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Ben Aaronovitch – Fingerhut-Sommer

Ben Aaronovitch – Fingerhut-Sommer

Ben Aaronovitch - Fingerhutsommer

Obwohl sich Police Constable Peter Grant schon unwohl fühlt, wenn er Londons Skyline auch nur ein paar Kilometer weit hinter sich lässt, wird er jetzt in die tiefste Provinz geschickt: in einen kleinen Ort in Herefordshire – wo sich Fuchs, Hase und der Dorfpolizist Gute Nacht sagen. Aber es werden zwei Kinder vermisst, und ihr Verschwinden erfolgte womöglich unter magischen Umständen. Also muss Peter notgedrungen sein angestammtes Biotop verlassen. Mit der Flusstochter Beverley Brook begibt er sich mutig nach Westen, hinein ins ländliche England.

Rezension

„Dieses Buch ist Sir Terry Pratchett, OBE, gewidmet, der stets wie ein Dingsbums über den felsigen Klippen unserer Fantasie aufragte , um uns sicher in den Hafen zu geleiten.“

Peter Grant erholt sich auch zwei Monate nach seinem letzten Fall noch von den Nachwirkungen. Abgesehen von den körperlichen Auswirkungen standen wochenlange Verhöre und Gespräche an, die ebenso ihre Spuren hinterlassen hatten. Nach wie vor lebt die Gehilfin des Gesichtslosen, Varvara Sidorovna Tamonina, im Folly, das als magisches Gefängnis dient, bis über ihren Fall verhandelt werden kann. Als in Nord-Herefordshire zwei 11-jährige Mädchen verschwinden, prüft das Folly routinemäßig den Fall. Der Folly-Leiter Thomas Nightingale schickt Grant alleine in den Norden auf’s Land, um sich dort über den Fall zu informieren. Kollegin Lesley ist immer noch verschwunden und Nightingale ist der einzige, der Varvara bewachen kann. So richtig überzeugend sind die Hinweise zunächst ncht, sodass die Aktion wie ein Ablenkungsmanäver wirkt, um Grant ein wenig auf neue Gedanken zu bringen. Interessanter wird die Dienstreise schon, weil ein ehemaiger Mitstreiter Nightingales in der Nähe wohnt. Hugh Oswald hat den mysteriösen Einsatz in Ettersberg überlebt, das Zaubererdasein offiziell aufgegeben und widmet sich nun der Bienenzucht.

Eher, weil sonst nichts anderes zu tun ist, bietet Peter Grant in Herefordshire seine Hilfe an. Erst, als sich herausstellt, dass die Handys der Mädchen hyperthaumaturgisch zersetzt wurden, also durch Magie zerstört, sind seine Kenntnisse gefragt. Und damit er nicht ganz alleine auf weiter Flur steht, wird ihm die Flusstochter Beverly Brook zu Hilfe geschickt. „Dein Boss wollte, dass hier draußen jemand dabei ist, der bei ’ner Kuh vorne und hinten unterscheiden kann.“ Brook und Grant arbeiten sich im Suchgebiet mit Unterstützung des Polizisten Dominic Croft vor. Croft liefert die Ortskenntnis und Beverlys magisches Gespür und ihr Knowhow über Pflanzen helfen bei der Identifizierung der Orte, die besonders wichtig für die Suche sind. Doch wer genau mit welchem Zweck hinter dem Verschwinden der Mädchen steckt, ist damit bei weitem nicht geklärt. Und die Mädchen heil heimzubringen, muss auch erst noch gelingen.

Während der vierte Fall ein reines Durchgangszimmer war, liefert der fünfte eine Mischung aus einem eigenständigen Fall und dem roten Faden der Reihe, der Jagd auf den Gesichtslosen. Genau genommen ist der „Fingerhut-Sommer“ in der Gewichtung der Erzählstränge sogar genau das Gegenteil von „Der böse Ort“. Den roten Faden führt sporadisch eine ominöse telefonische Kontaktaufnahme mit Peter Grant fort. Der Rest des Buchs widmet sich vollständig den magischen Figuren und Orten in Herefordshire. Grant, der ein immer besseres Näschen für magische Phänomene entwickelt, sieht recht früh die ersten Hinweise, kann sie aber erst spät verstehen und erklären. Grant ist ein zwar erkennbar beserer Mitarbeiter des Folly geworden, man fragt sich hin und wieder aber schon, warum sein Spektrum magischer Fähigkeiten sich so enorm schleichend erweitert.

Wie in jedem Band baut Ben Aaronovitch Hinweise auf reale Schauplätze oder Ereignisse ein. Hugh Oswald wohnt in einem 1961 errichteten Bauwerk des Architekten Raymond Erith, dem so genannten „Herefordshire Folly“ (während Aaronovitch im Vorgänger den echten Sozialwohnungsblock The Heygate Estate mit ein paar Veränderungen zum Schauplatz Skygarden Tower umgebaut hatte). Wie immer auf hohem Niveau ist der trockene Humor, der sich durch die Bände zieht. Leichter Spott im Tonfall mancher Dialoge, ironische Beschreibungen oder sehr lockere Kommentierungen zu den nächtlichen Vergnügungen der nichts ahnenden Anwohner. Der „Fingerhut-Sommer“ ist erfreulicherweise einen deutlichen Packen besser als der Vorgänger — obgleich der übliche offene Schluss in Sachen Gesichtsloser das Warten auf die Fortsetzung anheizt, verlässt man den Band dank der eigenständigen Herefordshire-Story trotzdem mit einem satten Gefühl.

Bibliografische Angaben

Verlag: dtv
ISBN: 978-3-42342-725-8
Originaltitel: Foxglove Summer
Erstveröffentlichung: 2014
Deutsche Erstveröffentlichung: 2015
Übersetzung: Christine Blum

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