift. Die Geschichte wird also aus Goodwins Perspektive erzählt, der den Leser sowohl durch seine aktiven Ermittlungen als auch durch die Gespräche mit seinem Chef informiert.
Aufklärung über den Geheimdienst
Auslöser von Bruners Beschattung ist das FBI-kritische Werk „The FBI nobody knows“ des Investigativjournalisten Fred J. Cook, das 1964 tatsächlich bei Macmillan erschienen war. Cook war ein ausgesprochen unerschrockener Journalist, der sich mehrfach mit politischen Größen anlgete und in den 1950ern einer der ersten war, die offen über Bestechungen von Politikern an Journalisten sprach. Damals kostete es ihn seine Offenheit den Job, doch zehn Jahre später kam heraus, dass Cook völlig recht hatte.
Und wie wurde Bruner zum Ziel des FBI? SIe verschickte Cooks reales Buch in Stouts fiktivem Werk an zehntausend einflussreiche Bürger und Amtsträger und wird so zum Überwachungsziel. So unbeliebt, wie Cook beim FBI war, so unbeliebt machte sich Stout auch selbst mit seiner FBI-Kritik. Zwar ist der Krimi ein Kind seiner Zeit, doch das Thema ist aktuell geblieben: Was darf der Staat mit dem Argument der Sicherheit alles tun? Und was geht zu weit?
Der Verlag tat mit dem Titel einen guten Griff und unternahm einiges, um die Krimiklassiker, die das Verlagsprogramm künftig zieren werden, ins rechte Licht zu rücken. Das geht los beim Einband aus feinem Leinen, der „einerseits das historische Kolorit und den unterschwelligen Humor der Serie transportieren sollte, andererseits Eleganz, Feinheit und Sammelbarkeit der Ausgaben zu gewährleisten hatte.“ Und es geht weiter bei der Übersetzung, die erstmals den kompletten Text des Originals im Deutschen liefere, so der Verlag.
Für frühere Stout-Leser bietet sich eine gute Gelegenheit, den blitzgescheiten Nero Wolfe in einer dem Original viel näheren Version neu zu entdecken; für Neuleser die Gelegenheit, einen wegen seines politischen Themas kaum gealterten Krimi kennenzulernen.
Bibliografische Angaben
Verlag: Klett-Cotta
ISBN: 978-3-608-98111-7
Originaltitel: The doorbell rang
Erstveröffentlichung: 1965
Deutsche Erstveröffentlichung: 1968
Übersetzung: Conny Lösch
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