Der Deutsche Sachbuchpreis geht 2024 in die vierte Runde. Der Preist ist eine Initiative der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels – und ist quasi die Sachbuchschwester des Deutschen Buchpreises.
Den Sachbuchpreis verfolge ich mit großem Interesse, zumal ich ihn 2021 und 2023 als Blogpatin begleiten durfte. Und Sachbücher sind -so mein Eindruck- sowieso ein bisschen verkannt: Vielen Autorinnen und Autoren gelingt es, ihre Themen griffig und verständlich zu verpacken. Ohne Abstriche bei der Genauigkeit zu machen oder die Leserschaft damit zu unterfordern. Bei Sachbüchern gilt wie bei der Belletristik auch: Wer keine liest, hat einfach nur noch nicht die richtigen Titel gefunden.
Die acht Nominierten 2024
- Jens Beckert: Verkaufte Zukunft. Warum der Kampf gegen den Klimawandel zu scheitern droht (Suhrkamp)
- Sebastian Conrad: Die Königin. Nofretetes globale Karriere (Propyläen)
- Ruth Hoffmann: Das deutsche Alibi. Mythos „Stauffenberg-Attentat“ – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird (Goldmann)
- Roman Köster: Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit (C.H.Beck)
- Christina Morina: Tausend Aufbrüche. Die Deutschen und ihre Demokratie seit den 1980er Jahren (Siedler)
- Frauke Rostalski: Die vulnerable Gesellschaft. Die neue Verletzlichkeit als Herausforderung der Freiheit (C.H.Beck)
- Marcus Willaschek: Kant. Die Revolution des Denkens (C.H.Beck)
- Moshe Zimmermann: Niemals Frieden? Israel am Scheideweg (Propyläen)
Meine Entdeckungen auf der Nominiertenliste
Voriges Jahr hatte ich noch beklagt, bei acht Titeln fehlte doch mindestens einer, der sich mit Umwelt und Klima befasst. Doch dieses Jahr wurde mein Wunsch erfüllt.
Gleich zu Beginn: „Müll“ von Roman Köster, was ich der Wunschrubrik Umwelt zuordne. Dieses Buch stelle ich bereits auf Bleisatz vor. Köster hat die Geschichte des Mülls aufgeschrieben und leitet aus diesem Wissensfundus meisterhaft die Grundlagen für die nötigen Lösungsvorschläge ab. Der Clou daran ist, dass viele Konzepte längst bekannt sind und die viel beschworenen „neuen Technologien“ gar nicht so sehr die Wunder vollbringen werden, die ihnen von der Politik gerne zugeschrieben werden.
Und großes Interesse weckt auch die „Verkaufte Zukunft“ von Jens Beckert aus der Wunschrubrik Klima. Denn wie kann es sein, dass wir trotz unseres Wissens laufend mehr Treibhausgasemissionen produzieren? Ich tippe auf individuelle Bequemlichkeit, viele Rebound-Effekte durch vermeintlich hilfreiche technische Lösungen – und ganz arg auf die Politik, die zu sehr mit der Wirtschaft verknüpft ist. Aber stimmt das? Von Beckert verspreche ich mir jedenfalls die Antworten darauf.
Drittes Buch im Bund ist „Nofretete“ von Sebastian Conrad. Als Jugendliche habe ich die Büste auf der obligatorischen Klassenfahrt nach Berlin selbst im Museum gesehen (vielleicht auch eine Replik davon?) und seither viele Male die charakteristische Silhouette gesehen. Was mich an diesem Buch begeistert, sind die unterschiedlichen Themen, die die Büste zulässt: Ihre Entdeckung und die Forschung über die zeitlose Ikone weiblicher Schönheit bis hin zur Frage, wie man heute mit Exponaten aus kolonialer Herkunft umgeht.
Welche der Titel sprechen euch an? Lasst es mich in den Kommentaren gerne wissen.
Der Deutsche Sachbuchpreis in Zahlen
— 225 Titel zur Auswahl — 115 Verlage aus Deutschland, Österreich und der Schweiz — Auszeichnung dotiert mit 42.500 Euro —
Zur siebenköpfigen Jury gehören in diesem Jahr: Stefan Koldehoff (Deutschlandfunk), Sibylle Anderl (Die Zeit), Julika Griem (Kulturwissenschaftliches Institut Essen), Michael Hagner (ETH Zürich), Michael Lemling (Buchhandlung Lehmkuhl), Patricia Rahemipour (Institut für Museumsforschung, Stiftung Preußischer Kulturbesitz) und Katrin Vohland (Naturhistorisches Museum Wien).
Verliehen wird der Preis am 11. Juni in der Elbphilharmonie in Hamburg.
Titelfoto: Christof Jakob