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Irene Stratenwerth – Im wilden Osten dieser Stadt

Irene Stratenwerth – Im wilden Osten dieser Stadt

Irene Stratenwerth - Im wilden Osten dieser StadtAm Badestrand eines Hamburger Sees wird eine Leiche gefunden: Anwältin Kristina Wolland hatte ihre Freundin Angie am Abend zuvor getroffen – die schien verängstigt, wollte aber nicht reden. Nun ist sie tot. Tags darauf meldet ein junger Mann das Verschwinden seiner Verlobten: Die junge Alina aus der Ukraine, wohnhaft zuletzt bei Angie, glaubte verfolgt zu werden. Welche Verbindung bestand zwischen den beiden so ungleichen Frauen? Was versetzte sie in Angst und Schrecken? Kristina Wolland ist fest entschlossen, es herauszufinden.

Rezension

Als Kristina Wolland vom Tod ihrer ehemaligen Kommilitonin Angie erfährt, ist sie erschüttert: Erst am Vorabend hatte Angie um Hilfe gebeten, diese dann aber überstürzt abgewiesen. Zudem war Kristina gesetzliche Betreuerin der psychisch labilen Angie. In den Frühstückskaffee mischen sich heftige Schuldgefühle mit der Frage, ob sie Angie besser hätte helfen können. Für die Polizei ist die Sache schnell klar, im Blut werden Drogen gefunden und kombiniert mit Angies Vorgeschichte sieht alles eher nach Selbstmord aus. Kristina beginnt mit eigenen Recherchen, vor allem, als sich der junge Ukrainer Alexander bei ihr meldet. Dessen Freundin hatte bei Angie Unterschlupf gefunden und ist plötzlich verschwunden.

Kristina beginnt mit recht planlosen Recherchen, verständlicherweise, denn wo soll sie überhaupt anfangen? Die Polizei begegenet ihr misstrauisch und der junge Mann wirkt irgendwann gar nicht mehr so unschuldig, wie noch zu Beginn. Trotzdem stürzt sich die Anwältin in eine Szene, die ihr gefährlich werden könnte, denn es riecht nach Menschenhandel und Prostitution. Menschenhändlerringe sind gewiss nicht zimperlich, wenn ihnen jemand in die Quere kommt.

Es gibt viele Ermittlerfiguren, die natürlicher erscheinen als Kristina Wolland. Obwohl öfter Kniffe nötig sind, damit die Figuren Ergebnisse zutage fördern, wirkten sie in diesem Fall zu konstruiert. Kristina lässt zum Beispiel über Tage ihre Kanzlei schleifen, um auf der Suche nach einem Grund für diesen sinnlosen Tod durch Hamburg zu streifen. Und das bei einer Anwältin, die für ihre erfolgreiche Unabhängigkeit sicher lange und iintensiv gearbeitet hat. Gewissenhaft und termintreu. Kristina fliegt von einem Tag auf den anderen in die Ukraine, um sich dort mit Alexander zu treffen, einem Mann wohlgemerkt, dem sie nicht recht über den Weg traut. Der ihr ziemlich offensichtlich nicht alles erzählt hat und die fehlende Hälfte könnte eine sehr gefährliche sein. Kristina ist das wohl bewusst, der Dramaturgie zuliebe vergisst sie es wieder. Wobei der Besuch durchaus interessante Ergebnisse zu Tage fördert, die den Ermittlern in Deutschland auf die Füße helfen. Und warum die ganze Reise? Weil die zugeteilte Kommissarin laut über die Idee einer Recherche vor Ort nachgedacht hat. So besorgt Kristina sein mag, soviel Naivität passt nicht ins Bild. Und wieder schleift die Kanzleiarbeit über Tage hinweg.

Das Personal im wilden Osten bleibt relativ flach. Vielleicht, weil es zu sehr als Vehikel für die Geschichte funktionieren muss – inklusive einer undefinierten Beziehungskiste und Ärger mit der Angestellten. Die ukrainische Gemeinde in Hamburg bleibt am Ende auch dem Leser weiter so fremd, wie sie es für Kristina Wolland schon am Anfang war. Viele Einblicke in spezifische Gepflogenheiten, die andere Bücher bei solchen Gelegenheiten geben, treten nicht auf. Trotzdem ist die Geschichte flüssig geblieben. Freilich wird der Fall rund um Angie gelöst und die Kanzlei kann sich wieder daran machen, ihre Klienten solide zu beraten. Und Kristina Wolland verdient eine zweite Chance. Alleine schon wegen ihrer Angestellten Ceyda Ozgür, leider eine Randfigur, aber eine starke. Sie lässt die Energie und den Grips aufblitzen, der mir bei ihrer Chefin in diesem Band fehlt.

Bibliografische Angaben

Verlag: rororo
ISBN: 978-3-499-25694-3
Erstveröffentlichung: 2012

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