Über Ramen wusste ich bisher nicht viel. Sie schmecken lecker, man bekommt sie in Japan wirklich überall und günstig. Jedes Restaurant hat seine eigenen Rezepte und angeblich kochen sie stunden- bis tagelang an ihren Suppen herum, bis es so schmeckt wie es soll. Vor allem letzteres war mir ein kleines Rätsel. Konnte das stimmen? Dass ein so schlicht scheinendes Gericht, das man bei manchen Restaurants einfach über einen Automaten bestellt, so viel Vorarbeit erfordert? Da kommt das Buch von „Ramen Otaku“ Sarah Gavigan und Ann Volkwein also gerade richtig, um sich über das Kultgericht schlau zu machen.
„Otaku“ heißt soviel wie „Nerd“ und es ist definitiv ein Begriff, der die Ramen-Leidenschaft der Amerikanerin hervorragend beschreibt: Aus jemandem, der schlicht und einfach Ramen liebte, wurde über die Jahre eine der bekanntesten Ramen-Köchinnen des Landes. Gavigan probierte in der eigenen Küche herum, las nach, fragte viel und erarbeitete sich langsam aber sicher die richtigen Techniken für Ramen. Längst führt sie eigene Restaurants und wird für Veranstaltungen gebucht.
Von wegen Instant-Nudelsuppe aus der Tüte!
Sarah Gavigan erzählt im Buch zunächst davon, wie sie zum Ramen Otaku wurde. Dann folgen natürlich die Geschichte und die Grundlagen von Ramen. Und da tauchen schon die ersten Überraschungen auf, denn „die Ramen“ schlechthin gibt es nicht. Der Boom begann erst in den 1950ern und wurde umgehend von „Geheimhaltung“ begleitet, wer seine Zubereitung wie gestaltet. Es entwickelten sich regionale und persönliche Stile, die laut Gavigan auf „einige Hundert“ angewachsen sind. Was also tun? Sie zerlegt eine gute Schale Ramen in ihre Bestandteile — Brühe, Tare, Nudeln, Topping — und erzählt zu jeder einzelnen, was sie für die finale Schale bedeutet. Verbunden mit der Einladung, kräftig auszuprobieren, welche Variationen möglich sind.
Ein wesentlicher Bestandteil von „Ramen Otaku“ sind natürlich verschiedene Rezepte für daheim. Versehen mit einer kleinen Warnung, dass nicht alles überall wie selbstverständlich im Supermarkt erhältlich ist. Doch Gavigan gibt Tipps für Online-Bestellungen und wer sich für Ramen-Versuche interessiert, kennt sicher bald die Asialäden der Umgebung und deren jeweiliges Angebot.
Köcheln, köcheln, köcheln
Ganz so simpel sind Ramen also nicht und das habe ich dann bei den eigenen Gehversuchen erfahren. Je nach Rezept köchelt man tatsächlich stundenlang herum, vor allem bei der Brühe. Und während so ziemlich alles klappt, was ich sonst probiere, landete meine erste Ramen-Schale keinen Volltreffer. Aber es hat Spaß gemacht — zu wissen, was drin ist, was man alles selbst dafür geleistet hat, ist beim Essen immer eine Bereicherung. Für den nächsten Anlauf habe ich noch genug Brühe und Tare (wirklich lecker) und Ramen daheim.
Bis ich mit meinen Gehversuchen zufrieden bin, kann ich im Buch Interviews mit anderen Ramen-Köchen lesen, mich über die Herstellung der Ramen-Nudeln selbst oder einzelne Zutaten informieren. Als waschechter und erfahrener Ramen Otaku erlaubt Sarah Gavigan mir zum Beispiel, mit Glutamat zu spielen oder Fertig-Nudeln zu kaufen (was sie nicht weiß: Ich werde die Tare in anderen Gerichten ganz sicher als Würze ausprobieren). Und für alle Fälle verrät sie, wie man Ramen ordentlich isst: Man „vernichtet“ die Schale in maximal zehn Minuten. Wenn’s auf Anhieb zu Hause nicht klappt, dann einfach im nächsten Ramen-Lokal ausprobieren.
Bibliografische Angaben
Verlag: Unimedica
ISBN: 978-3-962-571351
Originaltitel: Ramen Otaku. Mastering Ramen at Home
Erstveröffentlichung: 2018
Deutsche Erstveröffentlichung: 2020
Übersetzung: Daniela Bernhardt-Lohfink
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