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Phoebe Atwood Taylor – Schlag nach bei Shakespeare

Phoebe Atwood Taylor – Schlag nach bei Shakespeare

Phoebe Atwood Taylor - Schlag nach bei ShakespeareSie meinen, es war der Hammer – dieser Hammer hier…“
„Mit dem ihm der Schädel eingeschlagen wurde? Da bin ich überzeugt.“ Leonidas lächelte. „Warum sollte sich jemand die Mühe machen, einen Golfschläger als Hammer zu benutzen, wenn er auch einen Hammer zur Hand hat?“
„Aber wo ist der Hammer geblieben? Wo steckt er jetzt?“
„Das herauszufinden“, erwiderte Leonidas munter, „wird unsere nächste Aufgabe sein. Wir fangen sofort damit an. Ich habe – ähm – den Eindruck, diese Sache wird höchst amüs- ich meine“, verbesserte er sich, „höchst interessant. Hmnja. Sehr interessant.“

Rezension

Die Wirtschaftskrise hat dem ehemaligen Lehrer Leonidas Witherall der Meredith-Akademie einer ruhigen Pensionierung beraubt. Frisch pensioniert ging er auf Weltreise, um nach seiner Rückkehr nach Boston das Vermögen auf einen kleinen Haufen geschrumpft zu sehen. Nun arbeitet er als Hausmeister und unterstützt das kleine Antiquariat von Dot Peters, die es gerade von ihrem Onkel Jonas geerbt hat. An einem kalten Samstag Abend im Winter bekommen die beiden überraschend Besuch von einem jungen Mann auf der Flucht. „Gut geheizt“ steht an der Tür und Martin Jones tritt ein, damit er sich vor seiner sicheren Verhaftung noch einmal wärmen kann.

Was für eine Überraschung, als er im Laden mit Dot eine frühere Studienkollegin und mit Witherall einen seiner ehemaligen Lehrer wiedertrifft.  Er berichtet ihnen von seinen Problemen mit der Polizei, die jüngst mit einem Rauswurf aus der Anthropologischen Gesellschaft begannen. Dort verschwanden Obligationen im Wert von 40.000 Dollar, für deren mutmaßliche Unterschlagung Jones im Gefängnis landete. Nun sieht es ziemlich mau aus für ihn; als Ex-Häftling in der Wirtschaftskrise wid er kaum einen vernünftigen Job bekommen. Angezogen mit einem Sommeranzug und unterwegs mit einer Golftasche sah er verdächtig genug aus, damit man ihn nun wegen eines Taschendiebstahls verfolgt.

Peters und Witherall möchten Jones gerne helfen, weil sie fest von seiner Unschuld überzeugt sind. Der Versuch wird leider im Keim erstickt, als ein Toter mit eingeschlagenem Schädel im Antiquariat gefunden wird. Es ist ausgerechnet Professor North von der Anthropologischen Gesellschaft, also genau der Mann, der Jones angeklagt und gefeuert hat und von dem Jones wiederum glaubt, dass North selbst die Obligationen beiseite geschafft hat. Eine Verhaftung können Peters und Witherall nicht mehr verhindern, aber Witerall ist fest entschlossen, zu Gunsten von Jones bis zum Montag den Fall zu klären. Er nimmt zunächst zu allen bekannten Kunden Kontakt auf, die am Nachmittag im Laden waren und versucht, mit deren Berichten mehr über die Situtation zwischen all den Regalen herauszufinden.

Witherall ist eine abentuerlustige Figur. Er sieht aus, als sei er direkt dem berühmten Shakespeare-Bild entstiegen und bekam von seinen Schülern natürlich den passenden Spitznamen Bill Shakespeare verpasst. Mangels eines aktuellen Fotos druckt eine Zeitung sogar das Shakespeare-Gemälde ab, um einen Artikel über ihn zu illustrieren. Als erfahrener Lehrer bringt ihn so schnell nichts aus der Ruhe und er kennt seine Pappenheimer – in diesem Fall Martin Jones – gut genug um zu wissen, was sie auf dem Kerbholz haben. Und Jones würde weder die Unterschlagung noch den Mord fertig bringen, da ist sich „Shakespeare“ sicher. Zwei der Antiquariatskunden kann Witherall von seiner Mission überzeugen. Da ist zum Einen das Hausmädchen Gerty von Professor North, die auf ihren ehemaligen Chef nicht sehr gut zu sprechen ist und deren Freund selbst nach den Obligationen suchen möchte. Zum Anderen war Mrs. Sebastian Jordan im Laden, eine Sentorenwitwe, die von Jones‘ Unschuld ebenfalls überzeugt ist und die der ihrer Meinung nach unfähigen Polizei gerne einen Fehler nachweisen möchte. Da ist sie genauso unternehmungslustig wie Witherall und nimmt bereitwillig eine schlaflose Nacht für turbulente Recherchen in Kauf.

Ich hatte schon gehofft, dass Witherall sich bereits in Band 1 als Autor von Groschenkrimis betätigen würde, aber das passiert offenbar erst in den späteren Bänden. Hier legt er für die kommenden Bände aber schon eine hohe Messlatte für die Ereignisfrequenz an. Seine Helfer für die Jagd nach Norths Mörder warten mit überraschenden Fähigkeiten auf. Gertys Beziehungen zur Unterwelt bieten für viele Unternehmungen ebenso Vorteile wie das Upperclass-Leben von Mrs. Jordan, die mit ihren selbstbewussten Auftritten und der Nennung ihres Namens einschüchtern und verfahrene Situationen retten kann. Nur einer macht ihnen Sorgen: Gertys Bruder. Auch der ist Unterweltboss, genau wie Gertys Freund, nur dummerweise von einer anderen Organisation. Die Angst, dass Bat McInnis es beim Schießen auf Gertys Freund nicht sehr genau nehmen wird, sitzt ihnen im Nacken.

Atwood Taylor hat einen wilden Whodunit geschrieben, der sich in nur wenigen Stunden abspielt. Er ist gleichzeitig Komödie und Rätsel und speist sich hauptsächlich aus dem Tempo, das die selbsternannten Ermittler vorlegen. Er gehört zu der Sorte Krimis, die man sich hervorragend für Verfilmungen vorstellen kann, weil viel passiert, immer wieder Spannung aufkommt und clevere Wendungen für Überraschungen sorgen. Kurzum: Es wird auf dem Weg zur Zielgraden einfach nicht langweilig.

Bibliografische Angaben

Verlag: Dumont
ISBN: 377014492
Originaltitel: Beginning with a bash
Erstveröffentlichung: 1937
Deutsche Erstveröffentlichung: 1987
Übersetzung: Manfred Allié

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