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Andreas Neuenkirchen – Shinigami Games

Andreas Neuenkirchen – Shinigami Games

Andreas Neuenkirchen - Shinigami Games

Herbst in Tokio: Yuka Sato und ihr Team folgen der Spur des Shinigami, dessen niederträchtiger Polizistenmord nur der Anfang einer ganzen Serie von Anschlägen war, die ein nie gekanntes Ausmaß annehmen. Vom tiefsten Punkt des Tokioter U-Bahn-Netzes bis in die dichten Wälder des Berges Takao treibt der selbsterklärte Gott des Todes seine Spielchen mit der Ermittlerin und scheint dabei nur ein Ziel zu verfolgen: Sie soll an den Rand ihrer Belastbarkeit gebracht werden – und weit darüber hinaus. Ob auf dem Tokyo Tower, dem Tsukiji-Fischmarkt, im leuchtenden Shibuya oder im dunkelsten Vorort – der Shinigami ist der Polizistin immer schon eine Nasenlänge voraus. Schließlich muss sie sich den Geheimnissen ihrer eigenen Vergangenheit stellen, um einen Massenmord zu verhindern und den gefährlichen Psychopathen dingfest zu machen.

Rezension

Yuka Sato muss den Beginn einer kruden Mordserie hautnah miterleben: Bei der morgendlichen Joggingrunde auf der beliebten Strecke rund um den Kaiserpalast wird ihr Kollege erschossen. Schnell wird klar, dass der Mörder nicht irgendeinen Polizisten treffen wollte, sondern genau diesen – gerade weil er einer ihrer guten Kollegen ist. Der Mörder nennt sich Shinigami und fordert Sato heraus. Vom jenem Shinigami wird es ab sofort täglich Hinweise auf neue Taten geben und gelingt es Sato, die Nachrichten zu entschlüsseln, kann sie Menschenleben retten. Es ist ein perfides Wettspiel, bei dem Sato immer wieder mit der Gefahr für Menschen konfrontiert wird, die zu ihrem Umfeld gehören oder mit denen sie einmal zu tun hatte.

Shinigami sind in Japan Geister, die die Seelen Verstorbener in das Reich der Toten führen. Der Shinigami, mit dem Sato es zu tun bekommt, maßt sich also mehr an als die Aufgaben des Mythos, denn den Tod selbst bringen diese Geister nicht. Die Mails und Nachrichten des Mörders jagen Sato quer durch Tokyo. Oft sind Sightseeing-Spots oder sehr belebte Plätze dabei, sodass Sato nie weiß, wie weit der Shinigami mit seinen Plänen gehen wird: Der Touristenmagnet Tokyo Tower, der quirlige Tsukiji-Fischmarkt oder die sehr gut frequentierte Bahnstation Azabujuban in Roppongi … es kann einen Menschen treffen oder im schlimmsten Szenario mehrere. Wie schon zuvor verhilft ihr der junge Hacker Kentaro Sakamoto zu einem Durchbruch. Sakamoto hat seine Pläne, bei der Polizei anzufangen, auf Eis gelegt, ist aber nach wie vor für knifflige Spezialaufgaben zu haben. Auch im weiteren Verlauf des Krimis trifft die Inspektorin auf viele bekannte Gesichter. Ihr ehemaliger Kollege Shun Nakashima, immer noch im Revier Azabu, wird ihr unter die Arme greifen und auch der ehemalige Yakuza-Boss Shiraishi kreuzt erneut ihre Bahn. Er hat seiner Verbrecherlaufbahn offiziell Adieu gesagt und lebt inzwischen als Mönch in einem Kloster am Mount Takao, einem Berg in der Nähe von Tokyo und für all die Menschen der Region ein gut frequentiertes Ausflugsziel.

Die verteilig angelegte Yuka Sato-Serie (für jede Jahreszeit ein Titel) neigt sich dem Ende zu und die Protagonisten im Buch bereiten das Finale vor. Seit eine gewisse Madame Shiro einst schwammig prophezeit hatte, dass im Winter ein Sturm über Sato hereinbrechen werde, geistern Shiro und die Ankündigung dieses Showdowns durch Satos Leben. Doch während der letzten Fälle hat sich ein festes Team um Sato gebildet, auf das sie sich dabei verlassen kann. Voraussichtlich jedenfalls, denn man wusste bei Neuenkirchen bisher selten im Voraus, wer die Maulwürfe der Yakuza waren oder wer am Ende eines Buches zu den Opfern gehörte.

Neben den schon genannten Begleitern gehören einige wichtige Kollegen aus dem Polizeipräsidium in Kasumigaseki dazu sowie eine neue Abteilung, mit der sich für besondere Fälle zügig die nötigen Ressourcen zusammenstellen lassen sollen. Auch Satos australische Freundin Sam, die sich von den Erlebnissen im letzten Band im Ausland erholt, wird zurückkehren. Eine wichtige Rolle übernimmt zudem der Koreaner Chin Mae Park, der jüngst mit einigen Tipps und Unterstützung im letzten Fall aufwarten konnte. Sato, die in einem Waisenhaus aufwuchs, weiß praktisch nichts über ihre Eltern – dafür kennt sich Park viel zu gut aus. Der Koreaner entpuppt sich als rätselhafter Mitarbeiter des südkoreanischen Geheimdienstes und von ihm erhoffe ich mir eine Schlüsselrolle im kommenden Band.

Zwar zählt Neuenkirchen mal wieder die Minuten jeder einzelnen Bahnfahrt ab, aber dafür bleibt alles weitere spannend und flüssig erzählt. Weder Leser noch Yuka Sato können ahnen, aus welcher Richung die tatsächliche Gefahr droht und wie der Shinigami all das vorbereitet und organisiert hat. Die wahren Zusammenhänge ergeben sich erst kurz vor Schluss. Nachdem Sato den Täter gestellt hat, sieht sie sich einer überraschenden Loyalität gegenüber. Während ihr zu Beginn ihrer Karriere in der Abteilung Gewaltverbrechen von Kasumigaseki noch großes Misstrauen entgegenschlug, hat sich das Blatt nach nur knapp einem Jahr spürbar verändert. Davon wird sie im letzten Band hoffentlich profitieren.

Andreas Neuenkirchen verrät in seiner Danksagung übrigens, dass er zu Beginn der Serie noch nicht so recht wusste, wo die Reise seiner Inspektorin so genau hingehen sollte. Inzwischen aber offenabrt der Plot, dass ein paar rote Fäden sehr konsequent durch die Geschichte laufen. Abzüglich sämtlicher falscher Fährten, die er womöglich gelegt hat, verspricht der Aufbau die Aufklärung einiger Rätsel, die sich im Lauf der Zeit angesammelt haben.

Die Serie im Überblick

  1. Yoyogi Park (Frühling)
  2. Roppongi Ripper (Sommer)
  3. Shinigami Games (Herbst)
  4. Yakuza Requiem (Winter)

Bibliografische Angaben

Verlag: Conbook
ISBN: 978-3-95889-106-7
Erstveröffentlichung: 2016

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