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Andreas Neuenkirchen – Yakuza Requiem

Andreas Neuenkirchen – Yakuza Requiem

Winter in Tokio: Ein gnadenloses Feuer im Tempel Iwamonji kostet fast allen hundert Mönchen das Leben. Inspector Sato ahnt sofort, wer dahintersteckt: Ihr alter Erzfeind, das ehemalige Yakuza-Oberhaupt Shinji Shiraishi. Doch mit diesem Verdacht steht sie auf verlorenem Posten, denn alle Indizien deuten darauf hin, dass sie selbst die Massenmörderin ist.

Um ihren Namen reinzuwaschen und den wahren Täter zu entlarven, taucht Sato unter und begibt sich auf eine Reise mit ungewissem Ziel. Denn Shiraishi ist nicht der einzige Schatten ihrer Vergangenheit, der sie zu verschlingen droht. Will sie den Fall lösen, muss sie sich einem dunklen Geheimnis stellen, vor dem sie ihr ganzes Leben davongelaufen ist. Und ihr bleibt dafür nicht viel Zeit, denn das flammende Inferno von Iwamonji war nur der erste Vorbote einer viel größeren Bedrohung, die sich im Verborgenen anbahnt und die nur sie selbst verhindern kann.

Rezension

Ruhig und systematisch zu ermitteln war noch nie so recht Yuka Satos Stärke. Bisher war immer kräftig Action angesagt mit Bränden, Schwertern und kruden Mördern. Und wenn Andreas Neuenkirchen auch nicht zu den Autoren gehört, die biestig nachrechnen, wenn zu wenig Leute in den Büchern den Tod gefunden haben, hat er die Protagonisten stets dezimiert. Drei Folgen lang jagte seine Inspectorin Sato Serienmörder, tot geglaubte Killer, aber auch die Yakuza, die aus irgendeinem Grund immer sie ganz besonders im Visier hatte.

Nun steht das Finale der vierteiligen Serie bevor. Neuenkirchen legt fixer los als bisher: Mit einem Horroranschlag auf einen Tempel setzt die Yakuza nicht nur ein für sie absolut ungewöhnliches Zeichen, sie versucht zudem, es Yuka Sato in die Schuhe zu schieben. Auf Anhieb gelingt das so gut, dass Sato bereits nach wenigen Seiten im Buch untertauchen und ihr Glück auf eigene Faust suchen muss. Dabei hatte sich Sato eigentlich auf ihr neues Jobangebot gefreut: Das „Team Sato“, eine Spezialeinheit des Tokyo Metropolitan Police Departments. Und für einen Moment hatte sie sogar geglaubt, den Brandanschlag mit Hilfe eines schnell aufgegleisten Team Sato lösen zu können.

Sie dachte dieser Tage häufig an Bonsai. Denn sie war eine Bonsaigärtnerin. Sie machte sich nicht viel aus Pflanzen und Bäumen und wäre nicht im Traum darauf gekommen, selbst welche zu hegen und zu pflegen. Doch das Gleichnis vom Polizisten als Bonsaigärtner verfolgte sie. ›Wir beschneiden nur die Äste‹, dachte sie. Die Wurzeln blieben unangetastet.

Yuka Sato ist lediglich klar, wer hinter dem Anschlag steckt: Shinji Shiraishi und vermutlich auch Akaya Sato, ein Yakuza, der über Umwege aus Korea zurückgekehrt ist und mit Shiraishi gemeinsame Sache macht. Sato ist zwar klar, dass sie ihre Freunde in Gefahr bringt, aber helfen werden sie ihr trotzdem. Der Hacker Kentaro Sakamoto, der in den letzten Bänden für diskrete Ermittlungen außerhalb der Polizeistation zuständig war, kümmert sich um unauffällige Kommunikationsmittel. Satos Freundin Samantha Lodge hilft bei einer optischen Veränderung. Sachliche Hinweise liefert der koreanische Geheimagent Chin-Mae Park. Bei ihm nistet sich Sato kurzerhand ein, ohne Rücksicht darauf, dass Park seinen Wohnsitz eigentlich als safe house verplant hat. Immerhin hinterlässt er Sato einen Hinweis darauf, wo sie ihren Aufklärungsfeldzug fortsetzen soll, bevor er heimlich verschwindet.

Ab dann wird es richtig lebhaft. Der Yakuza fällt Sato dank eines aufmerksamen Vasallen natürlich schnell vor die Füße. Allerdings entkommt sie ebenso schnell, wenn auch in einem tobenden, blutrünstigen Gemenge, das ihr eine zunächst unerwünschte Gesellschaft beschert. Wer die vorigen Bände überlebt hat, taucht zum Finale wieder auf.

In Rückblenden erzählt das Buch parallel, wie einzelne Figuren in das System passen, von denen man die Verknüpfung zu Sato bzw. zur Yakuza nicht kannte. Selbst Leichenbeschauer haben eine Vergangenheit, die Neuenkirchen offenlegt. Ich erinnere mich, dass ich mich beim Roppongi Ripper über eine Marotte von Neuenkirchen aufgeregt habe:

Es gibt für viele Bücher auch Leser, die den Helden hinterherfahren möchten. Aber minutengenau jedes Mal zu protokollieren, ob Sato zwölf Minuten von Sengoku bis Hibiya und drei Minuten von Hibiya nach Kasumigaseki gebraucht hat, das stört nach dem zweiten Mal bereits.

Dafür gibt es eine Erklärung — und rückblickend bin ich richtiggehend versöhnt mit dieser Detailversessenheit.

Hier geht es üppig zu und eigentlich kämpfen zu wenig Leute mit zu vielen Laien darunter gegen eine Übermacht kampferprobter Yakuza, die ihr Territorium professionell abgesichert haben. Wichtig ist, dass es am Ende für die richtige Seite gut ausgeht. Deshalb mein Tipp: Auf keinen Fall das Pferd von hinten aufzäumen. In diesem Fall ist es sinnvoll, die vorigen Bände zu kennen und sich auf den Humor von Neuenkirchen einzulassen. Lasst euch nicht abhalten, schließlich guckt ihr auch Lethal Weapon und jedes Jahr zu Weihnachten Stirb langsam. Also bitte!

Apropos Humor, den hat Neuenkirchen und er bringt ihn nicht nur im Blog des Verlags unter. Als Running Gag darf hin und wieder Barry Eisler mit seiner Krimi-Reihe herhalten. Von ihm lernt man unter anderem den Gegenaufklärungsgang und dass man immer mit dem Rücken zur Wand sitzen sollte. Alleine das wird nur nicht reichen, am Ende hat das improvisierte „Team Sato“ alle Hände voll zu tun und braucht eine Menge Glück.

Die Serie im Überblick

  1. Yoyogi Park (Frühling)
  2. Roppongi Ripper (Sommer)
  3. Shinigami Games (Herbst)
  4. Yakuza Requiem (Winter)

Bibliografische Angaben

Verlag: Conbook
ISBN: 978-3-95889-167-8
Erstveröffentlichung: 2017

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