Pierre Dragon von den RG (Renseignements Généraux) beginnt dieses Mal, indem er zunächst seinen dicken Fisch präsentiert. Ihm ist Bohbun ins Netz gegangen, der als Kopf einer thailändischern Schleuserbande gilt. Der Name war schon seit einer Weile bekannt, aber die Person dahinter blieb lange ein Geheimnis. Bis Dragon eines der Teams zur Ermittlung gegen Schleuserbanden mitten in Paris übernommen hat. Geholfen hat ihm sein Kontakt Peng, dem er nach dessen Hilfe im letzten Fall zum legalen Aufenthalt in Paris verhelfen konnte.
Peng vermittelt den Kontakt zu der jungen Thai Poo, die das Funktionsprinzip des Menschenhandels erklärt. Wer nach Frankreich kommt, arbeitet seine Schuld bei den Banden ab. Naheliegend ist die Prostitution – doch überraschenderweise führt eine Spur auch in die Textilindustrie. Viele illegale Einwanderer arbeiten die „Reisekosten“ in illegalen Schneidereien ab. Poo liefert den Schlüssel, um Bohbun ausfindig zu machen. Nachdem man ihm auf der Spur ist, lässt sich durch wochenlange Überwachungen auch herausfinden, wie diese Schneidereien in die Struktur der Textilindustrie passen. Nicht alles, was in den großen Modeketten in den Handel kommt, kommt aus Billiglohnländern. Manches kommt aus den Kellern direkt unter der Stadt.
Ein Milieu arbeitet unter dem Radar
Der zweite Band legt viel Wert auf Charaktere und Befindlichkeiten im Team. Christophe ist neu dabei und Dragons vielsagende Äußerung zu dessen Privatleben sagen viel über die Belastungen des Berufs, aber auch den Zynismus, den sich der Teamleiter angewöhnt hat:
„Er ist 29. Noch etwas weich. Der Beweis: Er ist noch verheiratet. … Ich gebe ihm drei Jahre bis zur Scheidung.“
Sein alter Mitstreiter Cyril ist arg bekümmert, frisst aber lieber Arbeit und Frust in sich hinein, statt zu sagen, was ihn genau bekümmert. Hinter den Kulissen stänkert ein Kollege, um sich lieb Kind zu machen. Zu allem Überflus streitet das Team der RG auch noch mit der Sitte um Zuständigkeiten und Reviere.
Wieder verzichtet die Story auf die sonst typischen Mordfälle im Krimigenre. Es geht um die diffizile und langatmige Ermittlung in Milieus, in der kaum V-Leute unterkommen und in der unauffällige Menschen so gewieft arbeiten, dass ihnen selbst die Polizei ohne Zufall oder einen bewussten Hinweis kaum weiterkommt. Wieder geht es um Machenschaften der Textilindustrie, dieses Mal aber unter anderen Vorzeichen. Wieder endet Dragons Arbeit zwar mit einem beruflichen Erfolg, aber auch dem Gefühl, „die Seine mit einem Teelöffel leeren zu müssen“.

Es ist bedauerlich, dass von den drei geplanten Bänden bisher nur zwei erschienen sind. Und das gilt noch viel mehr dafür, dass offensichtlich überhaupt nur drei jemals geplant waren. Der Graphic Novel gelingt es, nicht nur eine spannende Geschichte zu erzählen, sondern auch, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Es macht nachdenklich, wenn man erfährt, aus welcher Nachfrage die illegalen Schneidereien ihren Bedarf überhaupt speisen können.
>> Hier geht es zu Band 1 der Serie.
Bibliografische Angaben
Verlag: Carlsen
ISBN: 978-3-551-77809-3
Originaltitel: RG, Tome 2 : Bangkok-Belleville
Erstveröffentlichung: 2008
Deutsche Erstveröffentlichung: 2011
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