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Andreas Neuenkirchen – Yoyogi Park

Andreas Neuenkirchen – Yoyogi Park

Andreas Neuenkirchen - Yoyogi ParkFrühling in Tokio: Im Yoyogi Park nimmt das jährliche Kirschblütenfest ein jähes Ende – die Leiche einer jungen Frau wird gefunden. Es ist der erste große Fall für Inspektorin Yuka Sato und ihr Team. Schnell stellt sich heraus, dass der Mord Teil eines größeren, weitaus dunkleren Geheimnisses ist. Eine tote Familie auf einem Dachboden, ein scheinbarer Selbstmord in einem Wohnheim, ein Internet-Forum für jugendliche Ausreißer, eine mäßig erfolgreiche Fernsehserie und eine hoffnungsvolle junge Schauspielerin sind Teile eines Puzzles, das Sato schnell zusammensetzen muss. Denn weitere Leben stehen auf dem Spiel – auch ihr eigenes.

Die junge Polizistin ermittelt in Tokios bunten und bizarren Subkulturen von Harajuku und Akihabara, in den glänzenden Wolkenkratzern und namenlosen Nebengassen des Business- und Vergnügungsviertels Shinjuku sowie in den trügerisch verschlafenen Vororten am Rande der Mega-City. Doch letztlich führen alle Wege zurück an den Ort, an dem alles begonnen hat. Im Yoyogi Park liegt der Schlüssel zu einem grausamen Geheimnis.

Rezension

Im beliebten Yoyogi Park taucht am frühen Morgen die Leiche einer jungen Frau auf: Aufgeputzt mit teurer Lolitaausstattung und vielen Wunden am Körper. Die Leiche gibt viele Rätsel auf und Inspektorin Yoka Sato muss sich schon bald vorwerfen lassen, dass die diesen Fall nicht nach den üblichen 48 Stunden hat lösen können. Eigentlich kein Wunder, denn während der Ermittlungsarbeit gibt es noch mehr Leichen, die die Zahl der Fragen deutlich vergrößern. Mehr Verwirrung stiftet zudem die Tatsache, dass die Tote möglicherweise einem Fernseh-Starlet nachgeeifert hat und ihr zum Zeitpunkt ihres Todes zum Verwechseln ähnlich aussah. Einen kleinen Anhaltspunkt bietet zunächst wenigstens ein Maid-Café in Akihabara, wo die Tote gearbeitet hat.

Yuko Sato hat nicht nur an dem Fall zu knabbern, bei dem sich ein Leck im Mitarbeiterstab offenbart und die unvermeidliche Yakuza ins Spiel kommt. Im Polizeialltag gibt es immer wieder kleine Spitzen gegen sie als Frau. Die sehr konservative Gesellschaft wundert sich über Frauen, die mit 25 noch nicht verheiratet sind und wenn Sato einen Anruf vom Dezernt bekommt, wird sicherheitshalber ihr Mitarbeiter Shun Nakashima ebenfalls informiert, damit auch ja alles gut geht.

Yoyogi Park ist gut erzählt und liefert einen spannenden Fall, der viele Einblicke in die japanische Gesellschaft und Tokioter Gepflogenheiten im Besonderen gewährt. Wie die Yakuza arbeitet und vernetzt ist, wirkt beängstigend, zumal sich im Buch andeutet, dass die Gesetze der organisierten Kriminalität noch viel Spielraum lassen. Die hohen Aufklärungsraten in Japan haben ebenfalls einen fragwürdigen Grund, der vom Obersten Leichenbeschauer der Stadt entsprechend frustriert kommentiert wird.

Zeitlich lässt es sich ziemlich gut einordnen; es spielt nur zwei oder drei Wochen nach dem großen Tohoku-Erdbeben von 2011. Yoka Sato hat sich wegen der immer noch starken Nachbeben zum Beispiel noch keinen neuen Spiegel gekauft, aus Angst, dass auch dieser in Scherben enden wird. Neuenkirchen versucht immer wieder, die Atmosphäre in Tokyo zu beschreiben, die in den Vergnügungsvierteln teils noch sehr zurückhaltend ist, zum Teil aber auch schon wieder ungerührt weiter geht, weil die großen Schadenszentren weit genug weg scheinen.

Was dem Buch allerdings nicht gut steht, ist die Masse an Detail- und Touristeninformationen. Sämtliche Autos werden prinzipiell mit Hersteller und Modellnamen vorgestellt und wenn sich Sato im Convenience Store etwas einkauft, wird nicht nur erwähnt, in welche Kette sie gerade geht, sondern es folgen gleich noch drei Kettennamen hinterher und der Hinweis auf viele weitere. Das ist selbst mir zuviel geworden, obwohl ich aus den Informationen natürlich vieles herausziehen konnte, was ich über die Stadt noch nicht wusste. Manche Details muss man vielleicht auch einfach ohne Erklärung stehen lassen können und wieder andere müssen nicht unbedingt ins Buch.

Dennoch: Für dieses Buch gibt es eine Leseempfehlung. Denn das Japan, das sonst drin steckt, hat die Lektüre absolut verdient. Neuenkirchen erzählt bisweilen mit viel Humor und ist ansonsten ein guter Navigator in der quirligen Metropole.

Die Serie im Überblick

  1. Yoyogi Park (Frühling)
  2. Roppongi Ripper (Sommer)
  3. Shinigami Games (Herbst)
  4. Yakuza Requiem (Winter)

Bibliografische Angaben

Verlag: Conbook
ISBN: 978-3-94317-662-9
Erstveröffentlichung: 2014

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