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Anne Holt – Blinde Göttin

Anne Holt – Blinde Göttin

Die Osloerin Karen Borg entdeckt im Wald einen übel zugerichteten Toten. Den Fall bekommen die Polizeikommissarin Hanne Wilhelmsen und Håkon Sand zugeteilt. Wie der Zufall will, kennen sich Sand und Borg aus Studienzeiten: Beide studierten Jura und während Borg heute als Wirtschaftsanwältin arbeitet, tut Sand Dienst als Jurist im Polizeidienst.

Ein Tatverdächtiger für diesen Mord ist ungewöhnlich schnell ermittelt. Als der hört, dass eine Anwältin das Opfer gefunden hat, besteht er darauf, von ihr vertreten zu werden. Dass Borg dafür eigentlich nicht zuständig ist, ist ihm völlig egal. Das wirft eine wichtige Frage auf: Der Täter muss vor irgendjemandem unglaublich Angst haben, aber vor wem?

Rückblick auf ein Vierteljahrhundert

1993 begann mit diesem Buch in Norwegen der Siegeszug von Hanne Wilhelmsen. Zwar gibt es mit dieser Protagonistin nur zehn Fälle, dennoch landete Anne Holt mit jedem Titel zuverlässig Bestseller. Wahrscheinlich spielt es eine große Rolle, dass Holt selbst als Polizeijuristin gearbeitet hat und später als Rechtsanwältin tätig war. Kennt man als Leser diesen Background, wirken die Fälle umso glaubwürdiger. Nicht unterschlagen darf ich hier, dass Holt für wenige Monate sogar Justizministerin war, bevor sie ihr Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegte.

Hanne Wilhelmsen hatte dasselbe Verhältnis zur Polizei wie ein Fischer zum Meer, so stellte sie es sich in ihren romantischeren Momenten vor.

In diesem Herbst ist Norwegen Gastland der Frankfurter Buchmesse und ich finde, das ist der beste Anlass, um diese Serie wieder in den Blickpunkt zu rücken. Und zwar mit jenem Titel, mit dem alles anfing.

Die Drahtzieher aus den oberen Etagen

Zurück zu Karen Borg und ihrem Fund: Ihr Täter verweigert hartnäckig eine Aussage, aber es ist seltsam, dass sich ein anderer Anwalt geradezu um diesem Fall reißt. Einer, der mit Drogenkriminalität auf diesem Niveau eigentlich nichts zu tun hat. Sowohl Borg als auch Wilhelmsen und Sand sind schlau genug, um die Angst des Täters mit solchen Details in Verbindung zu bringen. Für Wilhelmsen könnte das eine Wende bedeuten, bekäme sie nur etwas Handfestes für ihre Ermittlungen.

Sie versuchte, nie mehr als zehn Fälle gleichzeitig zu bearbeiten, eine Grenze, die gar zu oft überschritten wurde. Die unterschiedlich dicken grünen Ordner lagen jetzt als bedrohlich hoher Stapel auf der einen Seite ihres Schreibtischs.

Es geschieht ein zweiter Mord, Wilhelmsen klopft bei Bekannten und Anwälten der Opfer auf den Busch, holt die Drogenermittler ins Spiel, es gibt einen direkten Angriff auf sie im Polizeipräsidium. Sie scheint auf einer Spur zu sein, ohne exakt zu wissen, auf welcher. Allerdings kristallisiert sich heraus, dass die Organisation nichts mit den üblichen Bandenstrukturen zu tun hat.

Ein sechsundzwanzig Jahre alter Krimi und immer noch unglaublich spannend! Anne Holt bringt Handlungsmuster auf den Tisch, die sich in all den Jahren kein bisschen verändert haben. Gier und Geltungsbewusstsein, falsche Freunde und Naivität, Illusionen und Angst … da ist es egal, ob die Fälle am Computer oder in Ordnern erfasst werden. Die Triebkräfte sind dieselben und sie reichen durch alle Gesellschaftsschichten.

Bibliografische Angaben

Verlag: Piper
ISBN: 978-3-492-23602-7
Originaltitel: Blind gudinne
Erstveröffentlichung: 1993
Deutsche Erstveröffentlichung: 1995
Übersetzung: Gabriele Haefs

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