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Florent Chavouet – Tokyo on foot

Florent Chavouet – Tokyo on foot

Florent Chavouet - Tokyo on foot

Florent Chavouet, a young graphic artist, spent six months exploring Tokyo while his girlfriend interned at a company there. Each day he would set forth, with a pouch full of colored pencils and a sketchpad, to visit different neighborhoods. This stunning book records the city that he got to know during his adventures, a gritty, vibrant place, full of ordinary people going about their daily lives. Realistically rendered city views or posters of pop stars contrast with cartoon sketches of iconic objects or droll vignettes, like a housewife walking her pet pig and a Godzilla statue in a local park. With wit, a playful sense of humor, and the colored pencils of his kit, Florent Chavouet sets aside the question of urban ugliness or beauty and captures the Japanese essence of a great city.

Rezension

Der Franzose Florent Chavouet begleitete im Jahr 2006 seine Partnerin Claire nach Tokyo. Während sie ein Praktikum absolvierte, streifte Chavouet durch die Metropole und führte Tagebuch auf seine Art. Ausgestattet mich Notizblock und zahllosen Buntstiften zeichnete er seine Erlebnisse auf. Herausgekommen ist eine faszinierende Mischung aus Reisetagebuch und Reiseführer. Letzteres will Chavouet zwar nicht liefern, aber angesichts seiner grafischen Auseinandersetzung mit dieser Stadt mischen sich die Tipps automatisch unter. Am liebsten würde ich Bilder schießen und damit die komplette Rezension bestreiten, aber das geht nun mal nicht. Der Blick auf das Cover muss genügen und den Rest sollte ich dann doch mit Text erledigen.

Zwischen Koban und Konbini

Unterteilt ist das Buch in einzelne Kapitel, von denen jedes einem Stadtteil gewidmet ist. Der Einstieg geschieht mit dem Bild eines Koban aus dem Viertel. Das sind meist winzige Polizeiposten, in denen mit einem Fahrrad ausgestattete Polizisten ihren Dienst tun. Zu jedem Viertel gehören handgezeichnete Pläne, in denen die wichtigen Stationen der Touren vermerkt sind. Zu einigen gibt es Verweise zu Zeichnungen, zu anderen erzählt er knappe Anekdoten. Wer zum Beispiel in Okubo unterwegs ist, bekommt parallel zu den Detailzeichnungen gleich noch Hinweise auf einen Second Hand Shop, ein indisches Restaurant oder die Convenience Stores sowie den Laden, wo Chavouet sein Fahrrad für schlappe ¥ 8000 gekauft hat. Und das ist so gut in den Stadtplan eingezeichnet, dass sich das alles auch wiederfinden lässt.

„Tokyo is said to be the most beautiful of ugly cities.“

Chavouet hat ein sehr gutes Auge. Ihm gelingt es, genau die Details zu betonen, die das Besondere an einzelnen Häusern ausmachen. In Fotos geht sowas in der Fülle an Details schon mal unter. Sei es durch die benachbarten Häuser, schlechte Perspektiven oder weil sich mit Fotos natürlich nichts ausblenden lässt. In einer Zeichnung aber wird so ein kleiner Koban zum Hauptdarsteller mit Charakter.

Den Hauptteil machen oft Kleinigkeiten aus, die Chavouet aufgefallen sind. Das reicht von der Beobachtung verschiedener Menschentypen auf der Straße bis hin zu typischen Details im Straßenbild. Von der offen laufenden Verkabelung über die Unmengen an Klimanlagen an den Wänden älterer Häuser. Er hat offenbar einen riesigen Spaß an all den Kleinigkeiten, mit denen die Seitenstraßen zugestopft werden. Es gibt nämlich eine Art Bastelbogen unter dem Motto „Build your own Japanese street“ mit Signalsäulen, kleinen Tischchen, Mülltonnen, Getränkeautomaten, Aquarien und Terrarien, Verbrauchszähler für Gas und Topfpflanzen, Topfpflanzen, Topfpflanzen.

Der Charme der „ugly city“

Chavouet ist es gelungen, Tokyo abseits der touristischen Pfade zu beschreiben. Das Tokyo, das neben den eindrucksvollen Hochhäusern in Shinjuku oder Shibuya den eigentlichen Charme der Stadt ausmacht. Wo einen die Leute grüßen, weil man der einzige Ausländer dort ist. Wo man nach seiner Herkunft gefragt wird oder die Kinder Bonbons zugesteckt bekommen. Oder wo kleine Läden überraschend eine tolle Auswahl an Keramikwaren haben (die man in der überlaufenen Mall noch verzweifelt gesucht hat) oder frische Nudeln für wenige Hundert Yen zu bekommen sind.

Ein Buch, das ich mir nach der Ausleihe aus der Bibliothek noch selber zulegen werde. Weil es viel besser als jeder Reiseführer das „richtige“ Tokyo zeigt. Solche Reise(tage)bücher sollte es viel öfter geben.

Bibliografische Angaben

Verlag: Tuttle
ISBN: 978-4-8053-1137-0
Originaltitel: Tokyo Sanpo. Promenades à Tokyo
Erstveröffentlichung: 2009
Englische Erstveröffentlichung: 2011

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