Edogawa Rampo – The Black Lizard

von Bettina Schnerr
2 Minuten Lesezeit
Header: Edogawa Rampo - The Black Lizard

Sie nennt sich Mme Midorikawa und ist die Königin der Tokyoter Unterwelt – mit dem einzigartigen Tattoo eines „Black Lizard“, einer Eidechse, auf dem Arm. Zusammen mit einem gut ausgebildeten und zuverlässigen Mitarbeiterstab klaut sie, was immer ihr gefällt. Mit Vorliebe Juwelen. Ihre Spezialität ist es, die Opfer grundsätzlich vorzuwarnen. Eine dieser Warnungen erhielt auch der Juwelenhändler Iwase. Midorikawas Ziel: Seine Tochter Sanae.

Iwase trifft seine Vorkehrungen. Er engagiert den Detektiv Kogoro Akechi, der mit der Familie wohnt und reist, um Sanae maximalen Schutz zu gewähren. Doch genau solche Herausforderungen reizen Mme Miorikawa und Sanae ist keineswegs so sicher, wie Iwase und Akechi glauben. Doch auch Akechi arbeitet nicht alleine. Zwischen den beiden Masterminds entspinnt sich ein zähes Ringen, denn die Diebin mit dem Tattoo hat es nicht nur auf Sanae abgesehen.

I dislike attacking when people are unprepared. I’ve never stolen anything without giving notice. I warn them, wait for them to arrange protection, and then fight on an equal basis, otherwise it’s not interesting.

Klassiker mit Experimentierfreude

Edogawa Rampo, ein Pseudonym, das an Edgar Allen Poe anlehnt, gilt als Vater des japanischen Kriminalromans. Mit Kogoro Akechi schuf er den ersten Seriendetektiv Japans: Ein Mann, der sich zu verkleiden weiß, Nahkampf beherrscht und gelegentlich auf eine Gruppe von Jungen für diverse Ermittlungen zurückgreift. Eine Verneigung vor Sherlock Holmes. In „The Black Lizard“ tauchen zugleich so ziemlich alle Kniffe auf, die in Krimis für überraschende Wendungen sorgen. Und beide Seiten haben, selbstverständlich, ausreichend Geld für Personal und Requisiten.

Ungewohnt ist die Eigenart, regelmäßig mit den Leserinnen und Lesern zu sprechen. Sie bekommen Tricks und Erinnerungen direkt vom Autor geliefert. Ich würde sagen, dieses Erzählmuster ist ziemlich aus der Mode gekommen. Was es aber nicht gleich unattraktiv macht.

Cover: Edogawa Rampo - The Black Lizard, Penguin-Ausgabe

Die Ankündigung der „tales of terror“ allerdings ist überraschend. Passt das auf einen Krimi? Auf diesen hier jedenfalls schon, wie mir in der zweiten Hälfte klar wurde. Denn Midorikawa sammelt nicht nur schöne Juwelen, sondern auch schöne Menschen und das mit einem perfiden Ziel. Edogawa Rampo lässt so in der Geschichte Elemente des damaligen Trends „Ero-Guro“ einfließen, das auch „Devils in Daylight“ von Junichiro Tanizaki beeinflusst hatte und das Igort in seinen Berichten aus Japan erläutert. Ero-Guro mischt Groteske, Erotik und teils sinnfreie Elemente miteinander.

Der Horror, der sich hier abzeichnet, wird auf klassische Detektiv-Manier beendet und Akechi stellt die solide Ordnung wieder her. Dennoch ist „The Black Lizard“ kein explizit brutalerer Krimi als andere Krimis. Aber: Ohne den Hauch einer Ahnung der literarischen Strömung, in der sich Rampo bewegt hatte (und die er mitbegründet hatte), hätte ich den Krimi als merkwürdigen, leicht abstrusen Roman abgetan.

Wenn Klassiker wie dieser hier heute praktisch nicht mehr übersetzt werden, dann wohl aus dem Grund, dass mittlerweile die damals zeitgenössischen Querbezüge fehlen, die aus dem Krimi für seine Leserinnen und Leser einst einen interessanten Roman gemacht haben. Während andere Klassiker durch Gesellschaftskritik relevant bleiben können, ist „The Black Lizard“ sehr stark ein Kind seiner Zeit. Ein hilfreiches Nachwort, wie es bei einigen Neuauflagen ergänzt wird, fehlt bei Penguin.

Bibliografische Angaben

Verlag: Penguin
ISBN: 978-0-241-64582-6
Originaltitel: Kuro tokage (黒蜥蜴)
Erstveröffentlichung: 1934
Diese Ausgabe: 2023
Übersetzung: Ian Hughes

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