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Vom „Businessplan: Mord“ zur Buchvernissage

Vom „Businessplan: Mord“ zur Buchvernissage

Im Zürcher Kreis 11, am östlichen Ende, in der Nachbarschaft von Hallenstadion, SRF-Studios und Messe, liegt das Hunzikerareal. Auf dem ehemaligen Industriegebiet toben sich die Kreativen aus: Neue Wohnkonzepte, verschiedene Raumaufteilungen und -angebote sowie Gewerbe. Also auch das richtige Pflaster für kleine Verlage. Hier zu Hause ist der Arisverlag, gerade erst 2017 gegründet. Im freundlichen Allmendraum, der passenderweise auch als kleine Bibliothek genutzt wird, ging es während Zürich liest 2017 am Freitagabend schrecklich kriminell zu: Verlegerin Katrin Sutter und Schriftstellerin Monika Mansour luden zur Buchvernissage.

Monika Mansour - Businessplan: Mord

Manosur, die bereits vier Krimis mit dem Schauplatz Luzern herausgebracht hat, stellte heuer ein Sachbuch vor: Businessplan: Mord. Kein Ratgeber für die John Rains dieser Welt, sondern für Autoren, die einen Krimi schreiben wollen. Einen möglichst erfolgreichen noch dazu.

Sutter und Mansour stellten zunächst das Buch und Mansours Idee dazu vor. Das erste Buch der Autorin, ein 800-Seiten-Werk mit Thrillerelementen und dem Schauplatz London, scheiterte an den Verlagstüren. Aber Manosur schrieb weiter. Einen Krimi diesmal, denn eines bekam sie schnell mit: Thriller wollten die Verlage nicht von Frauen haben, London nicht von Schweizer Autoren und dicke Bücher, die sich jeder eindeutigen Genrezuordnung widersetzten, gleich gar nicht.

Mag sein, dass es experimentierfreudigere Verlage gibt, aber Mansour jedenfalls traf keinen davon. Ihren eigenen Werdegang bis zur erfolgreichen Erstveröffentlichung von Liebe, Sünde, Tod steckt im ersten Teil des Buchs, aus dem sie einige Passagen vorlas.

Podium der Krimigrößen

Kurz darauf füllte sich die Bühne mit Monika Mansours Wegbegleitern: Sunil Mann und Christof Gasser diskutierten mit ihr und Katrin Sutter über den Schweizer Krimi. Mann brachte gerade den siebten Band seiner Serie mit Vijay Kumar heraus, Gasser steht mit seinem aktuellen Cora Johannis-Krimi auf dem zweiten Platz der Schweizer Taschenbuch-Bestseller und Mansour selbst bringt fast zeitgleich zum Sachbuch den vierten Fall für ihren Ermittler Cem Cengiz heraus.

Und doch, so sehr die drei ihr Autorendasein lieben und genießen, so einig sind sie sich in der Sache: Wer wirklich Geld verdienen will, sollte nicht schreiben. Als Businessplan im Sinne des Broterwerbs funktioniert der Krimi nicht. Trotzdem würden sie ihre Tätigkeit niemals aufgeben: Nichts kann die Befriedigung des Schreibens ersetzen, die Auseinandersetzung mit einer Geschichte und schon gar nicht die Befriedigung, wenn ein Text tatsächlich im Druck erscheint.

Wie schafft man es bis dahin? „Zunächst einmal muss man sich ein Herz fassen und das Manuskript anbieten,“ stellt Monika Mansour fest. „Angst vor Absagen ist nicht angebracht. Die werden kommen, es werden viele sein, aber man sollte nicht in dieser entscheidenden Phase seiner Arbeit aufgeben.“

Sunil Mann schaffte den Einstieg über Kurzgeschichten, mit denen er verschiedene Preise einheimste. „Das gibt einen wichtigen Schub für das eigene Selbstvertrauen,“ rät er. „Doch man sollte rechtzeitig einen eigenen Weg einschlagen.“ Wettbewerbe schränken in der Regel Textlängen und Themen ein und für ihn, der eigentlich einen ganzen Krimi auf die Beine stellen wollte, waren die Kurzgeschichten langfristig natürlich nicht der richtige Pfad.

Christof Gasser schrieb zwar als Kind bereits erste Geschichten, machte aber erst Jahrzehnte später ernst mit seinen Ambitionen. Er entdeckte Solothurn als weißen Fleck auf der Krimilandkarte: „Das wollte ich also ändern,“ erklärte Gasser augenzwinkernd seine Herangehensweise. „Einfach schreiben und dann gucken, ob ich gezwungenermaßen zügeln muss …“

Wenig überraschend erhielten alle drei Autoren für ihre Krimis zunächst Absagen. Deutlich überraschender war für sie, dass just Schweizer Verlage kein Interesse an den Titeln zeigten. Die Krimiserien erscheinen bei deutschen Verlagen und Christof Gasser sprach als erster laut aus, dass es ihn verwundere, dass Verlage aus dem Ausland die Schweizer Krimipublikationen übernähmen.

Wertschätzung und Kollegialität

Sunil Mann erlebt die Krimiautoren als kollegiale Gruppe, man „hat’s lässig zusammen“ und Berührungsängste gibt es keine. Auch Gasser machte von Beginn an nur gute Erfahrungen. Er ist großer Fan von Petra Ivanov und baute daher ihre Figur Regina Flint in seinem Roman ein. Nur: Wie bekommt man das OK für so eine Anleihe? Gasser bekam auf seine Mail hin nicht nur das, sondern auch ein Treffen mit der Kollegin, die mit ihm gemeinsam das Manuskript besprach. Mansour erzählt von regelmäßigen Treffen. „Neid gibt’s hier keinen,“ zeigt sie sich begeistert. „Das sieht in anderen Genres ganz anders aus, hört man.“

Das Sachbuch von Mansour kommt bei den Kollegen an. „Ich musste mich ohne ein solches Buch organisieren,“ sagte Gasser. „Jetzt ist es als Hilfestellung da und ich denke, diese Hilfe wird von vielen Lesern geschätzt werden.“ Auch im Vorfeld bekam Monika Mansour positives Feedback. Sie schrieb zehn Schweizer Krimiautoren an und bat um deren ganz persönlichen Schreibtipps. Keiner davon hat gekniffen, alle waren sofort dabei.

Schreibwettbewerb

Zum Abschluss der Vernissage stellten die Verleger Katrin Sutter (Arisverlag) und André Gstettenhofer (Salisverlag) ihren Schreibwettbewerb aus dem Vorfeld der Vernissage vor. Mit dem dritten Jurymitglied Monika Mansour arbeiteten sie sich durch zahlreiche Manuskripte, die sie anonymisiert vorgelegt bekamen.

„Fast alle hatten Beziehungsprobleme zum Thema,“ erinnerte sich Sutter. Allerdings: „Wegen der Bandbreite der Ideen waren wir uns lange Zeit nicht einig. Die Qualität war durchweg bei vielen Einreichungen sehr hoch.“ Aus ursprünglich einem Preis machte die Jury in einem ersten Abhilfeschritt kurzerhand drei, um im Anschluss mit einem zweiten Abhilfeschritt die Plätze 2 und 3 doppelt zu belegen.

Gewonnen hat die Geschichte „Asche zu Asche“, als deren Autorin sich am Ende Isabel Morf entpuppte. Morf las ihren Text gleich selber vor (eine gewitzte und pointiert sprechende Vorleserin ist sie übrigens!).

Das Buch von Monika Mansour, um das sich der Abend drehte, stelle ich selbstverständlich separat vor: Businessplan: Mord.


Titelfoto: Baugenossenschaft mehr als wohnen, Zürich

2 comments

  1. Hat mir sehrgefallen, der Bericht

    1. Bettina Schnerr says:

      Vielen Dank für die positive Rückmeldung dazu.

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