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Sunil Mann – Fangschuss

Sunil Mann – Fangschuss

Sunil Mann - Fangschuss

Vijay Kumar ist dreißig Jahre alt, indischer Abstammung, frischgebackener Privatdetektiv − und schon desillusioniert: Seine erste Auftraggeberin ist eine anstrengende Frau, die ihre Katze vermisst. Indischer Whisky und eine gehörige Portion Selbstironie helfen ihm, aufkommende Zweifel an seiner Berufswahl zu verdrängen.
Doch auch sein zweiter Auftrag ist weder lukrativ noch Glanz und Ruhm versprechend: Die junge Ness macht sich Sorgen um ihren Freund, den Drogendealer Philipp. Lustlos hört sich Vijay in der Szene um und merkt erst, als er über eine Leiche stolpert, dass er längst selbst in Gefahr schwebt. Eine Jagd beginnt − durch das noble Zürcher Bankenviertel bis in die Einsamkeit einer Berghütte.

Rezension

So stellt man sich seinen Berufsstart nicht vor: Vijay Kumar, per Firmenschild cool gestylt als V.J. Kumar, muss eine entlaufene Katze suchen. Dabei hat der junge Mann gerade erst einen Fernkurs zum Detektiv absolviert und will sich damit deutlich prominenter platzieren, Geld verdienen und die frisch erworbenen Fähigkeiten gekonnt einsetzen. Vor allem, um seiner Mutter zu imponieren, die ihn lieber in gesicherten beruflichen Verhältnissen samt Frau und Kindern sehen würde. Katzensuche zählt nicht zu den renommierten Aufgaben.

Der nächste Auftrag ist nicht besser, da Vijay einen kleinen Drogendealer finden soll. Die besorgte Freundin allerdings hat kein Geld für einen Detektiv; das hat allerdings der Gesuchte und Vijay muss Philipp finden, bevor er bezahlt wird. Wenigstens einen Vorteil kann Vijay in die Waagschale werfen. Er lebt in Zürichs Kreis 4, wo sich Rotlichtmilieu, Szene und Drogenkuriere die Klinke in die Hand geben. Informanten also hat Vijay im Bekanntenkreis einige aufzuweisen und das erleichtert den Einstieg in die Suche. Doch dass die echte Detektivarbeit einiges an Nerven kostet, merkt der Neu-Detektiv schnell, als er seine ersten Gespräche mit Philipps Kontaktpersonen führt. Und dass sie zudem gefährlich werden kann, erfährt er für seinen Geschmack viel zu schnell.

Vijay gefällt mir: Per Fernkurs zum Detektiv. Das ist ein Einstieg, wie ich ihn bisher noch nicht getroffen habe. Vijay ist ein Typ, der sich seine bis dato theoretischen Kenntnisse durch kleine Tricks aufpoliert. Ein schickes Firmenschild, leicht gekippte Jalousien im Büro, ganz wie im Film. Eine kleine Anzeige im Gratisblatt, um das Geschäft anzukurbeln und ein aufgeschwatztes Telefon mit zahlreichen Funktionen, weil Vijay keine Ahnung hat, was er aus technischer Sicht wirklich benötigt. Bei diesem Einstieg kann es schon einmal passieren, dass er bei einer Befragung wichtige Details vergisst und manch einen Hinweis eher zufällig bekommt und schlicht Glück hat. Übel nehmen kann man das dem munteren Vijay nicht, der seine Umwelt trotz seiner mangelnden Berufserfahrung ziemlich gut einzuschätzen weiß und frech kommentiert.

Ein amüsantes Highlight ist Vijays Mutter, die einen kleinen Laden führt und ihren Sohn energisch in den Hafen der Ehe treiben will. Solange man nicht Sohn dieser Frau ist, sind die wortreichen Beschwerden über den ledigen Familienspross großes Kino. Sie geht so weit, dass sie eine Verwandte aus der indischen Provinz im passenden Alter nach Zürich holt. Als Verkäuferin und Zukünftige des Sohnes gleichermaßen. Die biedere und schmucklose Manju allerdings treibt Vijay regelmäßig aus dem Laden. Solange jedenfalls, bis Manju sich den Zürcher Gepflogenheiten anpasst.

Um Philipp zu finden, wird Vijay einen kleinen Umweg über einen dritten Fall gehen müssen, den man ihm anvertraut. Anders hätte Vijay den Fall wohl auch nicht lösen können, aber die kleine Konstruktion ist stimmig eingefügt. Nicht zu vergessen: Die Kombination von zwei Aufträgen macht Vijay irgendwann so viel Ärger, dass der Berufsanfänger richtig strampeln muss, um die Fäden zu entwirren und mit heiler Haut aus dem Schlamassel zu kommen. Glück hätte an dieser Stelle so manch ein anderer Berufskollege ebenfalls nötig gehabt. An dem Punkt, an mir klar wurde, was für eine Verbrechersorte Vijay jagt, schnappte ich entgeistert nach Luft und merkte, wie hundsgemein passend der Buchtitel gewählt ist. Und fragte mich im nächsten Schritt, ob man mehr von Vijay bekommen kann. Ja, man kann: ‚Lichterfest‘ heißt der nachfolgende Krimi mit dem sympathischen Privatermittler.

Bibliografische Angaben

Verlag: Grafit
ISBN: 978-3-89425-369-1
Erstveröffentlichung: 2010

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