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Haruki Murakami – Naokos Lächeln

Haruki Murakami – Naokos Lächeln

Haruki Murakami - Naokos Lächeln

Der Beatles-Ohrwurm „Norwegian Wood“ ist für den 37-jährigen Toru Watanabe ein melancholischer Song der Erinnerung: An den Aufruhr der Gefühle in einer schmerzvollen und schicksalhaften Jugend, die er zu bewahren und verstehen versucht. Toru, der einsame, ernste Student der Theaterwissenschaft, begeistert von Literatur, Musik und langen einsamen Sonntagsspaziergängen durch die Straßen Tokios, erfährt früh, dass der Verlust geliebter Menschen zum Leben und zum Erwachsenwerden dazu gehört. Sein Jugendfreund Kizuki begeht Selbstmord, die geheimnisvolle und anziehende Naoko verirrt sich mehr und mehr in ihrer eigenen unerreichbaren Welt. Toru muss sich zwischen ihr und der vor Lebenslust strotzenden Midori entscheiden.

Rezension

Naokos Lächeln taucht im Roman nicht so oft auf, wie es der Titel vermuten lässt. Eigentlich ist Murakamis Roman eine melancholische und traurige Geschichte, in der es um die missratenen Versuche von Teenagern und jungen Twens geht, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Dabei tun sich die Protagoisten extrem schwer und sie tun für meine Begriffe dummerweise auch noch ihr Bestes, es dabei zu belassen.

Torus Freund Kizumi begeht Selbstmord und hinterlässt seine Freundin Naoko sowie Toru ziemlich ratlos und desorientiert – umso mehr, da die drei eine kleine Inselgesellschaft inmitten ihrer Altersgenossen gebildet haben. Mit Außenseitern und anderen Inselgesellschaften tut sich Toru weiterhin am leichtesten. Eine desorientierte Naoko trifft er nach einem Jahr wieder und verliebt sich in sie; er kümmert sich auch weiter, nachdem sie in einem Sanatorium lebt und um ihr Gleichgewicht kämpft. Die kesse Midori ist zwar entschlossen und neugierig, aber auch sie erlebt in ihrer Familie Tod und Krankheit und holt sich zum Ausgleich, was sie gerade will.

Alle Bekannten Torus passen auf ihre Art und Weise in seinen Kosmos, aber nicht so recht in die Gesellschaft, der mehr Disziplin und Geradlinigkeit besser gefallen würden. So arg „aus der Bahn“ sind Toru und seine Freunde noch gar nicht mal, aber hier ist nicht Japan und die Ansprüche scheinen sie als zu hoch zu empfinden. So suhlen sie sich in ihrer Situation und pflegen ihre Sonderlingsrolle. Ein bisschen viel Selbstmord und Depression, nicht jedermanns Sache, aber Murakami bringt es mit seinem Erzählstil fertig, den Roman nicht allzu kaputt dastehen zu lassen.

Ebenfall japanisch anmutend für mich und ungewöhnlich für europäische Gemüter: Die Figuren liebäugeln zum Teil geradezu mit dem Tod. Dieses Thema rettet Murakami mit seinem Erzählstil, der selbst die depressiven Situationen poetisch auszudrücken vermag. Die Ausrutscher aus der Poesie bringt Sex, der voyeuristisch konstrastiert. Passte jedoch auch zu Menschen, die nichts so richtig tun wollen, zwischen hier und dort schwanken und einfach nur irgendwas zu tun haben wollen, bevor sie statt durch Selbstmord an Langeweile sterben.

Kein einfaches Buch, keine einfachen Themen, ich pendle zwischen Gefallen und Nichtgefallen, vor allem, weil der letzte Satz nicht nur ein offenes Ende lässt, sondern für mich auch keinen rechten Sinn ergab.

Bibliografische Angaben

Verlag: btb
ISBN: 3442730503
Originaltitel: Noruwei no Mori /ノルウェイの森
Erstveröffentlichung: 1987
Deutsche Erstveröffentlichung: 2001
Übersetzung: Ursula Gräfe

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